TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/3 89/11/0236

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Veröffentlicht am 03.04.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §32 Abs2;
AVG §73 Abs2;
ZustG §7;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Salzburg vom 28. August 1989, Zl. 9/01-31871/ -1989, betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung in einer Angelegenheit des Kraftfahrwesens

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.260,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 28. April 1989 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die ihm für Kraftfahrzeuge der Gruppe B erteilte Lenkerberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit "vorübergehend auf die Dauer von 9 Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides", entzogen. Zugleich wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 "hinsichtlich einer allenfalls gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt". Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, und zwar ausdrücklich auch gegen den erstinstanzlichen Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 28. August 1989 wurde "über die gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung fristgerecht eingebrachte Berufung vor Entscheidung in der Hauptsache (wegen Entziehung der Lenkerberechtigung)" dahingehend entschieden, daß der Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 keine Folge gegeben "und der bekämpfte Bescheid" (vollständig: insoweit) "bestätigt" werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht u.a. geltend, daß die belangte Behörde zur Entscheidung über die Berufung im Hinblick auf einen von ihm an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr gestellten Devolutionsantrag nicht mehr zuständig gewesen sei. Er ist damit im Recht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht dann, wenn die Voraussetzungen für einen Devolutionsantrag vorliegen, also der Bescheid nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erlassen worden ist, mit dem Einlangen des Antrages bei der Oberbehörde die Zuständigkeit zur Entscheidung über den zugrundeliegenden Antrag an diese Behörde über; ein nach diesem Zeitpunkt durch die Unterbehörde erlassener Bescheid ist infolge Unzuständigkeit dieser Behörde, unabhängig davon, ob sie tatsächlich schuldhaft säumig im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG 1950 war, rechtswidrig, es sei denn, der Devolutionsantrag wäre nach dieser Gesetzesstelle bereits vor der Bescheiderlassung rechtskräftig abgewiesen worden. Wird ein Devolutionsantrag von der Oberbehörde mangels eines Verschuldens der Unterbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG 1950 rechtskräftig abgewiesen, so fällt die Entscheidungszuständigkeit wieder an diese Behörde zurück (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1989, Zl. 88/11/0241, und die dort zitierte weitere Judikatur).

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist davon auszugehen, daß der mit Schriftsatz vom 18. August 1989 gestellte Devolutionsantrag des Beschwerdeführers zulässig war, langte doch seine Berufung gegen den Bescheid vom 28. April 1989 bei der Erstbehörde am 12. Mai 1989 ein und war bei Stellung des Devolutionsantrages die dreimonatige Frist des § 75 Abs. 5 KFG 1967, die im gegenständlichen, eine Entziehung der Lenkerberechtigung betreffenden Verfahren zu beachten war, bereits abgelaufen. Dies hatte zur Folge, daß der belangten Behörde ab dem Einlangen des (keine Einschränkung hinsichtlich des Umfanges enthaltenden) Devolutionsantrages beim Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr bis zur Abweisung des Devolutionsantrages (mangels eines Verschuldens der belangten Behörde an der Verzögerung) mit dessen Bescheid vom 9. Oktober 1989 die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers zur Gänze genommen war. Wie die vom Verwaltungsgerichtshof angestellten Ermittlungen ergeben haben, fiel aber die Erlassung des angefochtenen Bescheides schon in diesen Zeitraum. Der angefochtene Bescheid ist nämlich

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laut Auskunft des Zustellpostamtes Zell am See, der die belangte Behörde nicht entgegengetreten ist und die im wesentlichen auch mit der diesbezüglich aufgestellten Behauptung des Beschwerdeführers übereinstimmt - an den Beschwerdeführer am 31. August 1989 zwischen 10.00 und 10.30 Uhr zugestellt und damit die Erlassung dieses Bescheides bewirkt worden, während der Devolutionsantrag bereits am selben Tag zwischen 8.00 und 9.00 Uhr beim Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr eingelangt war; letzteres hat der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr mit dem Bemerken mitgeteilt, daß "das Bundesministerium zwar über keinen Uhrzeitstempel verfügt", es sich aber "um eine ReKo-Sendung handelt, deren Zustellung durch die Post mit obiger Genauigkeit zurückverfolgt werden kann". Davon, daß

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wie die belangte Behörde in der Gegenschrift meint - "im gegenständlichen Fall der Zeitpunkt der Zustellung des Berufungsbescheides und des Einlangens des Devolutionsantrages beim Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (31. August 1989) offensichtlich zusammenfallen", worauf ihre Ansicht gegründet wurde, "daß auf Grund des obigen Sachverhalts die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des Berufungsbescheides nicht von vornherein von der Hand zu weisen ist", kann daher keine Rede sein. Die Bestimmung des § 32 Abs. 2 AVG 1950 kommt, da es sich hiebei nicht um die Berechnung einer Frist handelt, hier nicht zum Tragen, weshalb weder in Ansehung der Feststellung, in welchem Zeitpunkt der angefochtene Bescheid als erlassen galt, noch hinsichtlich der Beurteilung der Frage, wann der Devolutionsantrag beim Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr eingelangt ist, der Ablauf des betreffenden Tages maßgebend war; demgegenüber liegt ein Fall vor, in dem an den genauen Zeitpunkt der Zustellung prozessuale Rechtsfolgen geknüpft werden (siehe Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht, Anmerkung 3 zu § 7 Zustellgesetz). Wie die belangte Behörde ebenfalls in der Gegenschrift unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1981, Zl. 3408/78, und vom 17. Mai 1983, Zlen. 83/05/0004, 83/05/0005, richtig erkannt hat, ist ohne Bedeutung, daß schon vor dem Übergang der Entscheidungspflicht der Bescheidentwurf durch die Unterschrift des betreffenden Organs der belangten Behörde genehmigt und daß der belangten Behörde der Umstand, daß der Beschwerdeführer die Oberbehörde angerufen hat, erst nachträglich bekannt wurde.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war. Hinsichtlich des Fehlens des (vom Beschwerdeführer angenommenen) normativen Charakters der in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen "Verständigung", daß aus dem dort näher genannten Grund "die Fällung einer Berufungsentscheidung in der Hauptsache gemäß § 38 AVG 1950 bis zum rechtskräftigen Abschluß des betreffenden Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt" werde, wird allerdings gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1989, Zl. 88/11/0237, hingewiesen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989110236.X00

Im RIS seit

03.04.1990

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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