Index
L66508 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §36;Betreff
HS gegen Landesagrarsenat beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 1. Juli 1985, Zl. LAS-210-178, betreffend Übertragung von Weiderechten (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft Netzen, vertreten durch den Obmann L in G).
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligte Agrargemeinschaft ist eine Körperschaft mit Rechtsfähigkeit und Sitz in X und besteht aus der Gesamtheit der Personen, denen - insgesamt 125 - Weiderechte am gemeinschaftlichen Eigentum zustehen. Aufgrund eines in der Nachlaßabhandlung nach der verstorbenen Mutter der Beschwerdeführerin geschlossenen Erbübereinkommens erhielt die Beschwerdeführerin aus dem Nachlaß 1 11/45 Anteile an der mitbeteiligten Partei.
Mit Bescheid vom 4. Februar 1985 versagte hierauf die Agrarbezirksbehörde Bregenz gemäß § 35 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes - FlVG, LGBl. Nr. 2/1979, in Verbindung mit § 4 der Satzung der Mitbeteiligten, dieser Übertragung die Bewilligung.
Mit Bescheid vom 1. Juli 1985 gab schließlich der Landesagrarsenat beim Amt der Vorarlberger Landesregierung der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 nicht Folge und stellte gemäß § 35 Abs. 1 FlVG fest, daß der bezeichnete Erwerb der Bestimmung des § 4 Abs. 3 der Satzung der Mitbeteiligten widerspreche. Begründend wurde dazu ausgeführt: In bezug auf den Erwerb von Weiderechten bestimme § 4 (Abs. 1) der - mit den agrarbehördlichen Bescheiden vom 4. Juli 1963 und vom 3. Juli 1980 genehmigten - Satzung, daß nur solche Personen, die in X den ordentlichen Wohnsitz hätten und eine Landwirtschaft betrieben sowie die Genossenschaft selbst Weiderechte erwerben könnten. Nach § 4 Abs. 3 der Satzung sei im Erbfall der Erwerb von Weiderechten durch Ehegatten, Nachkommen in gerader Linie und bis zum zweiten Grad der Seitenlinie unter Beachtung von Abs. 4 und 5 möglich, wenn die Erben in X wohnhaft seien oder in einer anderen Gemeinde des Montafons eine Landwirtschaft betrieben und Standesbürger seien. Andere, danach nicht zum Erwerb von Weiderechten berechtigte Erben hätten im Zuge des Abhandlungsverfahrens die Weiderechte unter Beachtung von § 4 Abs. 1, 2, 4 und 5 der Satzung zu veräußern. Die Beschwerdeführerin sei weder in X wohnhaft noch - laut ihren eigenen Angaben - Standesbürgerin und sie betreibe auch keine Landwirtschaft. Der Weiderechtserwerb stehe daher in Widerspruch zu der agrarbehördlich rechtskräftig genehmigten Satzung. Die Berufungsausführungen zielten im wesentlichen auf eine Änderung der nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht mehr zeitgemäßen Satzungsbestimmungen ab. Darin liege aber lediglich eine Anregung zu einer Satzungsänderung durch die Mitbeteiligte oder allenfalls zu einer aufsichtsbehördlichen Überprüfung der Satzung nach § 35 Abs. 3 FlVG. Nach der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung gegebenen Rechts- und Sachlage habe indessen der Berufung nicht Folge gegeben werden können.
Diesen Bescheid bekämpfte die Beschwerdeführerin zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 21. November 1985, B 591/85, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem Gerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, wobei sie sich nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht verletzt erachtet, daß dem bezeichneten Anteilsrechtserwerb von Todes wegen nicht die agrarbehördliche Bewilligung versagt werde.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die Mitbeteiligte nahm zu den Beschwerdeausführungen Stellung. Die Beschwerdeführerin erwiderte auf die Gegenschriften ihrerseits mit einer Gegenäußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde meint in ihrer Gegenschrift, mit dem angefochtenen Bescheid sei nicht eine Bewilligung für eine beabsichtigte Veräußerung versagt, sondern festgestellt worden, daß der in Rede stehende Erwerb dem § 4 Abs. 3 der Satzung der Mitbeteiligten widerspreche.
Mit dem angefochtenen Bescheid ist jedoch eine Änderung des erstinstanzlichen Bescheides, mit welchem spruchmäßig "die Übertragung der Weiderechte ... nicht bewilligt" worden ist, nicht vorgenommen worden. Eine solche ist weder spruchmäßig noch in der Begründung zum Ausdruck gebracht worden. Da einerseits der Berufung "keine Folge gegeben" und andererseits weder der erstinstanzliche Spruch in eine neue Fassung gebracht noch die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung in einer dem erstinstanzlichen Bescheid widersprechenden Weise formuliert wurde, läßt sich der Zusatz nur als eine auf dasselbe Ergebnis wie der erstinstanzliche Bescheidspruch abzielende, dieses klarstellende Ergänzung verstehen. Davon abgesehen, würde eine nicht auf eine Versagung der Bewilligung hinauslaufende (bloße) Feststellung jede rechtserhebliche Bedeutung insofern einbüßen, als ein den Erwerb nicht hindernder Widerspruch zur Satzung keine agrarbehördliche Feststellung rechtfertigen könnte; ein derartiges Ergebnis stünde indessen in Widerspruch zu § 5 der Satzung, dem zufolge die Behörde "über die beantragte Übertragung der Anteilsrechte" eine (mit Berufung anfechtbare) "Entscheidung" zu treffen hat, und zwar "gemäß den gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit der Satzung" (§ 5 Abs. 3).
Ist somit davon auszugehen, daß mit dem angefochtenen Bescheid die Nichtbewilligung der Übertragung von Weiderechten bestätigt wurde, bleibt zu untersuchen, ob die dahin gehende Entscheidung Rechtens war. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß im Beschwerdefall die Voraussetzungen, an welche die Satzung den Erwerb von Weiderechten knüpft, nicht vorlagen und dies auch von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt wird. Diese ist aber der Ansicht, daß die Satzung in verschiedener Hinsicht gegen das Flurverfassungsgesetz verstößt. Bevor in eine Erörterung dahin gehender Bedenken eingetreten werden konnte, war es geboten, die Frage zu beantworten, ob die Satzung der Mitbeteiligten Verordnungsqualität besitzt. Dies ist vom Verfassungsgerichtshof mit seinem den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung des § 4 Abs. 3 der Satzung der Mitbeteiligten zurückweisenden Beschluß vom 28. Februar 1990, V 214/88, verneint worden.
Die am 19. Mai 1963 von der Vollversammlung der Mitbeteiligten beschlossene Satzung - welche bereits den § 4 in der vorliegenden Fassung enthalten haben muß - ist mit dem - auch der verstorbenen Mutter der Beschwerdeführerin (T, X 79") zugestellten - rechtskräftigen Bescheid der Agrarbezirksbehörde Bregenz vom 4. Juli 1963 genehmigt worden. (In der Folge ist eine unter anderem den § 5 betreffende - von der Vollversammlung der Mitbeteiligten am 13. April 1980 einstimmig beschlossene - Satzungsänderung erfolgt, die mit dem nur der Mitbeteiligten zugestellten Bescheid derselben Behörde vom 3. Juli 1980 genehmigt wurde.)
Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin wäre in der rechtlichen Lage gewesen, den die Genehmigung der Satzung enthaltenden (Regulierungs-)Bescheid vom 4. Juli 1963 anzufechten (auf die Berufungsmöglichkeit wurde in der Rechtsmittelbelehrung jenes Bescheides hingewiesen). Dies ist nach Lage der Verwaltungsakten nicht geschehen und auch von keiner Seite behauptet worden; der besagte Bescheid ist daher auch der Beschwerdeführerin gegenüber rechtskräftig.
Ohne darauf einzugehen, ob und inwiefern die Agrarbehörden von sich aus zu einer Änderung der Satzung in der im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde bestehenden Fassung berechtigt wären - die Frage einer Satzungsänderung war nicht Gegenstand des mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verfahrens -, mußte die belangte Behörde jedenfalls auf der Grundlage der Satzung, an die sie durch die bescheidmäßige Genehmigung, solange diese aufrecht ist, gebunden war, bei der gegebenen Sachlage - wie geschehen - gegen den Erwerb der Weiderechte durch die Beschwerdeführerin entscheiden.
Unmaßgeblich ist im Beschwerdefall - anders als die Beschwerdeführerin meint -, ob ihre Rechtsvorgängerin bei der Beschlußfassung über die Satzung anwesend war, weil, selbst wenn dies erforderlich, aber nicht der Fall gewesen sein sollte, eine darin gelegene Rechtswidrigkeit nach eingetretener Rechtskraft der Genehmigung der Satzung nicht mehr geltend gemacht werden könnte.
Unerörtert bleiben konnte ferner, warum im angefochtenen Bescheid bei Wiedergabe der Bestimmung des § 4 Abs. 3 der Satzung zwar angeführt wurde, daß nicht zum Erwerb von Weiderechten berechtigte Erben "im Zuge des Abhandlungsverfahrens die Weiderechte unter Beachtung von Abs. 1, 2, 4 und 5 zu veräußern" haben, hingegen unerwähnt blieb, daß "widrigenfalls die Feilbietung der Weiderechte unter Beachtung dieser Bestimmungen zu veranlassen ist", wobei Weiderechte "wenn möglich mit ihrem bäuerlichen Anwesen verbunden bleiben" sollen.
Die nach allem Vorgesagten unbegründete Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1986070014.X00Im RIS seit
10.04.1990