Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Beachte
Besprechung in: ÖStZ 1991, 342;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde 1.) der A-AG,
2.) der B-AG, gegen den Bescheid des Präsidenten des Kreisgerichtes Leoben vom 14. April 1989, Zl. Jv 242-33/88-10, betreffend Einbringung von Sachverständigengebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der am 31. Dezember 1980 gegen die beklagten Parteien 1.) C-AG 2.) A-AG, 3.) D-AG 4.) E-AG eingebrachten Klagen begehrte F das Urteil, die beklagten Parteien seien schuldig, je einen näher bestimmten Betrag s.A. an die klagende Partei zu bezahlen. Weiters begehrte die Klägerin das Urteil, die beklagten Parteien hafteten zu näher bestimmten Prozentsätzen für alle künftigen Schäden aus forstschädlichen Luftverunreinigungen auf den in ihrem Eigentum stehenden, näher bezeichneten Liegenschaften, deren Ursachen in schädigenden Einwirkungen in den Jahren 1962 bis 1979 gelegen seien.
Die Klage stützte sich im wesentlichen auf die Behauptung, durch Erhebungen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung sei festgestellt worden, daß die Waldbestände der Klägerin durch Immissionen geschädigt seien. Die bedeutendsten Emittenten der diese Schädigungen verursachenden Schadstoffe seien die beklagten Parteien zu bestimmten näher genannten Prozentsätzen. Zum Nachweis für ihr Vorbringen beantragte die Klägerin unter anderem die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Beklagten beantragten Klagsabweisung.
Auch die erstbeklagte Partei berief sich zum Nachweis für ihr Vorbringen auf Sachverständige, und zwar für Feuerungstechnik, Pflanzenphysiologie und Immissionsklimatologie.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10. März 1981 ON 9 anerkannte die drittbeklagte Partei das Klagebegehren, worauf gegen sie in der Folge ein Teilanerkenntnisurteil erging. Die Fassung des Beweisbeschlusses blieb ausdrücklich vorbehalten. Der klagenden Partei und den beklagten Parteien, letzteren zur ungeteilten Hand, wurde der Auftrag erteilt, zur Deckung der anfallenden Zeugen- und Sachverständigengebühren binnen vier Wochen je einen Kostenvorschuß von 20.000 S zu erlegen. Diese Aufträge ergingen "über Antrag der Gegenseite jeweils unter den Säumnisfolgen des § 279 ZPO".
Die Kostenvorschüsse wurden in der Folge erlegt. Mit Beschluß vom 6. Juli 1982 ON 26 wurde unter anderem Dipl.Ing. Dr. H zum Sachverständigen für Forstwirtschaft bestellt; mit Verfügung vom 2. November 1982 ON 30 wurde es dem Sachverständigen freigestellt, die zur Gutachtenserstattung erforderlichen weiteren Sachverständigen beizuziehen. Mit Schreiben vom 7. Dezember 1982 teilte der Sachverständige mit, es sei ihm gelungen, Frau Univ. Doz. Dr. H als Sachverständige für Immissionsklimatologie und Univ. Doz. Dr. D als Sachverständigen für Biologie und Pflanzenphysiologie zu gewinnen. In der Folge erstatteten die genannten Sachverständigen ihre Gutachten und legten Honorarnoten.
Über schriftlichen Auftrag vom 5. Juli 1984 ON 67 erlegten die Klägerin sowie die erstbeklagte Partei je einen weiteren Sachverständigengebührenvorschuß von je S 100.000,--.
In der Tagsatzung vom 20. Mai 1985 ON 80 faßte das Gericht den Beweisbeschluß unter anderem über die Behauptungen der zweitbeklagten Partei (der Erstbeschwerdeführerin), daß von ihrem Z-Werk, das zwischenzeitig stillgelegt worden sei, keine die Waldungen der Klägerin schädigenden Immissionen ausgegangen seien, durch klimatologischen, pflanzenphysiologischen und forstwirtschaftlichen Sachverständigen; weiters über die Behauptungen der beklagten Partei E-AG (der nunmehrigen Zweitbeschwerdeführerin), daß sie ihr in T gelegenes Werk bereits seit dem Jahre 1974 auf Erdgas umgerüstet habe, sodaß von diesem keine schädigenden Immissionen ausgegangen seien, durch die obgenannten Sachverständigen.
Mit Beschluß vom 18. Oktober 1985, ON 88, wurden die Gebühren des Sachverständigen Dipl.Ing. Dr. H mit S 235.057,--, des Univ. Prof. Dr. D mit S 75.230,-- und der Univ. Doz. Dr. H mit S 103.414,-- bestimmt. Ein Teil dieser Gebühren wurde durch Überweisung der erlegten Kostenvorschüsse abgedeckt; im übrigen wurde der Rechnungsführer beim Kreisgericht Leoben angewiesen, vorläufig aus Amtsgeldern gegen nachträgliche Einhebung von der zahlungspflichtigen Partei an die Sachverständige Univ. Doz. Dr. H einen Betrag von insgesamt S 38.644,-- und an den Sachverständigen Dipl.Ing. Dr. H einen Betrag von S 135.057,--, zusammen also einen Betrag von S 173.701,-- zu überweisen.
Das Gerichtsverfahren ist, nachdem der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 14. Dezember 1988 die Urteile des Erstgerichtes vom 7. Oktober 1985 und des über Berufung der Beklagten ergangene Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 19. Juni 1986, soweit diese Urteile nicht in Teilrechtskraft erwachsen waren, aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hatte, nach wie vor anhängig.
Mit Zahlungsauftag vom 12. November 1987, III KVB Ziv. 10.908/87, hob der Kostenbeamte des Kreisgerichtes Leoben von den Beklagten C-AG, A-AG und E-AG zur ungeteilten Hand einen Teil der aus Amtsgeldern ausbezahlten Sachverständigengebühren in Höhe von S 86.851,-- ein. Unter anderem dagegen erhoben die beiden Beschwerdeführerinnen Berichtigungsanträge.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Kreisgerichtes Leoben unter anderem diesen Berichtigungsanträgen teilweise Folge und berichtigte den angeführten Zahlungsauftrag hinsichtlich der Sachverständigengebühren dahin, daß der Hälfteanteil der nicht aus erliegenden Kostenvorschüssen gedeckten Sachverständigengebühren S 86.850,50 betrage. Für diese Sachverständigengebühren seien zahlungspflichtig:
a)
die Erstbeschwerdeführerin für den Betrag von S 39.925,25;
b)
die Zweitbeschwerdeführerin für den Betrag von S 46.925,25.
Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid, soweit für das vorliegende Verfahren noch von Interesse, nach Hinweis auf die Bestimmung des § 2 GEG 1962 im wesentlichen damit, aus dem oben erwähnten Beweisbeschluß sei ersichtlich, daß der Beweis durch Beiziehung eines klimatologischen, eines pflanzenphysiologischen und eines forstwirtschaftlichen Sachverständigen auch im Interesse der beklagten Parteien erhoben worden sei. Einerseits die Klägerin, andererseits die Beklagten hätten daher die Sachverständigengebühren je zur Hälfte zu tragen. Die die beklagten Parteien treffende Hälfte der Sachverständigengebühren sei von diesen nach Kopfteilen zu tragen, weil die hier anzuwendende Bestimmung des § 46 ZPO als "besondere Vorschrift" gegenüber der Regelung des § 2 letzter Satz GEG 1962 vorgehe. Dabei seien allerdings die erlegten Kostenvorschüsse zu berücksichtigen. Da die erstbeklagte Partei (C-AG) bereits mehr als ihre Kopfquote durch die erlegten Kostenvorschüsse berichtigt habe, hafteten für den aus Amtsgeldern bezahlten Teil der Sachverständigengebühren der beklagten Parteien von S 86.850,50 nur noch die beiden Beschwerdeführerinnen, und zwar unter Berücksichtigung der verwendeten Kostenvorschüsse die Erstbeschwerdeführerin mit S 39.925,25 und die Zweitbeschwerdeführerin mit S 46.925,25.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführerinnen in ihrem Recht verletzt, zur Bezahlung der Sachverständigengebühren vorläufig nicht beitragen zu müssen. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wegen des Zeitpunktes der Erhebung der Klage
(31. Dezember 1980) finden im Beschwerdefall gemäß Art. VI Z. 8 GGG, BGBl. Nr. 501/1984, und Art. XVII § 2 Abs. 6 der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. Nr. 135, noch die Vorschriften des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962 (GEG 1962) in der Fassung vor dessen Änderung durch die zitierten Gesetze Anwendung.
Gemäß § 1 Z. 6 GEG 1962 hat das Gericht in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten von Amts wegen einzubringen, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind. Zu diesen Kosten zählen nach lit. b der zitierten Gesetzesstelle auch die Sachverständigengebühren. Gemäß § 2 erster Satz GEG 1962 sind die im § 1 Z. 6 genannten Kosten, sofern hiefür kein Kostenvorschuß erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese Kosten sind von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Wer die im Zivilprozeß entstandenen Kosten - unbeschadet einer allfälligen Ersatzpflicht des Gegners - zunächst zu tragen hat, regelt § 40 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift hat jede Partei die durch ihre Prozeßhandlungen verursachten Kosten zunächst selbst zu bestreiten. Die Kosten solcher gerichtlicher Handlungen, welche von beiden Parteien gemeinschaftlich veranlaßt oder vom Gericht im Interesse beider Parteien auf Antrag oder von Amts wegen vorgenommen werden, sind von den Parteien gemeinschaftlich zu bestreiten, was die Teilung nach Parteien bedeutet (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 20. Juni 1986, Zl. 86/17/0088, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung, sowie vom 19. Jänner 1990, Zl. 87/17/0034).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vermag der Umstand allein, daß die Beweislast im Zivilverfahren grundsätzlich (ergänze: für die anspruchsbegründenden Tatsachen) den Kläger trifft, für sich noch nicht zu bewirken, daß ein VON AMTS WEGEN bestellter Sachverständiger nicht auch zur Wahrung der Interessen der beklagten Partei tätig ist. Die Kostenersatzpflicht für ein vom Gericht von Amts wegen in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten trifft beide Teile je zu Hälfte, wenn seine Einholung im Interesse beider Parteien gelegen ist. Dies gilt auch dann, wenn für eine bestimmte Tatsache eine der Parteien beweispflichtig ist. Hatte beispielsweise der Sachverständige nicht bloß die Aufgabe, die vorhandenen Unterlagen daraufhin zu überprüfen, ob sie geeignet seien, den klägerischen Anspruch zu stützen, sondern auch daraufhin, ob sie für die Stichhaltigkeit der von der beklagten Partei gegen den Anspruch erhobenen Einwendungen sprechen, sind die aufgelaufenen Sachverständigenkosten beiden Prozeßparteien je zur Hälfte aufzuerlegen (vgl. die Erkenntnisse vom 6. März 1975, Slg. Nr. 4807/F, vom 18. September 1975, Slg. Nr. 4888/F, und vom 16. Dezember 1983, Zl. 83/17/0176; ähnlich auch vom 28. April 1980, Zl. 320/80, vom 22. November 1982, Zl. 82/17/0124, und vom 20. Juni 1986, Zl. 86/17/0088).
Solch ein Fall liegt hier vor. Die Beschwerdeführerinnen haben den Klagsbehauptungen unter anderem die Behauptung entgegengesetzt, daß vom Z-Werk der Erstbeschwerdeführerin, das zwischenzeitig stillgelegt worden sei, keine die Waldungen der Klägerin schädigenden Immissionen ausgegangen seien bzw. daß die Zweitbeschwerdeführerin ihr in T gelegenes Werk bereits seit dem Jahre 1974 auf Erdgas umgerüstet habe, sodaß von diesem keine schädigenden Immissionen ausgegangen seien. Unter anderem über diese Behauptungen hat das Gericht im Beweisbeschluß vom 20. Mai 1985 den Sachverständigenbeweis zugelassen. Jedenfalls in diesem Umfang erfolgte daher die Aufnahme des Sachverständigenbeweises auch im Interesse der beiden Beschwerdeführerinnen. Daß es nicht darauf ankommt, in welchem prozentuellen oder absoluten Ausmaß ein solches Interesse gegeben ist bzw. darauf, ob eine Partei ein stärkeres Interesse gehabt hätte als die andere, sondern lediglich darauf, ob der Sachverständigenbeweis AUCH im Interesse des Beschwerdeführers gelegen war, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 29. Mai 1981, Zlen. 81/17/0038, 81/17/0039, und vom 21. September 1983, Zl. 83/17/0062, dargetan.
Richtig ist zwar, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. November 1980. Zl. 2767/80, sachverhaltsbezogen ausgesprochen hat, maßgeblich sei, in wessen Interesse nach der konkreten Prozeßsituation das amtswegige Gutachten eingeholt worden sei, wen also die konkrete Beweislast getroffen habe. Aus der oben wiedergegebenen umfangreichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff des "Interesses beider Parteien" im § 40 Abs. 1 ZPO ergibt sich jedoch, daß dieser Begriff in einem weiteren Sinne als dem der bloßen Beweislast im strengen, prozessualen Sinne aufzufassen ist. Immer dann, wenn einander Behauptungen und Gegenbehauptungen zu einem bestimmten Beweisthema gegenüberstehen, deren jeweilige Richtigkeit nach Auffassung des Gerichtes nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden kann, erfolgt diese Einholung im Sinne der Rechtsprechung im Interesse beider Parteien. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die Regeln über die Beweislast nur dann Platz greifen, wenn eine Tatsache unbewiesen geblieben ist (vgl. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts2, Seite 461, Rz 878;
ebenso, für das Verwaltungsverfahren, das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1985, Zl. 84/17/0211, und die dort angeführte Lehre);
also etwa auch dann, wenn ein im Interesse beider Streitteile eingeholtes Sachverständigengutachten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen nicht klären konnte. Aus diesem Grund kann auch der Auffassung Faschings (Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen II, Seite 305, Anm. 3 zu § 40 ZPO) wonach nur der gemäß dieser Gesetzesstelle hafte, den die Beweislast für die Tatsache treffe, die durch das Beweismittel erwiesen werden solle, in dieser Form nicht gefolgt werden.
Daß die Erstbeschwerdeführerin in ihrer Klagebeantwortung vom 3. Februar 1981 LEDIGLICH die mangelnde Schlüssigkeit des klägerischen Vorbringens behauptet hätte, ist, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, aktenwidrig. Es trifft auch nicht zu, daß die Sachverständigengutachten wegen einer solchen mangelnden Schlüssigkeit des Klagsvorbringens eingeholt worden wären. Wie sich aus den oben wiedergegebenen wesentlichen Klagsbehauptungen ergibt, hat die Klägerin sowohl die Schadenszufügung durch die Beklagten als auch die Höhe des Schadens schlüssig behauptet. Der vorliegende Fall ist also wesentlich anders gelagert als jener, der dem hg. Erkenntnis vom 14. April 1980, Zl. 360/80 (in der Beschwerde unrichtig: 2360/80), zugrunde lag. Damals hatte nämlich die Klägerin über ausdrückliche Aufforderung des Gerichtes eine dem Gesetz entsprechende Spezifikation des Klagebegehrens vom Vorliegen eines Sachverständigengutachtens abhängig gemacht.
Zu Unrecht berufen sich die Beschwerdeführerinnen auf das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1980, Zl. 1180/80, dessen Aussagen sie in ungenauer Weise wiedergeben. Abgesehen davon, daß dieses Erkenntnis ein Außerstreitverfahren betraf, hat der Verwaltungsgerichtshof damals lediglich eine extensive Auslegung des Begriffes der "Veranlassung" abgelehnt, zur Frage, ob der damals aufgenommene Beweis auch im Interesse des Beschwerdeführers erhoben wurde, jedoch lediglich einen Begründungsmangel seitens der damals belangten Behörde festgestellt.
Unzutreffend ist auch die Behauptung der Beschwerdeführerinnen, der Sachverständigenbeweis sei im vorliegenden Fall nicht von Amts wegen, sondern (lediglich) über Antrag aufgenommen worden. Richtig ist zwar, daß dann, wenn der Sachverständigenbeweis AUSSCHLIESSLICH ÜBER ANTRAG eines der Streitteile eingeholt wurde, diese Partei als formeller Beweisführer ohne Rücksicht auf die Interessen- bzw. Beweislage für die betreffenden Kosten aufzukommen hat (Erkenntnisse vom 7. Juli 1980, Zlen. 819, 820/80, und vom 19. Jänner 1990, Zl. 87/17/0034). Daß der Sachverständigenbeweis im vorliegenden Fall hinsichtlich der oben dargestellten Behauptungen der beiden Beschwerdeführerinnen VON AMTS WEGEN aufgenommen wurde, bedarf keiner weiteren Erörterung, weil die Beschwerdeführerinnen, wie sie selbst betonen, KEINEN dahin zielenden Antrag gestellt hatten.
Ohne Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die oben wiedergegebenen Aufträge vom 10. März 1981 zum Erlag von Sachverständigen-Kostenvorschüssen, weil sie ohne Deckung durch einen Beweisbeschluß - er wurde erst mehr als vier Jahre später gefaßt - ergingen.
Die Beschwerdeführerinnen meinen weiters, es wäre unzulässig, die zwingende Regelung des § 365 ZPO beim Vollzug des § 2 GEG derart zu unterlaufen, daß man zunächst den Sachverständigenbeweis durchführen und nachträglich im Wege der Jusitzverwaltung die hiefür aufgelaufenen Gebühren von demjenigen einheben wollte, dem bei Einhaltung der Bestimmungen der Zivilprozeßordnung diese niemals hätten vorgeschrieben werden können. Dem ist zu erwidern, daß der Richter kraft seiner diskretionären Gewalt auch VON AMTS WEGEN alle Beweismittel aufnehmen kann, von denen er nach dem Inhalt der Klage oder der mündlichen Verhandlung Aufklärung über erhebliche Tatsachen erwarten kann (also Beweismittel, die nach der Akten- und Sachlage mit den streitigen Tatfragen in unmittelbaren Zusammenhang stehen; vgl. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts2, Seite 347, Rz 659). Der Kostenbeamte darf jedoch als Verwaltungsorgan die Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Richters nicht überprüfen (Erkenntnis vom 21. September 1983, Zl. 83/17/0062); die Bekämpfung der Notwendigkeit des Sachverständigengutachtens kann daher nur durch Ausschöpfung der im gerichtlichen Verfahren vorgesehenen Rechtsmittel verfolgt werden. Der Kostenbeamte und der Präsident des Gerichtshofes sind bei der Entscheidung über einen Berichtigungsantrag an den rechtskräftigen Gebührenbestimmungsbeschluß gebunden (vgl. die bei Tschugguel-Pötscher, Die Gerichtsgebühren4, Seite 211 f, angeführte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).
Die Beschwerdeführerinnen meinen schließlich, der belangten Behörde sei auch deshalb ein Rechtsirrtum unterlaufen, weil bei richtiger Anwendung der Bestimmung des § 46 Abs. 1 ZPO die belangte Behörde die Sachverständigengebühren unter den drei Beklagten nicht nach Kopfteilen hätte aufteilen dürfen, sondern ausschließlich der erstbeklagten Partei, den Österreichischen Draukraftwerken AG, hätte auferlegen müssen.
Hiebei lassen die Beschwerdeführerinnen außer acht, daß § 46 ZPO die Kostenersatzpflicht durch Streitgenossen für den Fall regelt, daß der zum Kostenersatz verpflichtete Teil aus mehreren, in der Hauptsache nicht solidarisch haftenden Personen besteht. Diese Vorschrift ergänzt die grundsätzliche Regelung des § 41 ZPO betreffend die KOSTENERSATZPFLICHT der im Rechtsstreit unterliegenden Partei, hat jedoch mit der Vorschrift des § 40 ZPO über die VORLÄUFIGE Kostentragung, welche allein hier Anwendung zu finden hat, nichts zu tun.
Richtigerweise hatten daher die beiden Beschwerdeführerinnen gemeinsam mit der erstbeklagten Partei die Hälfte der aus Amtsgeldern vorgeschossenen Sachverständigengebühren zur ungeteilten Hand zu bestreiten. Dadurch, daß die belangte Behörde dementgegen den auf die beklagten Parteien insgesamt entfallenden Hälfteanteil dieser Gebühren von S 86.850,50 den beiden Beschwerdeführerinnen lediglich anteilig zum Ersatz auftrug, wurden sie in ihren Rechten nicht verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989170081.X00Im RIS seit
11.07.2001