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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §38 Abs4;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1990/358;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte
Dr. Schubert, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde des S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 5. Juni 1986, Zl. 6/3-3418/85, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1980 bis 1982, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erzielt nach eigener Darstellung Einkünfte aus selbständiger Arbeit als
a)
Komponist (Tantiemen von der AKM bzw. Austro Mechana),
b)
musikalischer Leiter beim ORF und
c)
Arrangeur beim ORF.
Von diesen Einkünften entfielen anteilsmäßig in den Streitjahren ca. 15 Prozent auf die unter lit. a, 60 Prozent auf die unter lit. b und 25 Prozent auf die unter lit. c genannten Einkünfte.
Für die unter lit. a genannten Einkünfte beantragte der Beschwerdeführer die begünstigte Besteuerung nach § 38 Abs. 4 EStG (Einkünfte aus der Verwertung selbstgeschaffener künstlerischer Urheberrechte).
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob die zitierte Tarifbegünstigung anwendbar ist.
Die belangte Behörde verneint dies im angefochtenen Bescheid mit dem Argument, daß sämtliche unter lit. a bis lit. c genannten Einkünfte des Beschwerdeführers solche aus der Verwertung selbstgeschaffener künstlerischer Urheberrechte seien. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 38 Abs. 4 EStG 1972 sei jedoch, das die ihrer Art nach begünstigungsfähigen Einkünfte als Nebeneinkünfte neben nicht begünstigungsfähigen Einkünften erzielt werden.
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 38 Abs. 4 EStG 1972 ist § 37 Abs. 1 auch auf Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen oder künstlerischen Urheberrechten anzuwenden, sofern diese Einkünfte als Nebeneinkünfte erzielt werden. Solche Nebeneinkünfte liegen nach der zitierten Bestimmung vor, wenn die Einkünfte aus der Verwertung selbstgeschaffener Urheberrechte neben anderen Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 EStG erzielt werden, welche die Nebeneinkünfte übersteigen.
Zu prüfen ist daher, ob die Einkünfte des Beschwerdeführers als musikalischer Leiter und als Arrangeur "andere" ihrer Art nach nicht begünstigungsfähige Einkünfte darstellen, sodaß die ihrer Art nach unbestritten begünstigungsfähigen Einkünfte als Komponist auch das weitere Tatbestandsmerkmal erfüllen, daß sie als Nebeneinkünfte zugeflossen sind.
Der Beschwerdeführer hat seine Tätigkeit als musikalischer Leiter beim ORF im Verwaltungsverfahren wie folgt beschrieben:
"Als musikalischer Leiter bin ich für sämtliche Fragen, die den Musikbereich einer TV-Sendung betreffen, zuständig. Unter anderem arbeite ich mit dem Autor und Regisseur das Drehbuch durch. Bei dieser Gelegenheit ergibt es sich oft, daß z.B. eine neukomponierte Titel- und Schlußmusik sowie verschiedene Backgroundmusiken (Hintergrundmusik) verlangt werden. Auch gilt es manchmal im Buch enthaltene Texte zu vertonen. All dieses sind sogenannte Auftragskompositionen. Als musikalischer Leiter kann ich diese geforderten Kompositionen (natürlich auch Arrangements) ohne weiteres an andere Komponisten weitergeben, was auch oft genug aus Zeitmangel passiert. Natürlich ergeben sich bei den Aufführungen im Fernsehen Tantiemen ....."
Diese Beschreibung macht deutlich, daß der Beschwerdeführer an der Gestaltung von Fernsehsendungen mitwirkt, indem er für sämtliche Fragen, die den Musikbereich betreffen, zuständig ist und in diesem Zusammenhang auch sogenannte Auftragskompositionen ausführt (neukomponierte Titel- und Schlußmusik, Hintergrundmusik, Vertonung von Texten). Aus Zeitmangel gibt der Beschwerdeführer solche Auftragskompositionen auch "oft genug" an andere Komponisten weiter. Das Entgelt, das er für seine Tätigkeit als musikalischer Leiter erhält, bezeichnet er selbst als Tantiemen ("Natürlich ergeben sich bei den Aufführungen im Fernsehen Tantiemen").
In seinem Erkenntnis vom 26. September 1985, Zl. 85/14/0057, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen eine Rundfunksendung als Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes anzusehen ist. Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß urheberrechtlich geschützte Werke eigentümliche geistige Schöpfungen sind, und daß eine Schöpfung dann eigentümlich ist, wenn sie den Stempel der persönlichen Eigenart des Schöpfers trägt oder sich zumindest durch eine persönliche Note, die ihr die geistige Arbeit des Schöpfers verliehen hat, von anderen Erzeugnissen ähnlicher Art abhebt. Daß die vom Beschwerdeführer mitgestalteten Fernsehsendungen nicht das Niveau einer eigentümlichen geistigen Schöpfung erreicht hätten, wurde vom Beschwerdeführer nie behauptet. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich keine Bedenken, zumal Eigenproduktionen des ORF, die eines musikalischen Leiters bedürfen, regelmäßig als Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes anzusehen sind.
Der vom Beschwerdeführer dargestellte Tätigkeitsinhalt, wonach er als musikalischer Leiter "oft" Neukompositionen ausführt, spricht im Zusammenhang mit dem leitenden Charakter seiner Tätigkeit dafür, daß er an der schöpferischen Gestaltung urheberrechtlich geschützter Werke maßgebend mitwirkt und daher selbst eine urheberrechtlich geschützte Leistung erbringt (bezüglich der Schöpfung eines Werkes durch mehrere Urheber siehe auch das h.g. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 1. Oktober 1985, Zl. 84/14/0006). Auch das vom Beschwerdeführer selbst als Tantiemen bezeichnete Entgelt für seine Tätigkeit als musikalischer Leiter wird vom ORF zweifelsfrei für die Verwertung (§§ 14 bis 18 Urheberrechtsgesetz) der vom Beschwerdeführer in Gemeinschaft mit anderen Mitwirkenden geschaffenen Urheberrechte bezahlt.
Mit Rücksicht auf diesen Sachverhalt ist der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie die Auffassung vertreten hat, daß nicht nur die von der AKM bzw. Austro Mechana erzielten Einkünfte des Beschwerdeführers ihrer Art nach im Sinne des § 38 Abs. 4 EStG begünstigungsfähig waren, sondern daß dies ebenso für jene Einkünfte galt, die der Beschwerdeführer vom ORF als Mitwirkender (musikalischer Leiter) an der schöpferischen Gestaltung von Fernsehsendungen erzielt hat. Waren aber auch die letztgenannten Einkünfte solche aus der Verwertung selbstgeschaffener Urheberrechte, dann konnten sie nicht als "andere Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 EStG" gewertet werden, was wiederum zur Folge hatte, daß die ihrer Art nach begünstigungsfähigen Einkünfte nicht das zusätzlich erforderliche Tatbestandsmerkmal von Nebeneinkünften aufwiesen.
Es ist nämlich zu beachten, daß dieses Tatbestandsmerkmal nicht dadurch verwirklicht werden kann, daß der Steuerpflichtige nur hinsichtlich eines Teiles seiner Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen oder künstlerischen Urheberrechten die Anwendung der Begünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 beantragt, und die übrigen Einkünfte, die ebenfalls aus der Verwertung solcher Urheberrechte stammen, als "andere" Einkünfte behandelt wissen will.
Die als Arrangeur erzielten Einkünfte hat die belangte Behörde keiner gesonderten Beurteilung unterzogen, sondern den Einkünften als musikalischer Leiter gleichgestellt. Ob dies zu Recht geschehen ist, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil die Einkünfte als Arrangeur in Folge ihres Ausmaßes (ca. 25 Prozent) jedenfalls nicht als "andere Haupteinkünfte" in Betracht kamen.
Zur Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte die Verträge des Beschwerdeführers mit dem ORF inhaltlich prüfen müssen und wäre diesfalls zu dem Ergebnis gelangt, "daß es sich hier nicht um Tätigkeiten aus der Verwertung von Urheberrechten handelt", ist zunächst zu sagen, daß die belangte Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung die Darstellung des Beschwerdeführers betreffend den Inhalt seiner Tätigkeit als musikalischer Leiter zu Grunde gelegt hat und für sie keine Veranlassung bestand, an der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln. Sie war daher auch nicht verpflichtet, weitere Beweise zu erheben. Abgesehen davon bringt der Beschwerdeführer aber auch in seiner Beschwerde nicht vor, inwiefern der Inhalt der Verträge mit dem ORF der Annahme entgegengestanden wäre, daß es sich bei den vom ORF an den Beschwerdeführer geleisteten Tantiemen um Einkünfte aus der Verwertung selbstgeschaffener Urheberrechte gehandelt hat.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1986130108.X00Im RIS seit
28.03.1990