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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §113;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1990, 427;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte
Dr. Schubert, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde des S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 21. März 1989, Zl. 6/3-3178/13/87-01, betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1978 bis 1981, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Eine die Streitjahre betreffende abgabenbehördliche Prüfung kam zur Auffassung, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Graphiker keine künstlerische, sondern eine gewerbliche Tätigkeit wäre. Das Finanzamt erließ dieser Auffassung entsprechende Abgabenbescheide. In dem durch Berufung des Beschwerdeführers ausgelösten Rechtsmittelverfahren wertete die Sachverständigenkommission zur Beurteilung der künstlerischen Tätigkeit von Gebrauchsgraphikern (im folgenden kurz "Sachverständigenkommission" genannt) 13 ihr vorgelegte Arbeitsbeispiele des Beschwerdeführers als Ergebnisse künstlerischer Tätigkeit. Dennoch hielt die belangte Behörde in der Berufungsentscheidung vom 27. März 1985, Zl. 6/3-1645/83, die Tätigkeit des Beschwerdeführers für eine (auch umsatzsteuerlich nicht begünstigte) gewerbliche Tätigkeit.
Diese Berufungsentscheidung hob der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 18. März 1987, Zl. 85/13/0089 (Vorerkenntnis), wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Die Sachverständigenkommission habe den Arbeiten des Beschwerdeführers eine eigenschöpferische Note zugesprochen und die belangte Behörde müsse daher vor einer eigenen Schlußfolgerung ergründen, worin die Sachverständigenkommission die eigenschöpferische Leistung des Beschwerdeführers sah und was sie veranlaßte, auch die künstlerische Gestaltungshöhe anzunehmen. Näheres zum Sachverhalt ist dem Vorerkenntnis zu entnehmen.
Im fortgesetzten Verwaltungsverfahren holte die belangte Behörde abermals ein Gutachten der Sachverständigenkommission ein. Diese bejahte auf Grund der ihr vorgelegten Arbeitsbeispiele neuerlich eine künstlerische Tätigkeit des Beschwerdeführers.
Mit Vorhalt vom 26. Mai 1988 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, der Betriebsprüfer habe sämtliche Ausgangsrechnungen des Jahres 1980 aufgeschrieben.
Bei einer Analyse ergebe sich folgendes Bild: Ca. 70 Prozent (exakt 69,24 Prozent) der Erlöse entfielen auf die Gestaltung von Inseraten und Theaterprogrammen (fast ausschließlich für namentlich genannte Firmen), ca. 30 Prozent entfielen auf Illustration, Zeichnungen, Entwürfe und anderes.
Die Gestaltung der Inserate und Theaterprogramme erschöpfe sich in der einfachen fotografischen Präsentation von Bekleidungsstücken, der Angabe des Verkaufspreises und in einem kurzen Werbetext. Bei dieser Tätigkeit werde zweifelsfrei nicht ein Niveau erreicht, das über dem eines Kunsthandwerkes liege. Bezeichnenderweise seien der Sachverständigenkommission keine Muster derartiger Arbeiten vorgelegt worden. Die Kommission hätte daher nur Werke der zweiten Gruppe (Illustrationen, Zeichnungen, Entwürfe und anderes) begutachten können.
Obwohl unzulässigerweise Werke beigeschlossen gewesen seien, die vor dem Zeitraum 1978 bis 1981 entstanden seien und obwohl bei anderen Werken das Datum ihrer Herstellung nicht feststellbar sei, scheine es vertretbar, dem Ergebnis der Gutachten, es liege eine künstlerische Tätigkeit vor, zu folgen. Es werde daher erwogen, dem Berufungssenat eine Trennung der Gesamttätigkeit in eine gewerbliche und eine künstlerische im Verhältnis 70:30 (Gewinn und Entgelte) vorzuschlagen.
Der Beschwerdeführer habe Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen schriftlich Stellung zu nehmen. Etwaige Änderungen des Verteilungsschlüssels seien nachvollziehbar darzulegen.
Der Beschwerdeführer ersuchte zunächst, die Frist zur Vorhaltsbeantwortung bis 30. September 1988 zu erstrecken. Am 30. September 1988 begehrte er eine weitere Fristerstreckung bis 30. November 1988, die ihm auch bewilligt wurde. Mit Schriftsatz vom 30. November 1988 ersuchte der Beschwerdeführer (sein Vertreter) unter Hinweis auf die schwierige finanzielle und gesundheitliche Lage neuerlich um Fristerstreckung, diesmal bis 31. Dezember 1988. Diesem Ansuchen gab die belangte Behörde bescheidmäßig keine Folge, weil es erst nach Fristablauf (am 2. Dezember 1988) zur Post gegeben worden wäre. Der Vorhalt blieb bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides unbeantwortet.
Mit dem angefochtenen Bescheid traf die belangte Behörde eine ihrem Vorhalt vom 26. Mai 1988 entsprechende Berufungsentscheidung.
Vorliegende Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers beruhen der Vorhalt der belangten Behörde und auch der angefochtene Bescheid nicht auf der Ansicht, daß sich Inserate und Theaterprogramme STETS in einfachen fotografischen Präsentationen und Textgestaltungen erschöpfen. Dem Vorhalt und dem angefochtenen Bescheid liegt vielmehr die Feststellung zugrunde, daß die zu beurteilenden Inserate und Theaterprogramme nur mit einfachen Mitteln gestaltet worden seien. Eine derartige Feststellung ist den Mitgliedern des Berufungssenates auch ohne Einholung eines Sachverständigenbeweises zuzumuten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1985,
Zlen. 83/14/0249, 0260 und 0261). Gelegenheit zu Einwänden gegen diese Feststellung der belangten Behörde unter Vorlage entsprechender Arbeiten und auch dazu, selbst ein ergänzendes Gutachten beizubringen, bot der Vorhalt. Er gab dem Beschwerdeführer jede Möglichkeit, die ihm offengelegte Auffassung der belangten Behörde in Frage zu stellen. Dazu, den (durch einen Rechtsanwalt vertretenen) Beschwerdeführer bei den Einreden und den Beweisanträgen anzuleiten, war die belangte Behörde nicht verhalten. Sie war auch nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer zur Akteneinsicht aufzufordern.
Die Frage, ob es sich in den einzelnen Fällen (Fallgruppen) um künstlerische oder um gewerbliche Arbeiten handelte, entschied die belangte Behörde nicht allein auf Grundlage der Ausgangsrechnungen, sondern auch auf Grund der Aufzeichnungen des Betriebsprüfers über diese Rechnungen, wie dies auch im Vorhalt zum Ausdruck kommt. Einwendungen gegen die Feststellungen der belangten Behörde blieben dem Beschwerdeführer, wie erwähnt, auf Grund des Vorhaltes unbenommen. Sie waren jedoch schon im Verwaltungsverfahren (und nicht erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof) geltend zu machen, so auch der Einwand, daß die Verhältnisse des Jahres 1980 für den Beschwerdefall nicht repräsentativ seien.
Mit ihrem Vorhalt brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer alle Sachverhaltsfeststellungen zur Kenntnis, soweit sie für die Annahme einer nicht-künstlerischen Tätigkeit des Beschwerdeführers wesentlich waren. Dadurch, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nicht auch das ergänzende Gutachten der Sachverständigenkommission mitteilte, unterlief ihr jedenfalls kein wesentlicher, den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzender Verfahrensmangel, weil die Behörde ohnedies davon ausging, daß Arbeiten, wie sie die Kommission beurteilt hatte, eine künstlerische Tätigkeit des Beschwerdeführers (mit den entsprechenden, für den Beschwerdeführer günstigen steuerlichen Folgen) begründeten. Auch dies legte im übrigen der Vorhalt offen.
Der Vorhalt der belangten Behörde brachte entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auch ausreichend klar deren Standpunkt zum Ausdruck, daß Inserate und Theaterprogramme zu einfach gestaltet waren, um ein Niveau zu erreichen, das über dem eines Kunsthandwerkes liegt. Der Feststellung im angefochtenen Bescheid, Inserate und Theaterprogramme ließen eindeutig erkennen, daß sich diese Arbeiten als Fotomontagen, einfache Ornamentik und Schriftgestaltung darstellen und somit das Niveau einer erlernbaren Technik nicht überschreiten, hält der Beschwerdeführer konkret nichts entgegen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag dem Beschwerdeführer schließlich auch darin nicht beizupflichten, er hätte nicht genügend Zeit gehabt, um den Feststellungen der belangten Behörde im Vorhalt zu widersprechen. Selbst wenn man unterstellt, daß der Beschwerdeführer bis zum Ablauf der bewilligten Frist (30. November 1988) den Vorhalt nicht beantworten konnte, so weiß er doch keinen stichhältigen Grund zu nennen, warum er auf den Vorhalt nicht wenigstens bis zu dem Zeitpunkt einging, auf den er selbst im Schriftsatz vom 30. November 1988 um neuerliche Fristverlängerung angesucht hatte (der Zeitpunkt war der 31. Dezember 1988). Der Beschwerdeführer beantwortete den Vorhalt nicht einmal bis zur Zustellung des angefochtenen Bescheides am 24. Juli 1989. Daran war er auch nach Ablauf der bewilligten Frist
(30. November 1988) nicht gehindert und es hätte die belangte Behörde auch auf eine nach Fristablauf (aber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides) eingebrachte Vorhaltsbeantwortung Bedacht nehmen müssen (siehe § 280 BAO und die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1981, Zl. 2830/80, und vom 25. September 1985, Zl. 84/13/0180). Bei einer Vorhaltsbeantwortung nach Fristablauf hätte es der Beschwerdeführer lediglich in Kauf nehmen müssen, daß die Beantwortung (ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften) deshalb unberücksichtigt bleibt, weil der angefochtene Bescheid erging, bevor die Vorhaltsbeantwortung bei der Behörde einlangte.
Der Beschwerdeführer vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Der Antrag des Beschwerdeführers, "allenfalls" eine mündliche Verhandlung anzuordnen, begründet keinen Anspruch auf Durchführung einer solchen Verhandlung (siehe Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 541 Abs. 2 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989130176.X00Im RIS seit
28.03.1990