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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
N gegen Wiener Landesregierung vom 18. Jänner 1989, Zl. MA 61/IV-Sch 78/86, betreffend Staatsbürgerschaft
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.580,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Ansuchen der am 24. April 1956 in Moskau, UdSSR, geborenen, in Wien, wohnhaften Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen der Sowjetunion, vom 11. März 1988 um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 und 8 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 BGBl. Nr. 311 (StbG) ab.
In der Begründung ihres Bescheides ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:
Die Beschwerdeführerin habe seit Februar 1985 ununterbrochen ihren ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik Österreich. Sie habe am 19. März 1984 in Moskau mit dem österreichischen Staatsbürger K, geboren am 8. August 1948 in Wien, die Ehe geschlossen und sei derzeit Alleingesellschafterin der T-Handelsgesellschaft m.b.H., die im Standort Wien, das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO, beschränkt auf den Ein-, Aus- und Durchfuhrhandel, betreibe.
Nach Wiedergabe des § 11 a StbG und des § 10 Abs. 1 Z. 6 und 8 leg. cit. wies die belangte Behörde darauf hin, daß die Bundespolizeidirektion Wien, Staatspolizeiliches Büro, mit Schreiben vom 2. Oktober 1986 gegen die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an die Beschwerdeführerin in sicherheitspolizeilicher Hinsicht Bedenken geltend gemacht habe. Ferner habe das Bundesministerium für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, in einer Stellungnahme vom 4. Dezember 1986 zum Ausdruck gebracht, das bisherige Verhalten der Beschwerdeführerin würde keine Gewähr für ihre bejahende Einstellung zur Republik Österreich bieten; die Beschwerdeführerin stünde mit fremden Staaten in Beziehungen, die die Sicherheit und das Ansehen der Republik Österreich schädigen könnten. Am 28. April 1988 habe die Bundespolizeidirektion Wien, Staatspolizeiliches Büro, mitgeteilt, die sicherheitspolizeilichen Bedenken gegen die Verleihung der Staatsbürgerschaft an die Beschwerdeführerin aufrecht zu halten.
Der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin habe betreffend die zitierten Stellungnahmen der Sicherheitsbehörden um Akteneinsicht ersucht, die erwähnten Behörden hätten in ihren Schreiben jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Berichte gemäß § 17 Abs. 3 AVG 1950 von der Akteneinsicht auszunehmen wären, welcher Ansicht sich die belangte Behörde angeschlossen habe. Da die von den Sicherheitsbehörden vorgebrachten Bedenken gegen die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an die Beschwerdeführerin auf Grund ihres Gesamtverhaltens durchaus angebracht seien, erachtete die belangte Behörde die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verleihung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 und 8 StbG für nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten "auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zufolge Erfüllung der Bedingungen des § 11 a StbG und Gewährung des Parteiengehörs im vorangegangenen Verwaltungsverfahren (§ 45 Abs. 3 AVG) in Verbindung mit dem Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG)" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 11 a StbG bestimmt:
"Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn
1.
sein Ehegatte Staatsbürger ist,
2.
die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,
3.
er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist und
4. a)
die Ehe seit mindestens einem Jahr aufrecht ist und er seinen ordentlichen Wohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Republik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht oder
b) die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht und sein Ehegatte seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen Staatsbürger ist.
§ 10 Abs. 1 leg. cit. bestimmt auszugsweise:
"Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werde,
wenn ...
6.
er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet;
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989010060.X00Im RIS seit
04.04.1990Zuletzt aktualisiert am
24.03.2009