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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
A u. B gegen Tiroler Landesregierung vom 27. Februar 1989, Zl. Ia-8330/5-1989, betreffend Beibehaltung der Staatsbürgerschaft
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Ansuchen der beiden Beschwerdeführer um Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft im Falle des Erwerbes der "US-Staatsbürgerschaft" gemäß § 28 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), keine Folge.
Sie ging dabei auf Grund des Vorbringens der Erstbeschwerdeführerin von folgendem Sachverhalt aus:
Die Erstbeschwerdeführerin sei am 11. April 1962 in Innsbruck geboren worden und besitze von Geburt an die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie habe mit Eingabe vom 9. September 1988 um die Erteilung der Bewilligung zur Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall des Erwerbes der US-Staatsbürgerschaft angesucht, und zwar auch für ihren mj. Sohn, den am 29. Mai 1987 in Rum geborenen Zweitbeschwerdeführer. Die Erstbeschwerdeführerin habe geltend gemacht, in Österreich Medizin zu studieren und die Absicht zu haben, ihre Ausbildung in den Vereinigten Staaten zu vervollständigen. Dazu benötige sie, wie auch der Zweitbeschwerdeführer, die amerikanische Bundesbürgerschaft, bei deren Erwerb der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft eintrete, wodurch die beiden Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die alte Heimat "schlechter gestellt" sein würden. Die Tätigkeit der Erstbeschwerdeführerin würde von der Universität Innsbruck unterstützt. Der Erstbeschwerdeführerin würde nach Abschluß des Medizinstudiums und nach Beendigung ihrer medizinischen Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Fertilisation und Endokrinologie in den USA die Möglichkeit offen stehen, die gesammelten Erfahrungen ihrem Heimatland Österreich zur Verfügung zu stellen. Die Familie der Erstbeschwerdeführerin habe ihren ständigen Aufenthalt und den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen in Österreich.
Rechtlich vertrat die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 28 StbG die Auffassung, bei den Tätigkeiten, die die Erstbeschwerdeführerin angeführt habe, handle es sich um solche, die im Hinblick auf die große Anzahl von Absolventen der medizinischen Fakultät "auch durch andere Bewerber ebenso ersetzt werden könnten", die über ähnliche Erfahrungen wie die Erstbeschwerdeführerin bzw. über gleichwertige Fachkenntnisse auf dem Gebiete der Medizin verfügten. Hinsichtlich der Berücksichtigung familiärer Umstände handle es sich um höchst persönliche Motive, die jeden betreffen könnten. Die von der Antragstellerin vorgebrachten Gründe könnten das nach § 28 StbG geforderte Interesse der Republik an der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft daher nicht begründen. Außerdem solle die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft im Falle des Erwerbs einer fremden Staatsangehörigkeit insbesondere wegen der Schwierigkeiten, die sich aus Doppelstaatsbürgerschaften ergeben, auf ausgesprochene Ausnahmsfälle beschränkt bleiben. Hinsichtlich des mj. Zweitbeschwerdeführers betonte die belangte Behörde, daß in seinem Fall noch viel weniger als bei der Erstbeschwerdeführerin von zu erwartenden Leistungen oder von einem besonders berücksichtigungswürdigen Grunde im Interesse der Republik gesprochen werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten auf "rechtmäßige Anwendung des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 sowie des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 verletzt; insbesondere in ihrem Recht auf Beibehaltung der Staatsbürgerschaft im Falle des Erwerbes der US-Staatsangehörigkeit gemäß § 28 StbG".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 28 Abs. 1 StbG lautet:
"(1) Einem Staatsbürger ist für den Fall des Erwerbs einer fremden Staatsangehörigkeit (§ 27) die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft zu bewilligen, wenn
1. sie wegen der von ihm bereits erbrachten oder von ihm noch zu erwartenden Leistungen oder aus einem besonders berücksichtigungswürdigen Grunde im Interesse der Republik liegt;
2. der fremde Staat, dessen Staatsangehörigkeit er anstrebt, der Beibehaltung zustimmt, sofern eine solche Zustimmung in zwischenstaatlichen Verträgen vorgesehen ist, und
3. die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 4 sowie 6 und 8 sinngemäß erfüllt sind."
§ 29 leg. cit. lautet:
"(1) Verliert ein Staatsbürger nach § 27 die Staatsbürgerschaft, so erstreckt sich der Verlust auf
1.
seine ehelichen Kinder,
2.
seine Wahlkinder,
sofern sie minderjährig und ledig sind und ihm von Rechts wegen in die fremde Staatsangehörigkeit folgen oder folgen würden, wenn sie diese nicht bereits besäßen, es sei denn, der andere Elternteil (Wahlerternteil) ist weiterhin Staatsbürger. § 27 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Der Verlust erstreckt sich auch auf die minderjährigen ledigen unehelichen Kinder des Staatsbürgers, die ihm von Rechts wegen in die fremde Staatsangehörigkeit folgen, wenn deren gesetzlicher Vertreter dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit vorher ausdrücklich zugestimmt hat, auf die unehelichen Kinder des Mannes jedoch nur, wenn seine Vaterschaft festgestellt oder anerkannt ist und ihm die Pflege und Erziehung der Kinder zustehen. § 27 Abs. 2 letzter Satz und sinngemäß Abs. 3 ist anzuwenden."
§ 10 Abs. 4 StbG bestimmt:
"Die Voraussetzungen des Abs. 1 Z. 1 und 7 sowie des Abs. 2 entfallen, wenn die Bundesregierung bestätigt, daß die Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen der vom Fremden bereits erbrachten oder von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen, insbesondere auf wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder sportlichen Gebieten, im Interesse der Republik liegt.
Zunächst wenden sich die Beschwerdeführer dagegen, daß die belangte Behörde nicht kundgetan habe, ob sie überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen und auch nicht begründet habe, aus welchen Erwägungen sie das ihr eingeräumte Ermessen zum Nachteil der Beschwerdeführer gebraucht habe.
Dem ist zunächst entgegen zu halten, daß die Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft gemäß § 28 StbG kein Ermessensakt ist (vgl. Goldemund-Ringhofer-Theuer, Das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht 133, Anm. 2 zu § 28 StbG), sondern daß vielmehr bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der zitierten Gesetzesstelle ein Rechtsanspruch auf die Bewilligung der Beibehaltung besteht. Die Beschwerdeführer verwechseln bei ihrer Argumentation offenbar den Begriff des Ermessens mit der Frage der Auslegung der einzelnen, vom Gesetz geforderten Tatbestandsmerkmale und mit der Begründung des Vorliegens oder Nichtvorliegens derselben im Einzelfall.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde hinreichend begründet, daß die von der Erstbeschwerdeführerin für die angestrebte Beibehaltung der Staatsbürgerschaft ins Treffen geführte Argumente das von § 28 leg. cit. geforderte Interesse der Republik nicht begründen. Damit hat sich die belangte Behörde auf dem Boden der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bewegt, der in drei diesbezüglich sehr ähnlich gelagerten Fällen erkannte, daß ein Beibehaltungswerber, der sich darauf stützt, daß er nach Abschluß eines akademischen Studiums, durch eine einschlägige Berufstätigkeit im Ausland Erfahrungen sammeln werde, die er dann später in Österreich nutzen könnte, damit noch keine Umstände dargetan hat, die eine Beibehaltung der Staatsbürgerschaft als im Interesse der Republik gelegen erscheinen lassen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1987, Zlen. 86/01/0031, 0032 und 0036). Da die Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens des Interesses der Republik gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 StbG keineswegs zwingend von einer Bestätigung der Bundesregierung, wie sie in § 10 Abs. 4 leg. cit. für den dort besonders geregelten Verleihungsfall vorgesehen ist, abhängt, hat die belangte Behörde sohin ihren Bescheid nicht mit der von der Beschwerde gerügten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.
Betreffend den Zweitbeschwerdeführer argumentiert die Beschwerde dahin, daß dieser ohnehin schon die Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten (kraft Geburt) besitze und daß ihm keinesfalls die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt werden könne. Insoferne verkennt die Beschwerde den Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides offenbar vollkommen, weil es dort gar nicht darum geht, dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Dazu kommt, daß eine Entscheidung über die Frage der Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft (wie sie ja ausdrücklich beantragt war) auch betreffend den Zweitbeschwerdeführer ungeachtet des Umstandes, daß er allenfalls bereits die Staatsangehörigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika besitzt (wobei es sich im übrigen um eine unbeachtliche und unzulässige Neuerung handelt), mit Rücksicht auf § 29 StbG geboten war.
Was den Hinweis der Beschwerde auf eine Nichtanwendung des § 28 Abs. 1 Z. 2 StbG durch die belangte Behörde anlangt, ist darauf zu verweisen, daß sich die belangte Behörde angesichts der von ihr mit Recht vorgenommenen Verneinung der ersten von drei kumulativ erforderlichen Beibehaltungsvoraussetzungen mit der Frage der Zustimmung der Vereinigten Staaten zur Beibehaltung der Staatsbürgerschaft im vorliegen Fall gar nicht mehr zu befassen hatte.
Insoferne die Beschwerde der belangten Behörde mangelhafte Sachverhaltsermittlung und mangelhafte Anleitung der Beschwerdeführer vorwirft, ist darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde einerseits ohnehin von allen von der Erstbeschwerdeführerin vorgebrachten Umständen ausgegangen ist und daß es andererseits nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Beibehaltungswerbers ist, jene Umstände darzutun, die besondere Gründe dafür darstellen, daß die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft im Interesse der Republik gelegen ist (vgl. dazu die bereits oben zitierte hg. Erkenntnisse). Es ist nicht Aufgabe der belangten Behörde, einen Beibehaltungswerber betreffend sein Vorbringen derart anzuleiten, daß dieses von Erfolg gekrönt wird. Im übrigen hat die belangte Behörde ohnehin mit ihrem Schreiben vom 26. September 1988 die Erstbeschwerdeführerin unter Vorhalt des maßgeblichen Gesetzestextes aufgefordert, die gemachten Angaben zu präzisieren und darzulegen, womit ein Interesse der Republik Österreich an der beantragten Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft durch die Erstbeschwerdeführerin und ihren Sohn begründet werden könnte, damit vom Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit zurückgetreten werden könne. Die belangte Behörde hat dabei auch betont, daß diese Angaben deshalb wichtig seien, weil die Voraussetzungen für die Beibehaltungsbewilligung nach Z. 1 der angeführten Gesetzesstelle (§ 28 StbG) zu prüfen seien. Zusätzlich hat die belangte Behörde dann mit Schreiben vom 10. November 1988 die Vorlage von Unterlagen urgiert und mit Schreiben vom 12. Jänner 1989 der Erstbeschwerdeführerin bekannt gegeben, daß aus den vorgelegten Unterlagen kein Interesse der Republik an der beantragten Beibehaltung abgeleitet werden könne und sie diesbezüglich ausdrücklich zu einer weiteren Stellunganhme aufgefordert. Ein Mehr an behördlicher Belehrung kann keinesfalls gefordert werden.
Was die Behauptung der Beschwerde anlangt, der angefochtene Bescheid sei von einem nicht approbationsbefugten Vertreter der belangten Behörde unterfertigt worden, ist darauf zu verweisen, daß zur Genehmigung einer Erledigung derjenige berufen ist, der nach den Organisationsvorschriften den behördlichen Willen zu bilden hat bzw. das von ihm ermächtigte Organ (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens3 unter Nr. 8 zu § 28 AVG referierte hg. Judikatur). Nach Mitteilung der belangten Behörde hat aber der den angefochtenen Bescheid unterfertigende Beamte die erforderliche Genehmigung besessen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
Schlagworte
Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages ManuduktionspflichtUnterschrift des GenehmigendenUnterschrift GenehmigungsbefugnisErmessen VwRallg8Behördenbezeichnung BehördenorganisationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989010119.X00Im RIS seit
04.04.1990Zuletzt aktualisiert am
14.07.2016