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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §4 Abs1;Betreff
1) AN und 2) BN gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. September 1986, Zl. 6/3-3635/85 betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1982.
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind miteinander verheiratet und betreiben in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Landwirtschaft. Sie ermitteln ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG.
Der Betrieb wurde von ihnen im Jahr 1967 (überwiegend) unentgeltlich von den Eltern des Erstbeschwerdeführers erworben und zwar "samt allem was erd-, mauer-, niet- und nagelfest ist und sonstigem rechtlichem Zubehör sowie mit dem gesamten vorhandenen fundus instructus". Zwischen den Beschwerdeführern besteht Gütergemeinschaft hinsichtlich ihres gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Vermögens.
Die Eltern des Erstbeschwerdeführers hatten bis zum Jahr 1961 auch Milchwirtschaft betrieben und waren an der örtlichen Milchgenossenschaft beteiligt. Dieser Genossenschaftsanteil wurde nach Aufgabe der Milchproduktion weiterhin als Betriebsvermögen ausgewiesen und schien auch noch in der Bilanz für das Wirtschaftsjahr 1981/1982 unter den Aktiven mit einem Betrag von S 1.507,-- auf.
Im Zuge einer Betriebsprüfung für die Jahre 1980 bis 1982 stellte der Prüfer fest, daß die Milchgenossenschaft liquidiert worden war (Beschluß vom 13. Dezember 1982), und daß die Beschwerdeführer einen Liquidationserlös von insgesamt S 107.825,-- erhalten hatten, der in den Betriebseinnahmen nicht enthalten war. Der Prüfer behandelte den Unterschied zwischen dem Buchwert und dem anteiligen Liquidationserlös (= S 106.318,--) als ao. Ertrag und rechnete ihn dem Betriebsergebnis des Wirtschaftsjahres 1981/1982 zu.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Bereits im Jahr 1961 sei die Milchproduktion von den Eltern des Erstbeschwerdeführers eingestellt worden. Der Anteil an einer Milchgenossenschaft stelle nur dann notwendiges Betriebsvermögen dar, wenn tatsächlich Milch produziert werde. Da dies seit Jahrzehnten nicht der Fall gewesen sei, hätte der Genossenschaftsanteil nicht als Betriebsvermögen ausgewiesen werden dürfen. Vielmehr sei der Liquidationserlös der Privatsphäre zuzurechnen und damit nicht steuerbar.
Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde ergänzend vorgebracht, daß der Anteil an der Milchgenossenschaft nicht bereits im Jahre 1967 im Zuge der Betriebsübergabe an die Beschwerdeführer übertragen worden sei, sondern daß dies erst im Jahr 1972 der Fall gewesen sei. Da die Eltern des Erstbeschwerdeführers nach der Betriebsübergabe keinen Betrieb mehr gehabt hätten, hätte der Genossenschaftsanteil nur Privatvermögen darstellen können. An dieser rechtlichen Beurteilung als Privatvermögen (nunmehr der Beschwerdeführer) habe sich auch durch die Übertragung im Jahr 1972 nichts geändert.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Werde ein ursprünglich betrieblich genutztes Wirtschaftsgut späterhin nicht mehr betrieblich genutzt, so bleibe es dennoch Betriebsvermögen (wenn auch ein ungenutztes), es sei denn, daß eine private Verwendung erfolge. Scheide ein solches Wirtschaftsgut durch Verkauf aus dem Betriebsvermögen aus, so seien die stillen Reserven dem Betriebsergebnis zuzurechnen. Dies gelte im Beschwerdefall umso mehr, als der Genossenschaftsanteil nach wie vor als Betriebsvermögen ausgewiesen worden sei.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer weisen zunächst darauf hin, daß der Genossenschaftsanteil nicht Gegenstand des im Jahr 1967 abgeschlossenen Übergabsvertrages gewesen sei, sondern erst im Jahr 1972 erworben worden sei. Der Ausweis der Anteile in der Bilanz sei daher seinerzeit zu Unrecht erfolgt und müsse berichtigt werden. Eine Zuführung der Anteile zum Betriebsvermögen im Jahr 1972 sei ebenfalls nicht zulässig gewesen, weil die Beschwerdeführer keine Milchproduktion betrieben hätten; auch diesbezüglich seien die Bilanzen der Vorjahre zu berichtigen, sodaß der durch die Liquidation der Milchgenossenschaft erzielte Gewinn nicht der betrieblichen, sondern der Privatsphäre zuzurechnen sei.
Gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972 ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Was als Betriebsvermögen anzusehen ist bzw. nach welchen Grundsätzen Wirtschaftsgüter dem Betriebsvermögen zuzurechnen sind, wird im Gesetz nicht näher bestimmt. § 4 Abs. 2 EStG 1972 sieht lediglich vor, daß die Vermögensübersicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu entsprechen hat.
Lehre und Rechtsprechung haben nun in den vergangenen Jahrzehnten verschiedene Grundsätze herausgearbeitet, die für die Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen einerseits und zum Privatvermögen andererseits von Bedeutung sind. Der wesentlichste dieser Grundsätze ist der, daß Wirtschaftsgüter, die ihrer objektiven Beschaffenheit nach dazu bestimmt sind, dem Betrieb zu dienen, dem Betriebsvermögen zuzurechnen sind. Dabei kann es sich auch um Wirtschaftsgüter handeln, deren ursprüngliche betriebliche Nutzung vorübergehend oder auf Dauer eingestellt wurde, z.B. veraltete maschinelle Anlagen. Entscheidend für die (weitere) Zugehörigkeit solcher Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen bis zu ihrem tatsächlichen körperlichen Ausscheiden ist, daß sie keiner privaten Nutzung zugeführt werden. Aus diesem Grundsatz folgt, daß Wirtschaftsgüter, die ihrer Art nach und bei objektiver Betrachtung NUR eine betriebliche Nutzung ermöglichen, auch dann jenem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind, in welchem sie genutzt werden könnten, wenn sie vorübergehend oder auf Dauer ungenutzt bleiben. So wird z.B. eine Konzession auch dann Betriebsvermögen jenes Betriebes des Steuerpflichtigen darstellen, in welchem sie ausgeübt werden könnte, wenn sie tatsächlich nicht ausgeübt wird. Für die Betriebszugehörigkeit von Wirtschaftsgütern, die ihrer Art nach eine private Nutzung AUSSCHLIEßEN, kommt es somit nicht auf die tatsächliche, sondern lediglich auf die denkbare betriebliche Nutzung an.
Es kann daher im Beschwerdefall auf sich beruhen, ob die Genossenschaftsanteile bereits Gegenstand des Übergabsvertrages im Jahr 1967 waren, oder ob sie erst im Jahr 1972 an den Erstbeschwerdeführer übertragen wurden. Entscheidend ist nämlich, daß der Anteil an einer Milchgenossenschaft bei einem Landwirt nur im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes, nicht aber im Rahmen der Privatsphäre, die seinem Wesen eigene Funktion als Genossenschaftsanteil erfüllen kann. Ob die Beschwerdeführer von dieser Möglichkeit Gebrauch machten, indem sie Milch produzierten, oder ob sie die Rechte, die ihnen ihr Genossenschaftsanteil vermittelte, ungenützt ließen, ist für die Betriebszugehörigkeit des Anteiles unerheblich.
Da somit die belangte Behörde zu Recht die stillen Reserven, die im Zuge der Liquidation der Milchgenossenschaft bei den Beschwerdeführern realisiert wurden, der betrieblichen Sphäre zugerechnet hat, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1986130182.X00Im RIS seit
28.12.2001