TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/18 89/16/0021

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Veröffentlicht am 18.04.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
23/01 Konkursordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;
27/04 Sonstige Rechtspflege;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §6;
ABGB §7;
AVG §9;
BAO §80 Abs1;
GEG §1;
GEG §7a idF 1984/501;
GGG 1984 §1 Abs1;
GGG 1984 TP1 Anm3;
KO §78 Abs2 idF 1982/370;
KO §81 Abs1 idF 1982/370;
KO §83 Abs1 idF 1982/370;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ZustG §13 Abs1;

Beachte

Besprechung in: ÖStZ 1991/321;

Betreff

LR gegen Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS. Wien vom 29. Dezember 1988, Zl. Jv 5361-33a/88, betreffend Rückzahlung von Gerichtsgebühren

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9. Juni 1988 wurde über das Vermögen des Anton Karl G. der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr. CH zum Masseverwalter bestellt.

Am 5. August 1988 brachte der Beschwerdeführer - offenbar in Unkenntnis der Konkurseröffnung - gegen den Gemeinschuldner beim Landesgericht für ZRS. Wien eine Klage auf Zahlung eines Betrages von S 117.027,-- s.A. ein, die am 12. August 1988 dem Masseverwalter zugestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 23. August 1988 zog der Kläger die Klage zurück und beantragte gleichzeitig die Rücküberweisung der bei Klagseinbringung entrichteten Pauschalgebühr von S 5.200,--.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes für ZRS. Wien dem Rückzahlungsantrag nicht statt. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG umfasse das gesamte zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz und sei somit keine Gebühr für eine einzelne Amtshandlung. Diese Pauschalgebühr sei ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren bis zum Ende durchgeführt werde. Aber auch die Ermäßigungsbestimmungen nach Anmerkung 3 zu TP 1 GGG könnten nicht angewendet werden, weil weder eine Rückziehung der Klage vor deren Zustellung noch eine Zurückweisung von vornherein erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach seinem Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Rückzahlung der Pauschalgebühr verletzt. Er beantragt, es wolle in Stattgebung der Beschwerde "der angefochtene Bescheid abgeändert und auf Rückzahlung der Pauschalgebühr von S 5.200,-- im Verfahren 14 Cg 183/88 des Landesgerichtes für ZRS. Wien erkannt werden ... Allenfalls wolle der angefochtene Bescheid aufgehoben und dem Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS. Wien die auch nach Verfahrensergänzung zu fällende neuerliche Entscheidung aufgetragen werden".

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg sei bemerkt, daß der oben wiedergegebene, (auch) auf "Abänderung" des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerdeantrag nicht die meritorische Erledigung der Beschwerde hindert (vgl. das Erkenntnis vom 28. März 1984, Zl. 82/11/0169, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Gemäß § 30 Abs. 2 Z. 1 GGG sind Gebühren u. a. dann zurückzuzahlen, wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, daß überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde.

Gemäß § 2 Z. 1 lit. a leg. cit. wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage begründet. Nach Anmerkung 1. letzter Satz zu TP 1 GGG ist die Pauschalgebühr ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren bis zum Ende durchgeführt wird. Wird die Klage oder ein in den Anmerkungen 1 oder 2 zu Tarifpost 1 angeführter Antrag vor Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen, so ermäßigen sich gemäß Anmerkung 3 zu Tarifpost 1 GGG die Pauschalgebühren auf ein Viertel. Das gleiche gilt auch, wenn die Klage etc. von vornherein zurückgewiesen wird. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 89/16/0202, dargetan hat, ist unter einer Zustellung im Sinne der zitierten Anmerkung 3 zur TP 1 GGG auch die Zustellung an den gesetzlichen Vertreter nach § 13 Abs. 1 ZustG (hier in Verbindung mit § 78 Abs. 2 KO in der Fassung durch Art. II Z. 34 des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982, BGBl. Nr. 370) zu verstehen; insoweit die hier eingeklagte Forderung die Konkursmasse betrifft - Gegenteiliges wurde nicht behauptet und ist auch sonst den Akten nicht zu entnehmen -, gilt jedoch der Masseverwalter als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners (siehe auch hiezu das bereits erwähnte Erkenntnis und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Es liegt also im Beschwerdefall weder der Fall einer Klagsrückziehung vor Zustellung an den Verfahrensgegner noch jener einer Zurückweisung der Klage von vornherein vor.

Wenn der Beschwerdeführer meint, das Landesgericht für ZRS. Wien hätte zufolge des Insolvenzverfahrens die Klage zurückweisen müssen und es sei durch die vom Beschwerdeführer vorgenommene Klagsrückziehung der gleiche rechtliche Effekt eingetreten, so ist dem entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die das GGG und das GEG 1962 vollziehenden Justizverwaltungsorgane an die Entscheidungen des Gerichtes gebunden sind und die Gerichtsgebührenpflicht bewußt an formale äußere Tatbestände anknüpft, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (vgl. hiezu etwa das Erkenntnis vom 8. März 1990, Zl. 89/16/0117, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Masseverwalter Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989160021.X00

Im RIS seit

24.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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