TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/2 90/19/0129

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Veröffentlicht am 02.04.1990
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65004 Jagd Wild Oberösterreich;
80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §80 Abs1;
ForstG 1975 §80 Abs2;
JagdG OÖ 1964 §64;
JagdRallg;

Betreff

1. FL und 2. ML gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 28. Juli 1988, Zl. Agrar-410003-1012-I/Ko-1988, betreffend Maßnahmen zur Vorkehrung von Wildschäden (mitbeteiligte Partei: Jagdgesellschaft R)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.300,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.350,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde - u.a. - der mitbeteiligten Partei aufgetragen, Vorkehrungen zum Schutz vor Wildschäden in den Kulturen der Beschwerdeführer, und zwar auf einer bestimmten Teilfläche durch Einzelschutz der zur Ergänzung bzw. Nachbesserung eingebrachten Pflanzen und auf zwei weiteren bestimmten Teilflächen durch Errichtung eines im Spruch näher umschriebenen Wildzaunes, bis 1. Oktober 1988 zu treffen und deren Wirksamkeit zu erhalten. Hinsichtlich bestimmter weiterer Teilflächen hielt die belangte Behörde die Vorschreibung von Schutzmaßnahmen nicht für erforderlich. Bei diesen Flächen handelt es sich nach der Begründung des angefochtenen Bescheides dem Gutachten des im Verwaltungsverfahren beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen zufolge um "gesicherte Kulturen", in denen negative Einwirkungen des Wildes durch Verbiß, Verfegen oder Schälen in größerem Ausmaß nicht mehr zu erwarten seien. Im Gutachten des Amtssachverständigen vom 9. Oktober 1987 wurden diese Flächen wie folgt beschrieben:

"I. Bereich oberhalb des oberen (östlichen) Forststraßenastes:

    .......

    A. ca. 0,5 ha große Fläche entlang der östlichen

Besitzgrenze, die mit Laubholz - Naturverjüngung (vor allem aus

Esche) und eingebrachten Blaufichten bestockt ist. Diese Fläche

ist als gesichert im Sinne des Forstgesetzes 1975 anzusehen.

    ........

II. Bereich zwischen dem oberen und dem unteren Forststraßenast:

Diese insgesamt etwa 2,0 ha große Teilfläche ist (bis auf einen Teil von ca. 50 m x 15 m entlang der unteren Forststraße = Unterfläche F) als gesichert im Sinne des Forstgesetzes 1975 anzusehen. Der Bestand wird überwiegend von Blaufichten, einigen Douglasien und Thujen, sowie einigen natürlich aufgekommenen Laubbaumarten gebildet. Die Bäume sind auf dieser Teilfläche in einer nach forstwirtschaftlichen Erfordernissen ausreichenden Anzahl vorhanden, sie sind über drei Wachstumsperioden angewachsen und erscheinen in ihrer weiteren Entwicklung nicht gefährdet."

In einem Ergänzungsgutachten vom 26. Jänner 1988 führte der Amtssachverständige aus, daß der forstliche Bewuchs im letztgenannten Bereich hinsichtlich Baumartenzusammensetzung, Alter und Pflanzverband uneinheitlich sei. Der südliche Teil (ca. 15-jährig) sei überwiegend mit Fichten und Lärchen bestockt, der nördliche Teil (ca. 8 - 10-jährig) sei mit Blaufichten, einigen Fichten und Douglasien sowie natürlich aufgekommenen Laubbäumen bestockt. Etwa 2/3 dieses Bereiches weise eine sehr dichte Bestockung auf, während auf ca. 1/3 dieser Teilfläche der Pflanzverband locker, stellenweise sogar lückig sei. Diese Lücken weisen eine Größe und Verteilung über die Fläche auf, daß angenommen werden könne, daß - insbesondere bei Nachbesserung mit einzelnen Pflanzen - sie sich mit der weiteren Bestandesentwicklung schlössen.

Gegen den angefochtenen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Mit Beschluß vom 12. Dezember 1988, B 1685/88, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab, mit Beschluß vom 16. Februar 1989 trat er sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfen die Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften insoweit, als der mitbeteiligten Partei nicht auch die Vorkehrung von Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Wildschäden auf den als "gesicherte Kulturen" bezeichneten Teilflächen vorgeschrieben wurde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie darauf hinwies, daß die Verwaltungsakten im Verfahren über die beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 88/03/0193 protokollierte Beschwerde der mitbeteiligten Partei vorgelegt wurden. Auch die mitbeteiligte Partei brachte eine Gegenschrift ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Oberösterreichischen Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 32/1964, lauten:

"§ 64

Abhalten des Wildes; Wildschadenverhütung.

(1) Der Grundbesitzer und der Jagdausübungsberechtigte, dieser jedoch nur im Einvernehmen mit dem Grundbesitzer, sind befugt, das Wild von den Kulturen durch Schutzmaßnahmen abzuhalten und zu diesem Zwecke Zäune, Gitter, Mauern und dergleichen zu errichten (Flächenschutz) oder einen Einzelpflanzenschutz durch geeignete Schutzmittel durchzuführen.

(2) Erleidet ein landwirtschaftlicher Betrieb durch Wildschäden an den Kulturen laufend schwere Einbußen am Ertrag, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde über Antrag des Geschädigten oder der Bezirksbauernkammer nach Anhören des Bezirksjagdbeirates den Jagdausübungsberechtigten zu verhalten, die notwendigen Schutzmaßnahmen (Abs. 1) vorzukehren oder den Wildstand zu vermindern (§ 49 Abs. 2).

(3) Die Jagdausübung und die Wildhege haben so zu erfolgen, daß die Erhaltung des Waldes und seiner Wohlfahrtswirkung für die Allgemeinheit nicht gefährdet wird.

(4) Eine Gefährdung im Sinne des Abs. 3 liegt vor, wenn die Einwirkungen des Wildes durch Verbiß, Verfegen oder Schälen verursachen, daß

a) in den Beständen Blößen entstehen oder auf größerer Fläche die gesunde Bestandesentwicklung unmöglich ist; oder

b) die Aufforstung oder Naturverjüngung auf aufforstungsbedürftigen Flächen innerhalb der sich aus den forstrechtlichen Bestimmungen ergebenden Fristen nicht gesichert ist; oder

c) die Aufforstung bei Neubewaldungen innerhalb einer nach standortlichen Gegebenheiten angemessenen Frist nicht gesichert ist; oder

d) Naturverjüngungen in Naturverjüngungsbeständen nicht aufkommen.

(5) Liegt eine Gefährdung des Waldes im Sinne des Abs. 4 vor, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde, und zwar unter Mitbeteiligung ihres forsttechnischen Dienstes, sinngemäß nach den Bestimmungen des Abs. 2 vorzugehen.

........."

Die Beschwerdeführer bringen im wesentlichen vor, daß sie die gegenständliche Liegenschaft im Frühjahr 1978 unter ausschließlicher Verwendung von im Anhang zum Forstgesetz 1975 verzeichneten Bäumen aufgeforstet hätten. Die von ihnen gesetzten Blaufichten seien nur als "Vorkultur" gedacht gewesen. Die abwechselnd mit ihnen gepflanzten "bestandbildenden Holzgewächse" seien zur Gänze verbissen worden, die Blaufichten seien übriggeblieben. Es sei unbedingt notwendig, die total verbissenen "bestandbildenden Holzgewächse" nachzubessern. Ein Aufkommen der Nachbesserung sei aber nur bei gleichzeitigem Schutz möglich. Da die sachverhaltsmäßige Feststellung fehle, daß vor dem Verbiß "bestandbildende Holzgewächse" vorhanden gewesen seien, die - nach Entnahme der Blaufichten im Rahmen der Vorkultur - übrigbleiben sollten, leide der angefochtene Bescheid an einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Ferner lasse die Begründung der belangten Behörde jeden Hinweis vermissen, "warum die Blaufichten, die als Vorkultur gedacht waren, nunmehr plötzlich die bestandbildenden Holzgewächse sein sollten und nicht diejenigen Holzgewächse, die vormals vorhanden waren". Die belangte Behörde gehe wohl davon aus, "daß jene Hölzer, die eben nicht mehr vorhanden sind, auch nicht mehr schützenswert sind", ohne diese Ansicht jedoch zu begründen. Die Beschwerdeführer seien berechtigt, die "Vorkulturen" im Rahmen der Waldbewirtschaftung zu entnehmen, soweit die Bestimmungen des Forstgesetzes über das pflegliche Ausmaß derartiger Einzelentnahmen streng beachtet würden. Wenn daher die Blaufichten im Rahmen der "Vorkultur" zulässigerweise entnommen würden, bleibe eine Blöße zurück, die durch die Einwirkung des Wildes entstanden sei, weil dieses die "bestandbildenden Holzgewächse" total verbissen habe. Die als "gesicherte Kultur" bezeichneten Aufforstungsflächen seien daher keineswegs als gesichert anzusehen, "sondern als Blöße". Es sei nicht auf "Ersatzpflanzen" abzustellen, sondern darauf, ob die "bestandbildenden Holzgewächse", die im Rahmen der Aufforstung gesetzt worden seien, vorhanden und als gesichert anzusehen seien.

Mit diesen Ausführungen vermögen die Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Wenn die Beschwerdeführer behaupten, daß Blaufichten nicht zur Bildung eines Bestandes geeignet seien, so setzen sie sich in Widerspruch zu ihrem eigenen, vom Amtssachverständigen bestätigten Vorbringen, wonach Blaufichten zu den im Anhang zum Forstgesetz 1975 angeführten Holzgewächsen gehören. Da Holzgewächse dieser Art für die forstliche Nutzung geeignet und bestandesbildend sind, ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die Beurteilung der Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen darauf bezog, ob die derzeit vorhandenen, vorwiegend durch Blaufichten gebildeten Bestände durch Einwirkungen des Wildes gefährdet sind oder nicht. Daß eine derartige Gefährdung dieser Bestände nicht vorliegt, wird auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Ob die Blaufichten als "Vorkultur" gepflanzt wurden, ist für die im Beschwerdefall strittige Frage der Vorschreibung von Schutzmaßnahmen nicht von Bedeutung. Die Beschwerdeführer räumen selbst ein, daß Einzelstammentnahmen in diesen Beständen nur im Rahmen des pfleglichen Ausmaßes (§ 80 Abs. 1 und 2 Forstgesetz 1975) erfolgen können. Eine Annahme, daß es bei einer derartigen Nutzung der in Rede stehenden Bestände ohne Vorkehrung von Schutzmaßnahmen zu einer Gefährdung des Waldes im Sinne des § 64 Abs. 4 leg. cit. kommen könnte, entbehrt jeder Grundlage. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Ansehung der von ihr als "gesicherte Kulturen" bezeichneten Flächen die gesetzlichen Voraussetzungen zur Vorschreibung von Schutzmaßnahmen zur Wildschadensverhütung nicht als erfüllt erachtete.

Soweit die Beschwerdeführer auf ihr Vorbringen in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde verweisen, ist ihnen zu entgegnen, daß sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer Antragstellung gemäß Art. 140 B-VG nicht veranlaßt sieht, weil der Verfassungsgerichtshof die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Normbedenken offenbar nicht geteilt hat und der Verwaltungsgerichtshof von sich aus keine (zusätzlichen) Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen hegt.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der von den Beschwerdeführern beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr. 206/1989.

Schlagworte

Jagdschaden Wildschaden Schadensverhütung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190129.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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