TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/5 90/09/0009

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.04.1990
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
68/01 Behinderteneinstellung;

Norm

AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
BEinstG §19a;
B-VG Art106;
B-VG Art83 Abs2;

Betreff

N gegen Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. November 1989, Zl. SV-2096/10-1989, betreffend Zustimmung zu einer Kündigung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Firma R)

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer gehört dem Kreis der nach dem Behinderteneinstellungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1970 in der Fassung nach der Novelle BGBl. Nr. 721/1988 (BEinstG), begünstigten Behinderten an. Er ist bei der mitbeteiligten Partei (MB) beschäftigt. Diese hat nach den Bestimmungen des BEinstG um die verwaltungsbehördliche Zustimmung zur Kündigung des Beschwerdeführers angesucht; diesem Ersuchen wurde durch den Behindertenausschuß beim Landesinvalidenamt für Oberösterreich als Behörde erster Instanz nicht stattgegeben.

Gegen diesen Bescheid hat die MB Berufung erhoben. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dieser Berufung teilweise Folge gegeben, und zwar dahin, daß zwar nicht die nachträgliche Zustimmung zur bereits erfolgten Kündigung, wohl aber die Zustimmung zu einer künftigen Kündigung des Beschwerdeführers erteilt wurde. Dieser nunmehr angefochtene Bescheid wurde auf Papier mit dem Vordruck "Amt der O.Ö. Landesregierung" geschrieben und mit "Im Auftrag Dr. A" gefertigt. Einen Hinweis, wonach das Amt der oberösterreichischen Landesregierung diesen Bescheid nur als Hilfsapparat des Landeshauptmannes oder der Landesregierung erlassen hätte, enthält der angefochtene Bescheid nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer u.a. Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend macht, weil das Amt der Landesregierung im Bereich des BEinstG keine Zuständigkeit habe, der angefochtene Bescheid aber keinen Hinweis darauf enthalte, daß etwa der Landeshauptmann (gemäß § 19a BEinstG) diese Entscheidung getroffen hätte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde das Vorverfahren eingeleitet und hat das als belangte Behörde bezeichnete Amt der oberösterreichischen Landesregierung zur Aktenvorlage und zur Erstattung einer Gegenschrift aufgefordert.

Auf Grund dieser Aufforderung hat der Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt und zur behaupteten Unzuständigkeit ausführt, daß es auf Grund des § 19a BEinstG völlig unzweifelhaft sei, daß den angefochtenen Bescheid der LH erlassen habe; bei der Unterlassung entsprechender Hinweise im angefochtenen Bescheid handle es sich um ein Versehen der Behörde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Nach der Aktenlage ist der Beschwerdeführer schon mit seinem in der Beschwerde zur behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde erstatteten Vorbringen im Recht.

Der angefochtene Bescheid enthält weder als Überschrift noch im Kopf noch in der Ausfertigungsklausel einen Hinweis darauf, daß er vom LH stammen würde. Im Text der Entscheidung ist ausschließlich von der "Spruchbehörde" die Rede. Die einzigen Hinweise auf die diesen Bescheid erlassende Behörde bestehen in dem Aufdruck "Amt der O.Ö. Landesregierung" und in der Zitierung des § 19a BEinstG im Kopf des Bescheides. Während jedoch dieser Aufdruck eindeutig ist, läßt die Zitierung der genannten Gesetzesstelle nur die Vermutung zu, daß in Wahrheit im Namen des LH entschieden werden sollte.

Das Amt der Landesregierung wird grundsätzlich als Hilfsapparat - der Landesregierung bzw. in Angelenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung des Landeshauptmannes - tätig. Es kann aber auch von Gesetzes wegen als eigene behördliche Instanz berufen sein (siehe dazu Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, S. 342 und 345, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Dezember 1981, Slg. 9287). Trotz seiner überwiegenden Tätigkeit als bloßer Hilfsapparat anderer Behörden kommt daher dem Amt der Landesregierung grundsätzlich selbst Behördenqualität zu.

Gerade diese Vielfalt der Tätigkeits- und Zuständigkeitsbereiche der Ämter der Landesregierungen macht es erforderlich, daß bei der Ausfertigung von Bescheiden jeweils klar und unmißverständlich zum Ausdruck kommt, ob das Amt der Landesregierung nun als Hilfsapparat der Landesregierung oder des Landeshauptmannes oder aber als selbständige Behörde handelt. Die Entscheidung dieser Frage darf in keinem Fall dem Wohlwollen oder dem Spürsinn der durch den jeweiligen Bescheid Betroffenen überlassen werden. Die Einhaltung der Zuständigkeitsregeln steht in enger Nahebeziehung zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter und stellt damit eine rechtsstaatliche Forderung von grundlegender Bedeutung dar.

Der Verwaltungsgerichtshof kann sich daher der vom LH in seiner Gegenschrift vertretenen Auffassung nicht anschließen, wonach es genüge, daß die eingeschrittene Berufungsbehörde in Korrektur des äußeren Anscheins des jeweils angefochtenen Bescheides aus dem rechtlichen Zusammenhang erschlossen werden könne, in welchem dieser Bescheid erlassen wurde. Da der im vorliegenden Beschwerdefall angefochtene Bescheid somit nicht mit der nötigen Eindeutigkeit erkennen läßt, daß als "Spruchbehörde" jemand anderer als das "Amt der O.Ö. Landesregierung" eingeschritten ist, und dieses "Versehen" auch nicht etwa durch nachträgliche Berichtigung im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG 1950 korrigiert wurde, ist der angefochtene Bescheid, wie dies der Beschwerdeführer getan hat, dem Amt der oberösterreichischen Landesregierung zuzurechnen.

Es bedarf keiner weiteren Ausführungen darüber, daß dieser Behörde im Bereich des BEinstG keine Entscheidungskompetenz zukommt. Der angefochtene Bescheid war deshalb, ohne daß es des Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Behördenbezeichnung Behördenorganisation Zurechnung von Bescheiden Intimation Zurechnung von Organhandlungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990090009.X00

Im RIS seit

05.04.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten