TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/10 89/07/0138

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Veröffentlicht am 10.04.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §68 Abs1;
WRG 1959 §112 Abs1;
WRG 1959 §112 Abs2;
WRG 1959 §112;
WRG 1959 §27 Abs1 litf;

Betreff

Z-GesmbH gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 28. Juni 1989, Zl. 512.262/08-I5/89, betreffend Fristerstreckung in einem wasserrechtlichen Verfahren

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. April 1988 bewilligte der Landeshauptmann von Kärnten (LH) gemäß §§ 32 Abs. 2 lit. a, 99 Abs. 1 lit. c 105 und 111 Abs. 1 und 2 WRG 1959 unter bestimmten Bedingungen und Auflagen der Beschwerdeführerin und dem Reinhalteverband V (RHV) die betrieblichen Maßnahmen zur Abwassererfassung und Kreislaufschließung sowie die Anlagen des RHV zur Entsorgung der Abwässer der Beschwerdeführerin und der kommunalen Abwässer nach Maßgabe der vorgelegten Projekte sowie die Einleitung der gereinigten Abwässer bei A in die Drau nach folgendem Bauzeitplan:

" 1.Phase: Errichtung des Ableitungskanals durch den RHV, Beginn bis 31.12.1988, Inbetriebnahme bis 31.12.1991.

2.Phase: Errichtung der betrieblichen Reinigungsanlage durch die Z-GesmbH Baubeginn bis 31.12.1988, Inbetriebnahme bis 31.12.1991.

3.Phase: Errichtung der biologischen Kläranlage (Restreinigung) durch RHV; Projektsvorlage bis 31.12.1992."

Punkt 2 der Bedingungen und Auflagen lautete:

" 2. Ableitungskanal: Der Transportkanal, mit welchem die Produktionsabwässer und kommunalen Abwässer bis zum Vorfluter Drau befördert werden können, ist bis zum vorgesehenen Standort der Kläranlage des Reinhalteverbandes nach A zu führen. Darüber ist spätestens bis zum 31.8.1988 ein Detailprojekt auszuarbeiten und der Wasserrechtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Dieses Projekt hat eine Abwassermeßstation mit Dauerregistriereinrichtungen für die Erfassung der Parameter hydraulische Fracht, pH-Wert, Temperatur und Leitfähigkeit sowie eine Einrichtung zur Dauerprobenentnahme zu beinhalten."

In der Begründung dieses Bescheides stellt der LH zum vorliegenden Projekt u.a. fest, daß ein Transportkanal, mittels welchem die Produktionsabwässer der Beschwerdeführerin bis zum Vorfluter Drau befördert werden könnten, im selben Zug wie das Ökologiekonzept der Fabrik zur Realisierung kommen müsse, damit der als wesentlicher Punkt angestrebte "Sanierungseffekt der V" in Übereinstimmung mit den heutigen Umweltanforderungen ehestmöglich erreicht werde.

Dieser Bescheid ist infolge Zurückziehung einer von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung in Rechtskraft erwachsen.

Am 2. November 1988 stellten der RHV und die Beschwerdeführerin gemeinsam einen Fristerstreckungsantrag dahin gehend, daß die im Bauzeitplan des Bescheides vom 25. April 1988 genannten Fristen um je ein Jahr verlängert werden sollten. In diesem Antrag gingen beide Antragsteller davon aus, daß das Projekt eine untrennbare Einheit bilde. Sie begründeten ihren Antrag mit Hinweisen auf Zusagen einer Finanzierung des Projektes mit öffentlichen Mitteln sowie mit Hinweisen auf das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Fabrik der Beschwerdeführerin einerseits und an einer Verbesserung der Gewässergüte andererseits. Die entscheidenden Verhandlungen mit den Bundes- und Landesstellen würden in absehbarer Zeit geführt werden. Zu diesem Fragenkomplex wurde die Einvernahme mehrerer informierter leitender Personen des RHV und der Beschwerdeführerin beantragt.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 1988 gab der LH diesem Antrag gemäß §§ 105 und 112 WRG 1959 nur hinsichtlich der Baubeginnfristen für den Ableitungskanal und für die betriebliche Reinigungsanlage teilweise Folge; diese Fristen wurden bis zum 30. Juni 1989 erstreckt. Im übrigen wurde der Fristerstreckungsantrag abgewiesen. Ausgehend von § 112 WRG 1959 führte der LH dazu begründend aus, die Umweltschutzabteilung habe aus fachlicher Sicht erklärt, daß die V ein derart schwacher Vorfluter sei, daß eine Produktionseinschränkung keine Verbesserung ihres Gütezustandes zur Folge hätte. Damit könne dem Ersuchen, die Frist für die Inbetriebnahme der betriebsinternen Abwasserreinigungsanlage zu erstrecken, aus fachlicher Sicht nicht zugestimmt werden. Wohl aber habe die Frist für den Baubeginn um ein halbes Jahr verlängert werden können, weil dazu die Sachverständigen der Wasserbauverwaltung erklärt hätten, auch bei einer Verkürzung der reichlich bemessenen Bauzeit könne der Inbetriebnahmetermin eingehalten werden. Es habe daher dem Fristerstreckungsantrag nur teilweise stattgegeben werden können; aus limnologischer Sicht müsse aber an der Inbetriebnahme von Kanal und Abwasserreinigungsanlage mit 31. Dezember 1991 unverrückbar festgehalten werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, nicht aber der RHV, Berufung an die belangte Behörde. Die Beschwerdeführerin machte darin geltend, der Bauführung stünden unvorhergesehene und unabwendbare Ereignisse entgegen. Es sei inzwischen das Detailprojekt betreffend den Ableitungskanal vorgelegt worden, dieses sei aber auf entgegenstehende Interessen von Anrainern gestoßen. Das erstinstanzliche Verfahren sei mangelhaft geführt worden, es würde neuerlich die Einvernahme der bereits dort genannten Personen beantragt. Bei Vorliegen triftiger Gründe habe der Konsenswerber einen Rechtsanspruch auf Fristverlängerung. Die Beschwerdeführerin habe, wie den Akten zu entnehmen sei, alles unternommen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, doch hätte sich die Fristen vorläufig als etwas zu kurz erwiesen. "Bei Beachtung der regionalarbeitsmarktrechtlichen und politischen Situation" liege ein triftiger Grund für die beantragte Fristverlängerung vor.

In einem Schreiben vom 24. Jänner 1989 hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor, daß nur sie und nicht auch der RHV Berufung ergriffen hätte. Es seien auch keine triftigen Gründe für eine Fristerstreckung genannt worden.

Förderungszusagen gegenüber der Beschwerdeführerin hätte es nicht gegeben. Das im erstinstanzlichen Bescheid erwähnte Gutachten der Umweltschutzabteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung wurde nun diesem Schreiben angeschlossen und der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht. Es sei auch nicht konkret ausgeführt worden, zu welchen Beweisthemen die beantragten Zeugen vernommen werden sollten.

Zu diesem Vorhalt nahm die Beschwerdeführerin am 22. Februar 1989 schriftlich Stellung, wobei sich nun auch der RHV dieser Stellungnahme anschloß. Die Beschwerdeführerin wies vor allem auf Schwierigkeiten hin, welche durch Anrainer dem Projekt betreffend den ca. 20 km langen Ableitungskanal gemacht würden. Eine rechtskräftige Detailbewilligung betreffend diesen Kanal liege deshalb noch nicht vor. Die im erstinstanzlichen Bescheid genannten Fristen seien aus Gründen, die außerhalb der Einflußsphäre der Beschwerdeführerin gelegen seien, zu kurz. Es könne der Beschwerdeführerin nicht zugemutet werden, mit umfangreichen Vorarbeiten zu beginnen, solange nicht das Schicksal des Transportkanals als eines integrierenden und wesentlichen Bestandteils des gesamten Sanierungskonzeptes geklärt sei. Sämtliche Beweisanträge blieben aufrecht.

Eine Anfrage der belangten Behörde nach dem Stand des Detailbewilligungsverfahrens betreffend den Ableitungskanal beantwortete der LH am 13. März 1989 dahin, daß wegen des Widerstandes zahlreicher Grundeigentümer ein Änderungsprojekt habe ausgearbeitet werden müssen, mit dessen Bewilligung Anfang April gerechnet werden könne. Dies teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit dem Zusatz mit, daß "bis zu diesem Zeitpunkt mit einer Entscheidung im Gegenstand zugewartet" würde.

In einer Stellungnahme dazu vom 11. Mai 1989 wiesen die Beschwerdeführerin und der RHV darauf hin, daß ein solcher Bewilligungsbescheid noch nicht ergangen sei. Die Abwassserreinigungsanlage der Beschwerdeführerin und der Ableitkanal stünden in einem untrennbaren Zusammenhang, es sei nicht möglich, die vorgesehene Gesamtlösung dergestalt zu trennen, daß eine separate Inangriffnahme der beiden Projekte erfolge. Es müsse zugewartet werden, welche Änderungen sich allenfalls noch aus der Detailbewilligung des Kanals ergeben würden. Termin- und Kostengründe machten eine fristgerechte Wahrnehmung des vorgeschriebenen Baubeginnes faktisch unmöglich. Es lägen daher triftige Gründe für die beantragte Fristverlängerung gemäß § 112 WRG 1959 vor.

Am 17. Mai 1989 stellte nun auch der RHV beim LH einen weiteren, ähnlich begründeten Fristerstreckungsantrag. Ob darüber schon entschieden wurde, geht aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten nicht hervor.

Am 26. Juni 1989 brachte die Beschwerdeführerin beim LH ein "Vorprojekt zur Errichtung einer CTMP-Anlage am Standort R", also zu einer Umstellung ihrer Produktion auf eine "Chemo-Thermo-Mechanical-Pulp-Anlage", ein.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 28. Juni 1989 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 AVG 1950 keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde zu § 112 WRG 1959 aus, daß es sich bei der Verlängerung von Baufristen um keine behördliche Ermessensentscheidung handle, sondern ein Rechtsanspruch auf Verlängerung dann bestehe, wenn die Nichteinhaltung der Frist auf vom Konsenswerber nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen sei. Bei der Prüfung des Vorliegens solcher triftiger Gründe im Beschwerdefall sei davon auszugehen, daß die Berufung nur von der Beschwerdeführerin, und nicht auch vom RHV ergriffen worden sei. Daraus ergebe sich zunächst, daß im Berufungsverfahren nur die beantragte Fristerstreckung für die Abwasseranlage relevant sein könne und die Frage, ob auch triftige Gründe für eine Verlängerung der Baubeginnfrist zur Errichtung des Kanals vorlägen, auszuklammern sei. Es sei auch eine vorherige Anhörung der Parteien oder die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich, was bedeute, daß der beantragten Zeugeneinvernahme nicht nachgekommen werden mußte, abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin anwaltlich vertreten werde. Die Beschwerdeführerin stelle in ihrer Berufung nicht eindeutig klar, welche konkreten triftigen Gründe dafür maßgeblich sein sollten, daß sie die Abwasserreinigungsanlage "bis 30.6.1989 nicht errichten" könne. Es werde nur ausgeführt, daß die Bauführung ohne Verschulden durch vorläufig unvorhergesehene und unabwendbare Ereignisse verhindert werde. Die Zusage von Förderungsmitteln scheide schon deshalb als triftiger Grund aus, weil darauf kein Rechtsanspruch bestehe. Außerdem habe die Beschwerdeführerin durch die Zurückziehung der Berufung gegen den Bewilligungsbescheid vom 25. April 1988 zum Ausdruck gebracht, daß die darin bestimmten Fristen auch ohne Inanspruchnahme von Förderungsmitteln einhaltbar seien. Auch der Fortbestand des Werkes der Beschwerdeführerin und die Erhaltung von Arbeitsplätzen stellten keine triftigen Gründe im Sinne des § 112 Abs. 2 WRG 1959 dar; ebensowenig, daß das Projekt hinsichtlich der Errichtung des Ableitungskanals zeitgerecht bis August 1988 (und zwar vom RHV) zur Vorlage gebracht worden sei. Der Baubeginn der Abwasserreinigungsanlage stehe nicht im ursächlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Abwasserkanales, denn es könne durchaus schon mit der Errichtung der Abwasserreinigungsanlage innerbetrieblich begonnen und damit eine deutliche Verbesserung der Gewässergüte des Vorfluters bewirkt werden. Es sei daher nicht zulässig, daß die Beschwerdeführerin den Baubeginn für die Abwasserreinigungsanlage von der Erwirkung der wasserrechtlichen Bewilligung für den vom RHV zu errichtenden Kanal abhängig mache, welcher projektsgemäß der Abfuhr der gereinigten Abwässer dienen solle.

Die geltend gemachten Gründe seien daher nicht als triftig im Sinne des § 112 WRG 1959 anzusehen, dies umso weniger, als es der Beschwerdeführerin offensichtlich gar nicht mehr darum gehe, die Anlage auf die bewilligte Art auszuführen, zumal sie doch bereits an der Ausarbeitung eines (neuen) CTMP-Projektes arbeite.

Auf Grund der gegebenen Sach- und Rechtslage, insbesondere auch deshalb, weil eine weitere Einleitung ungereinigter Abwässer in die V aus Gründen des Gewässerschutzes nicht vertretbar sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Im übrigen erscheine der Antrag auf Fristerstreckung unter Bedachtnahme auf die rechtswirksame Entscheidung vom 25. April 1988 wegen entschiedener Sache unzulässig. Es stehe der Beschwerdeführerin jedoch frei, für ihr CTMP-Projekt um wasserrechtliche Bewilligung einzukommen.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 26. September 1989 , Zl. B 896/89, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Sie erachtet sich durch diesen in ihrem Recht "auf Verlängerung bescheidmäßig bestimmter Fristen für den Baubeginn und die Bauvollendung einer Wasserbenutzungsanlage" verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 sind zugleich mit der Bewilligung einer Wasseranlage Fristen für den Baubeginn und die Bauvollendung, bei Wasserbenutzungsanlagen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 27 Abs. 1 lit. f, kalendermäßig zu bestimmen. Erforderlichenfalls können Teilfristen für wesentliche Anlageteile festgesetzt werden.

Fristverlängerungen, die durch das Berufungsverfahren notwendig werden, sind von Amts wegen vorzunehmen.

Nach § 112 Abs. 2 WRG 1959 kann die Wasserrechtsbehörde aus triftigen Gründen diese Frist verlängern, wenn vor ihrem Ablaufe darum angesucht wird; die vorherige Anhörung der Parteien oder die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

Im Beschwerdefall geht es um eine Fristverlängerung im Sinne des zuletzt angeführten § 112 Abs. 2 WRG 1959; Abs. 1 letzter Satz des § 112 ist hingegen hier nicht anwendbar, weil ein Berufungsverfahren in Hinsicht der Bewilligung vom 25. April 1988 nicht durchgeführt wurde (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1987, Zl. 87/07/0153). Der Fristverlängerungsantrag wurde durch die Beschwerdeführerin auch rechtzeitig, nämlich vor Ablauf auch nur einer der im Bewilligungsbescheid gesetzten Baubeginn- und Bauvollendungsfristen gestellt (anderenfalls wäre der Fristverlängerungsantrag abzuweisen gewesen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1984, Zlen. 84/07/0169, 0170). Es kommt daher im Beschwerdefall entscheidend darauf an, ob die Beschwerdeführerin triftige Gründe im Sinne des § 112 Abs. 2 WRG 1959 geltend gemacht hat; war diese Voraussetzung gegeben, dann hatte sie einen gesetzlichen Anspruch auf die beantragte Fristverlängerung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1964, Zl. 1654/63).

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin in erster Linie geltend, die belangte Behörde habe bei der Abweisung des Fristverlängerungsantrages nicht bedacht, daß das vorliegende Projekt eine technische und wirtschaftliche Einheit bilde, daß also eine Ausführung der betrieblichen Reinigungsanlage durch die Beschwerdeführerin technisch und wirtschaftlich nur dann sinnvoll erscheine, wenn auch der gleichzeitig bewilligte Ableitungskanal errichtet werde. Schon dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Tatsächlich wurde nämlich ein einheitliches Projekt wasserrechtlich bewilligt, ohne daß aus den vorliegenden Akten erkennbar wäre, daß auch eine bloße Teilausführung der bewilligten Anlagen sinnvoll erschiene. Dem Bauzeitplan im Bewilligungsbescheid vom 25. April 1988 ist zu entnehmen, daß die (vom RHV vorzunehmende) Errichtung des Ableitungskanales als "erste Phase" der Verwirklichung des Vorhabens vorgesehen war, die Errichtung der betrieblichen Reinigungsanlage durch die Beschwerdeführerin als zweite Phase und schließlich als dritte und letzte Phase die Errichtung der biologischen Kläranlage (wieder durch den RHV). Keinesfalls kann den vorliegenden Unterlagen entnommen werden, daß die Errichtung der betrieblichen Kläranlage der Beschwerdeführerin für sich allein bereits dem Projektszweck einer Verbesserung der Wassergüte dienlich sein könnte. Denn weder des Ableitungskanales noch einer biologischen Kläranlage würde es hinsichtlich der Abwässer der Beschwerdeführerin dann bedürfen, wenn diese schon innerbetrieblich so weit gereinigt werden könnten, daß sie als praktisch "sauberes" Wasser in die V als Vorfluter geleitet werden könnten. Gerade die V soll nach dem Projekt als Vorfluter überhaupt nicht mehr verwendet werden; eine derartige Verwendung ist im bewilligten Projekt an keiner Stelle vorgesehen.

Auf Grund des bisher festgestellten Sachverhaltes vermag der Verwaltungsgerichtshof daher der belangten Behörde in ihrer im angefochtenen Bescheid angestellten Überlegung nicht zu folgen, wonach in dem bei ihr anhängig gewesenen Berufungsverfahren ausschließlich die beantragte Fristerstreckung für die Abwasseranlage der Beschwerdeführerin relevant sein könne. Für diese Annahme hätte es vielmehr ergänzender Ermittlungen und sachverständig fundierter Feststellungen dahin gehend bedurft, daß die innerbetriebliche Abwasseranlage der Beschwerdeführerin auch ohne gleichzeitige Herstellung des Ableitungskanales technisch und wirtschaftlich zweckmäßig sei. Nur wenn diese Frage zu bejahen wäre, könnte die Frage, ob auch triftige Gründe für eine Verlängerung der Baubeginnfrist zur Errichtung des Kanals vorlägen, ausgeklammert bleiben. Im Falle des von der Beschwerdeführerin schon im Verwaltungsverfahren, aber auch in der Beschwerde behaupteten untrennbaren Zusammenhanges der einzelnen Abschnitte des bewilligten Projektes könnte es auch keine Rolle spielen, ob sich nur die Beschwerdeführerin oder der RHV oder beide Konsenswerber um eine Verlängerung der Baubeginn- und Bauvollendungsfristen bemühen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag der belangten Behörde auch darin nicht zu folgen, daß die Beschwerdeführerin durch die Zurückziehung ihrer ursprünglich gegen den Bewilligungsbescheid vom 25. April 1988 eingebrachten Berufung für alle Zukunft zum Ausdruck gebracht hätte, einer Fristverlängerung nicht zu bedürfen. Ein Antrag auf Fristverlängerung nach Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides ist auch keinesfalls "wegen entschiedener Sache" unzulässig, er wird vielmehr sogar regelmäßig erst nach Vorliegen einer rechtskräftigen wasserrechtlichen Bewilligung gestellt werden, um vom Bewilligungsbescheid abweichende Baubeginn- oder Bauvollendungsfristen durchzusetzen. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren auch niemals, und zwar insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit der Planung einer CTMP-Anlage, darauf verzichtet, die Anlage in der bereits bewilligten Art und Weise auszuführen.

Entscheidend für den Ausgang des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist - wie bereits oben ausgeführt - die Frage, ob der behauptete untrennbare (technische und wirtschaftliche) Zusammenhang des Projektsabschnittes der innerbetrieblichen Abwasserreinigung mit jenem betreffend die Errichtung des Ableitungskanales besteht. Dabei steht nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen unbestritten fest, daß es - jedenfalls bis zum Endtermin der Baubeginnfrist 30. Juni 1989 - noch nicht gelungen war, das Projekt hinsichtlich des Ableitungskanales einer Detailbewilligung zu unterziehen. Unter diesen Umständen und unter der weiteren Voraussetzung, daß die im fortgesetzten Verfahren nachzuholenden ergänzenden Ermittlungen den von der Beschwerdeführerin behaupteten untrennbaren Zusammenhang der einzelnen Phasen des mit dem Bescheid des LH vom 25. April 1988 wasserrechtlich bewilligten Vorhabens erweisen sollten, erscheint der Standpunkt der Beschwerdeführerin, sie habe triftige Gründe für eine Fristverlängerung vorgebracht, begründet.

Der Sachverhalt bedarf daher in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung. Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als mit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 59 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989070138.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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