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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §102 Abs1;Betreff
N gegen Landeshauptmann von Salzburg vom 9. Oktober 1989, Zl. 9/01-32.429-1989 betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Ein Beamter des Gendarmeriepostenkommandos Puch bei Hallein erstattete am 1. Februar 1989 die Anzeige, er habe um 7.25 Uhr bei Straßenkilometer 10,4 beobachtet, daß an einem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw, der auf der Halleiner Landesstraße von Oberalm kommend in Richtung Puch gefahren sei, trotz Nebels das rechte Abblendlicht nicht eingeschaltet gewesen sei (offenkundig ein Defekt).
Gegen die von der Bundespolizeidirektion Salzburg wegen § 102 Abs. 1 KFG erlassene Strafverfügung vom 14. Februar 1989 erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Einspruch. In diesem brachte sie vor, sie habe vor Antritt der Fahrt alles kontrolliert. Es habe kein Defekt bestanden.
Bei der Beschuldigten-Vernehmung vom 3. April 1989 gab sie ergänzend an, das Fahrzeug habe vor Fahrtantritt vor einer Geschäftsauslage geparkt, weshalb sie die Funktionstüchtigkeit der Beleuchtung habe wahrnehmen können. Der Defekt habe sich offensichtlich während der Fahrt ergeben. Zeuge sei A.
Dieser deponierte am 24. April 1989 als Zeuge, daß die Beschwerdeführerin bei ihm wiederholt nächtige. Es werde dann in zwei Fahrzeugen gemeinsam zur Arbeit weggefahren. Es habe sich so eingebürgert, daß er vorausfahre. Er hätte daher im Rückspiegel beim Wegfahren das Nichtfunktionieren des Lichtes sehen müssen. Später würden sich ihre Wege zur Arbeit trennen. Weitere Angaben, insbesondere hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Kontrolle, könne er nicht machen.
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 5. Juli 1989 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 1. Februar 1989 um 7,25 Uhr in Puch, Halleiner Landesstraße, auf Höhe von Straßenkilometer 10,4 den genannten Pkw in Betrieb genommen, ohne sich davon überzeugt zu haben, daß das von ihr gelenkte Kfz vorne mit Scheinwerfern ausgerüstet gewesen sei, mit denen paarweise weißes oder gelbes Abblendlicht eingeschaltet werden könne, und dadurch eine Übertretung nach § 102 Abs. 1 KFG begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG wurde über sie eine Geldstrafe von S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei unbestritten, daß das rechte vordere Abblendlicht zur Tatzeit nicht funktioniert habe. Nach Wiedergabe der Verantwortung der Beschwerdeführerin sowie der Zeugenaussage heißt es sodann, daß nach § 102 Abs. 1 KFG der Lenker sein Kfz erst dann in Betrieb nehmen dürfe, wenn er sich, soweit es zumutbar sei, davon überzeugt habe, daß das Fahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspreche. Dies umfasse auch die Funktionstüchtigkeit der Scheinwerfer. Eine solche Überprüfung habe aber so, wie es die Beschwerdeführerin angebe, nicht stattgefunden, da dies doch sonst dem Zeugen A aufgefallen wäre. Wenn der Zeuge angegeben habe, es wäre ihm beim Wegfahren eine mangelhafte Beleuchtung aufgefallen, "so könnte dies nur insoweit stimmen, als die Beschwerdeführerin schon bei Antritt der Fahrt Abblendlicht verwendet habe, dies aber nicht unbedingt der Fall sei, da bei Antritt der Fahrt auch Abblendlicht oder Fernlicht von ihr verwendet werden konnte, und nur zweifelsfrei feststehe, daß das Abblendlicht nicht funktioniert habe".
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, der Zeuge habe bestätigt, daß die Beleuchtung beim Wegfahren funktioniert habe. Daß der Zeuge über die von ihr vorgenommene Kontrolle keine Angaben habe machen können, ergebe sich daraus, daß er eben sein Fahrzeug an einem anderen Ort abgestellt gehabt habe, er sein Auto habe fahrbereit machen müssen und die Kontrolle des Lichtes (vor der Auslage) sehr schnell ablaufe. Wie sich später herausgestellt habe, habe ein Wackelkontakt bestanden. Auch bei der Einfahrt in die Tiefgarage ihrer Dienststelle habe sie noch keinen Defekt feststellen können. Erst beim Verlassen derselben habe sie an der Garagenmauer die Einäugigkeit erstmals wahrnehmen können.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Oktober 1989 wurde der Berufung nicht Folge gegeben und ausgesprochen, daß die verletzte Verwaltungsvorschrift § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 KFG zu lauten habe. Die belangte Behörde führte im wesentlichen aus, es bestehe kein Zweifel, daß die Beschwerdeführerin die Übertretung begangen habe. Ihrer Rechtfertigung, vor Fahrtantritt der Überprüfungspflicht nach § 102 Abs. 1 KFG nachgekommen zu sein, sei entgegenzuhalten, daß der Zeuge A ihre diesbezügliche Version nicht bestätigen konnte. Auch vermöge der Inhalt der Zeugenaussage die Beschwerdeführerin nicht zu entlasten, zumal gegen die Richtigkeit dieser Aussage ganz gravierende Bedenken bestünden. Es erscheine der belangten Behörde unglaubwürdig, daß immer dann, wenn die Beschwerdeführerin und der Zeuge vom Wohnort des Zeugen aus zur Arbeit fahren, beide immer gleichzeitig mit zwei Fahrzeugen, und zwar der Zeuge immer voran, unterwegs sind. Weiters sei zu berücksichtigen, daß es sich beim Zeugen um den Freund der Beschwerdeführerin handelt, der naturgemäß versuche, für die Beschwerdeführerin günstige Angaben zu machen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der zwar ausdrücklich Rechtswidrigkeit des Inhaltes, dem Vorbringen nach aber Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bekämpft mit ihrem gesamten Vorbringen die Festellung der belangten Behörde, sie sei ihrer Verpflichtung im Sinne des § 102 Abs. 1 KFG vor Fahrtantritt nicht nachgekommen, indem sie deren Beweiswürdigung rügt.
Dem Vorbringen kommt Berechtigung zu.
Die Beschwerdeführerin hat sich von Anfang an und ständig widerspruchsfrei damit verantwortet, daß sie ihr Fahrzeug vor Fahrtantritt hinsichtlich der Funktionstüchtigkeit der Beleuchtung überprüft habe. Sie hat in diesem Zusammenhang eine einleuchtende Darstellung über die Art und Weise der vorgenommenen Überprüfung gegeben, nämlich unter Zuhilfenahme einer Auslagenscheibe, weil ihr Fahrzeug davor gestanden sei. Des weiteren spricht für die Verantwortung der Beschwerdeführerin auch die Aussage des Zeugen A, er hätte beim gemeinsamen Wegfahren den Ausfall eines Scheinwerfers bemerken müssen. Gerade der Umstand, daß der Zeuge nicht angab, er habe gesehen, wie die Beschwerdeführerin die Überprüfung vorgenommen habe, spricht für die Objektivität seiner Angaben. Unerfindlich sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen der belangten Behörde, daß gegen die Richtigkeit seiner Angaben gravierende Bedenken bestehen. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde erweist sich somit als unschlüssig. Im gesamten Verwaltungsstrafverfahren findet sich kein konkreter Beweis, der die Annahme eines Verschuldens der Beschwerdeführerin rechtfertigen würde. Sie hat vielmehr unmißverständlich glaubhaft gemacht, daß sie kein Verschulden an der Übertretung trifft.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Im übrigen wird bemerkt, daß es im Spruch einer entsprechenden Konkretisierung des Sachverhaltes, nämlich der Anführung des Defektes, bedurft hätte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, beschränkt hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes durch die von der Beschwerdeführerin beantragte Höhe.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030288.X00Im RIS seit
19.03.2001