TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/29 89/17/0164

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Veröffentlicht am 29.03.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

GEG §1 Z6;
GEG §2 idF vor 1983/135;
GEG §2;
GEG §3;
GEG §7;
VwRallg;
ZPO §289 Abs1;
ZPO §357;
ZPO §362 Abs2;
ZPO §365;
ZPO §40 Abs1;

Beachte

Besprechung in:ÖStZ 1991, 566;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte

Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des N, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. Mai 1989, Zl. Jv 880/33a/89, betreffend Einbringung von Sachverständigengebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der am 11. Juli 1980 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien überreichten Klage begehrte der Beschwerdeführer von Ernst K. die Bezahlung eines Betrages von S 58.690,-- s.A. mit der Behauptung er sei Hauptmieter einer näher genannten Wohnung. Der Beklagte sei vor ihm Hauptmieter dieser Wohnung gewesen und habe auf diese zu seinen Gunsten verzichtet. Diesen Verzicht habe er jedoch von der Bezahlung eines Betrages in der Höhe von S 155.000,-- abhängig gemacht. Von diesem Betrag habe der Beklagte S 60.000,-- an die Hausinhaber weitergeleitet und erklärt, daß er dem Beschwerdeführer für die restlichen ihm verbleibenden S 95.000,-- näher bezeichnete Investitionen und Fahrnisse als Gegenleistung übergebe. Der Wert dieser Gegenstände an Investitionen betrage jedoch höchstens S 36.310,--, sodaß sich der restliche Betrag von S 58.690,-- als unzulässige Ablöse im Sinne des Mietengesetzes darstelle.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung im wesentlichen mit der Behauptung, der Wert der Einrichtungsgegenstände und Investitionen übersteige den Betrag von S 590.000,--. Zum Beweis dafür berief sich der Beklagte u.a. auf Sachverständige.

Den der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 18. Februar 1981 faßte der Richter den Beweisbeschluß u.a. darüber, wie hoch die Leistungen und Gegenstände laut der von dem Streitteil vorgelegten Inventarlisten zu bewerten seien, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen.

Die Einholung dieses Sachverständigengutachtens unterblieb zunächst. Nachdem das Klagebegehren abweisende Urteil vom 17. August 1982, ON 24, über Berufung des Beschwerdeführers mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Dezember 1982 aufgehoben worden war, trug der Richter in der Tagsatzung vom 11. Mai 1983 dem Beschwerdeführer den Erlag eines Kostenvorschusses in der Höhe von S 15.000,-- auf und trug nach Erlag des Kostenvorschusses mit Beschluß vom 10. Juni 1983 dem Sachverständigen Dipl.Ing.W. auf, den Wert der Investitionen zum Zeitpunkt der Ablöse zu erheben. Der Sachverständige erstattete am 14. Oktober 1983 Befund und Gutachten. Mit Beschluß vom 22. Dezember 1983 wurden sodann die Gebühren des Sachverständigen mit S 14.745,-- bestimmt und der Rechnungsführer angewiesen, aus dem erwähnten Kostenvorschuß den zuletzt genannten Betrag an den Sachverständigen zu überweisen.

In der Tagsatzung vom 30. April 1984 ergänzte der von Amts wegen geladene Sachverständige sein Gutachten. Mit weiterem Beschluß vom 8. Juni 1984 trug das Gericht den Sachverständigen eine weitere Ergänzung des Gutachtens auf, welche von ihm schließlich am 28. Oktober 1986 erstattet wurde.

Mit Beschlüssen vom 15. Jänner 1987 und 5. Mai 1987 wurden sodann die Gebühren des Sachverständigen für die Teilnahme an der Tagsatzung vom 30. April 1984 mit S 3.924,-- und für das schriftlich erstattete Ergänzungsgutachten mit S 5.609,-- bestimmt. Mit Beschlüssen vom 19. Februar 1987 bzw. 22. Juni 1987 wies das Gericht den Rechnungsführer an, den Restbetrag des vordem Vorschuß von S 15.000,-- in der Höhe von S 255,-- sowie aus Amtsgeldern die Beträge von S 3.669,-- und S 5.609,-- an den Sachverständigenvorschuß weise aus Amtsgeldern zu überweisen.

Der Prozeß wurde mit Vergleich vom 14. Okotber 1988 beendet.

Mit Zahlungsauftrag vom 16. Jänner 1989 hob der Kostenbeamte des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien biem Beschwerdeführer u.a. die beiden zuletzt genannten Beträge ein.

Mit dem nunemhr angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers nicht Folge. Dies im wesentlichen mit der Begründung, im vorliegenden Fall sei der Sachverständigenbeweis nur zur Stützung des Begehrens des Beschwerdeführers geführt worden. Ebenso stehe fest, daß das Gericht nur dem Beschwerdeführer den Erlag eines Ksotenvorschusses für den aufzunehmenden Sachversätndigenbeweis aufgetragen habe und daß die vom Sachverständigen für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens angesprochenen und vom Gericht bestimmten Kosten aus diesem vom Beschwerdeführer erlegten Vorschuß zur Gänze berichtigt worden seien. Nach dem Akteninhalt sei die Teilnahme des Sachverständigen an der Verhandlung zur Erläuterung dieses schriftlichen Gutachtens notwendig gewesen. Ebenso die folgende schriftliche Ergänzung dieses Gutachtens. Der Aufwand an Sachverständigengebühren sei daher ausschließlich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zurückzuführen und von dieser veranlaßt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Beschwerdeführer als dem Dienststand angehörender rechtskundiger Bediensteter des Bundes in eigener Sache erhobene Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, daß die Sachverständigengebühr in Höhe von zusammen S 9.278,-- nicht oder doch nur zur Hälfte (S 4.639,--) bei ihm eingehoben würden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in diesem Umfang aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wegen des Zeitpunktes der Erhebung der Klage

(11. Juli 1980) finden im Beschwerdefall gemäß Art. VI Z. 6 GGG, BGBl. Nr. 501/1984, und Art. XVII § 2 Abs. 6 der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. Nr. 135, noch die Vorschriften des gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962 (GeG 1962) in der Fassung vor dessen Änderung durch die zitierten Gesetze Anwendung.

Gemäß § 1 Z. 6 GeG 1962 hat das Gericht in bürgerlichen Rechtssachen, alle Kosten von Amts wegen einzubringen, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind. Zu diesen Kosten zählen nach lit. b der ziterten Gesetzesstelle auch die Sachverständigengebühren. Gemäß § 2 erster Satz GeG 1962 sind die im § 1 Z. 6 genannten Kosten, sofern hiefür kein Kostenvorschuß erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese Kosten sind von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Wer die im Zivilprozeß entstandenen Kosten - unbeschadet einer allfälligen Ersatzpflicht des Gegners - zunächst zu tragen hat, regelt § 40 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift hat jede Partei die durch ihre Prozeßhandlungen verursachten Kosten zunächst selbst zu bestreiten. Die Kosten solcher gerichtlichen Handlungen, welche von beiden Parteien gemeinschaftlich veranlaßt oder vom Gericht im Interesse beider Parteien auf Antrag oder von Amts wegen vorgenommen werden, sind von den Parteien gemeinschaftlich zu bestreiten, was die Teilung nach Partei bedeutet (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 20. Juni 1986, Zl. 86/17/0088 und die dort angeführte weitere Rechtsprechung, sowie vom Zl. 87/17/0034). Über die Höhe des Gebührenanspruchs des Sachverständigen hat allein das Gericht durch Beschluß zu befinden. Die Bekämpfung der Notwendigkeit des Sachverständigengutachtens und der Höhe der Sachverständigengebühren kann daher nur durch Ausschöpfung der im gerichtlichen Verfahren vorgesehenen Rechtsmittel verfolgt werden. Der Kostenbeamte und der Präsident des Gerichtshofes sind bei der Entscheidung über einen Berichtigungsantrag an den rechtskräftigen Gebührenbestimmungsbeschluß gebunden; eine allfällige Mangelhaftigkeit des Sachverständigengutachtens kann daher im Berichtigungsverfahren nicht mehr aufgerollt werden (vgl. die bei Tschugguel-Pötscher, Die Gerichtsgebühren4, Seite 211f angeführte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts). Mit seinem in diese Richtung zielenden Vorbringen vermag der Beschwerdeführer daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Es ist auch ohne Bedeutung wie und aus welchem Grund der Rechtsstreit vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien beendet wurde. Die Beschwerdebehauptung, ein Gerichtsbeschluß vom 8. Juni 1984, mit welchem Dipl.Ing.W. zum Sachverständigen bestellt worden sei, existiere nicht, ist insofern aktenwidrig, als mit Beschluß von diesem Tage der Sachverständige um Gutachtensergänzung ersucht wurde. Abgesehen davon könnten auch Mängel in der Bestellung des Sachverständigen nichts daran ändern, daß die oben genannten, in Rechtskraft erwachsenen Gerichtsbeschlüsse über die Bestimmung der Sachverständigengebühren bindend abgesprochen haben (Erkenntnis vom 28. April 1980, Zl. 320/80). Eine Solidarverpflichtung zum Ersatz der Sachverständigengebühren wegen Zahlungsunfähigkeit des Beklagten wurde von der belangten Behörde nicht angenommen.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, nach der konkreten Prozeßsituation habe er nach dem 14. Okotber 1983 nicht das geringste Interesse mehr an einer weiteren Tätigkeit des Sachverständigen gehabt, ist ihm zu erwidern, daß aus den Bestimmungen der §§ 289 Abs. 1 und 357 ZPO geschlossen werden kann, der Sachverständigenbeweis - ungeachtet der Zweiteilung desselben in Gutachtenserstellung und Verpflichtung, mündliche Aufklärung zu geben und das Gutachten zu erläutern - eine Einheit darstelle, die es verbiete, die Ersatzpflicht für die entstandenen Sachverständigengebühren nach den einzelnen bei Aufnahme des Sachverständigenbeweises vom Sachverständigen zu verrichtenden Tätigkeiten auf die Parteien aufzuteilen. Eine derartige Auffassung widerspricht nämlich dem der Zivilprozeßordnung immanenten Grundsatz der Gemeinschaftlichkeit der Beweismittel (vgl. die Erkenntnisse vom 24. Juni 1985, Zl. 85/15/0067, und das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis vom Zl. 87/17/0034). Dasselbe muß auch für die Vorschrift des § 362 Abs. 2 ZPO gelten, wonach das Gericht, wenn das abgegebene Gutachten ungenügend erscheint, auf Antrag oder VON AMTS WEGEN Anordnen kann, daß eine neuerliche Begutachtung durch dieselben Sachverständigen (oder durch andere Sachverständige oder doch Mitzuziehung anderer Sachverständiger) stattfinde.

Im Recht ist jedoch der Beschwerdeführer, wenn er darauf verweist, daß - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung - der Auftrag eines Gerichtes zum Erlag eines Kostenvorschusses zwecks Deckung voraussichtlicher Kosten oder Beweisaufnahme keine Aussge darüber macht, welche Partei des Verfahrens schließlich mangels Erlages des (oder eines ausreichenden) Kostenvorschusses die aus Amtsgeldern für die Beweisaufnahme entrichteten Kosten dem Bund gegenüber zu begleichen hat (bgl. das Erkenntnis vom 18. November 1983, Zlen. 83/17/0218, 0219, sowie das bereits zitierte Erkenntnis vom Zl. 87/17/0034).

Zutreffend verweist der Beschwerdeführer weiters auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Umstand allein, daß die Beweislast im Zivilverfahren grundsätzlich (ergänze: für die anspruchsbegründenden Tatsachen) den Kläger trifft, für sich noch nicht zu bewirken vermag, daß ein von Amts wegen bestellter Sachverständiger nicht auch zur Wahrung der Interessen der beklagten Partei tätig ist. Die Kostenersatzpflicht für ein vom Gericht von Amts wegen in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten trifft beide Teile je zur Hälfte, wenn seine Einholung im Interesse beider Parteien gelegen ist. Dies gilt auch dann, wenn für eine bestimmte Tatsache eine der Parteien beweispflichtigig ist. Hatte beispielsweise der Sachverständige nicht bloß die Aufgabe, die vorhandenen Unterlagen daraufhin zu prüfen, ob sie geeignet seien, den klägerischen Anspruch zu stützen, sondern auch daraufhin, ob sie für die Stichhaltigkeit der von der beklagten Partei gegen den Anspruch erhobenen Einwendungen sprechen, sind die aufgelaufenen Sachverständigenkosten beiden Prozeßparteien je zur Hälfte aufzuerlegen (vgl. die Erkenntnisse vom 6. März 1975, Slg. Nr. 4.807/F, vom 18. September 1975, Slg. Nr. 4888/F, und vom 16. Dezember 1983, Zl. 83/17/0176; ähnlich auch vom 28. April 1980, Zl. 320/80, vom 22. November 1982, Zl. 82/17/0124, und vom 20. Juni 1986, Zl. 86/17/0088).

Solche ein Fall liegt hier vor. Der Beklagte hat der Behauptung des Beschwerdeführers, die dem übergebenen Gegenstände und Investitionen hätten ledigliche einen Wert von S 36.310,-- dargestellt, die Behauptung entgegengesetzt, ihr Wert überstiege den mit dem Beklagten vereinbarten und von ihm bezahlten Betrag von S 95.000,--. Ohne entscheidende Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, daß der Beklagte (und nicht, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aktenwidrig behauptet, der Beschwerdeführer als Kläger - die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragte; entscheidend ist, daß das Gericht ausdrücklich die Einholung des Sachverständigengutachtens VON AMTS WEGEN beschlossen hat und daher die Verpflichtung zum Ersatz der Sachverständigengebühren ausschließlich davon abhängt, in wessen Interesse es eingeholt wurde (vgl. die bereits zitierten Erkenntnise vom 22. November 1982 und vomm 20. Juni 1986). Die Einholung des Gutachtens geschah jedoch, wie bereits dargelegt im Interesse beider Streitteile.

Der Beschwerdeführer hätte daher im Sinne seines Eventualbegehrens lediglich zum Ersatz der Hälfte der aus Amtsgeldern vorgeschossenen Sachverständigengebühren herangezogen werden dürfen. Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das übrige, in hohem Maße unsachliche und polemische Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen werden mußte.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989170164.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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