TE Vfgh Erkenntnis 1987/9/26 B212/87

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Veröffentlicht am 26.09.1987
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
Tir GVG 1983 §1
Tir GVG 1983 §1 Abs1 Z1
Tir GVG 1983 §2 Abs2

Leitsatz

Neuerliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung nach drei aufhebenden Erk. des VfGH gem. §4 Abs1 und §6 Abs1 litc Tir. GVG; bei Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück den Bestimmungen des GVG unterliegt, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtserwerbes abzustellen; hier zeitliche Differenz von 8 Jahren; im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses war das Kaufgrundstück weder als land- noch als forstwirtschaftliches Grundstück iSd §1 Abs1 Z1 zu bewerten; rechtswidrige Inanspruchnahme der Sachentscheidungsbefugnis - Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird daher aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, dem Bf. die mit S 11.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Kaufvertrag vom 23. Juni 1978 erwarb R S von M I,

A R, P R und A R die in deren Miteigentum stehende Liegenschaft EZ ... II KG Scharnitz im Gesamtausmaß von 1,8771 ha um einen Kaufpreis von S 155.000,--.

2. Zum Sachverhalt genügt es, auf die Ausführungen des in dieser Sache bereits ergangenen Erkenntnisses des VfGH vom 29. Jänner 1981 B246/79 (VfSlg. 9005/1981) zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis wurde der die grundverkehrsbehördliche Genehmigung verweigernde Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 6. April 1979 wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz im wesentlichen mit folgender Begründung aufgehoben:

"...

Die bel. Beh. ist also von der Annahme ausgegangen, daß ein Grundstück schon dann dem GVG unterliege, wenn es nur landwirtschaftlich nutzbar ist. Diese Rechtsmeinung ist - wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt - verfehlt. Es wäre die Pflicht der bel. Beh. gewesen festzustellen, ob auf dem Kaufgrundstück gegenwärtig Land- oder Forstwirtschaft iS der Ausführungen in der vorstehenden lita) betrieben wird oder ob eine solche Widmung deshalb entfallen ist, um das Gesetz zu umgehen.

Derartige Feststellungen zu treffen, hat die Behörde aber - auf dem Boden ihrer unzutreffenden Rechtsansicht unterlassen. Insbesondere wäre hier entscheidungsrelevant gewesen, ob das Grundstück in den letzten Jahren landwirtschaftlich genutzt wurde, etwa ob es regelmäßig abgeweidet wurde und ob die weidenden Tiere zu einem Landwirtschaftsbetrieb gehört haben."

3.1. Die Landesgrundverkehrsbehörde veranlaßte hierauf darüber Erhebungen, wie die kaufgegenständliche Gp. ..., EZ ... II KG Scharnitz, "bis zum Zeitpunkt der Vertragserrichtung und zum jetzigen Zeitpunkt genutzt wird." Allenfalls seien die ortsansässigen Miteigentümer zu befragen, ob und in welcher Form die landwirtschaftliche Nutzung durchgeführt worden ist. Des weiteren wurde die Befragung des Obmannes der angrenzenden Agrargemeinschaft angeregt.

Die Ergebnisse dieser Erhebungen, aus deren Anlaß ein Lokalaugenschein unter Zuziehung von A R durchgeführt wurde, wurden in einem Bericht vom 25. Juni 1981 wie folgt festgehalten:

"Die Kaufliegenschaft befindet sich im Bereich der 'L Wiesen'. Die Gp. ... stellt ein flach geneigtes, hügeliges, durch natürliche Bestockung über die gesamte Fläche zugewachsenes Grundstück dar. Der Jungwuchs besteht überwiegend aus Fichten und zum geringeren Teil Föhren. Eine letztmalige Mähnutzung (auf einem Teil der Gp. ...) erfolgte nach eigenen Angaben des Miteigentümers R in den Jahren 1968/69 durch den im Jahre 1969 verstorbenen Vater der Miteigentümergemeinschaft. Seither ist eine Nutzung gänzlich unterblieben.

Auf der Kaufliegenschaft befindet sich ein Heustadel, in dem früher das Heu eingelagert worden ist. Im Jahre 1968 hat der Voreigentümer auch eine Unterkunftshütte (ohne Kochstelle) errichtet. Beide genannten Objekte befinden sich in baulich einwandfreiem Zustand.

Für eine neuerliche landwirtschaftliche Nutzung wäre die Beseitigung des Jungwuchses notwendig. Nach der derzeitigen Beschaffenheit ist die Kaufliegenschaft als Jungwald anzusehen."

Über Ersuchen der Landesgrundverkehrsbehörde gab die Landesforstinspektion am 23. Oktober 1981 eine weitere Stellungnahme ab, in der zusammenfassend festgestellt wird:

"-

Aufgrund des durch Naturverjüngung entstandenen natürlichen Bewuchses mit Holzgewächsen ist die Gp. ... KG. Scharnitz als Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 anzusehen.

Das Alter des Bewuchses und das bisher ungehinderte Ankommen der Naturverjüngung beweisen, daß die Verkäufer, gleichgültig aus welchen Gründen, diese Fläche bereits seit Jahren nicht mehr landwirtschaftlich genutzt haben und diese infolge des natürlichen Anfluges in Wald übergeführt wurde.

-

Die im Akt angeführte Verwendung dieser Fläche als Schafweide ist vom forstlichen Standpunkt mit Rücksicht auf das vielfach noch geringe Alter der Naturverjüngung als nach dem Forstgesetz unstatthaft abzulehnen.

-

Es ist einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung, auf lange Sicht betrachtet, sicherlich nicht förderlich und damit den landeskulturellen Interessen wohl auch nicht dienlich, wenn landoder forstwirtschaftlicher Splitterbesitz, über derart weite Strecken verteilt (Telfs-Leutasch-Scharnitz), erworben wird.

Überdies erhebt sich die Frage, ob im gegenständlichen Fall hinsichtlich der bisher im Eigentum des Käufers befindlichen Liegenschaften in Telfs und Leutasch tatsächlich ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen in der KG. Telfs befinden sich inmitten des verbauten Gebietes, bzw. werden durch verbaute Flächen unterbrochen. In der Katastralgemeinde Leutasch liegen beide Flächen unmittelbar an der Landesstraße und in der Nähe bereits verbauter Gebiete. Eine Bewirtschaftung der in der KG. Leutasch gelegenen Flächen ist, obwohl sich diese bereits seit vielen Jahren im Eigentum von R S befinden, von diesem bisher augenscheinlich nicht erfolgt."

R S gab hierauf eine Äußerung ab, in der er detailliert und mit Beweisanbot geltend machte, daß er aus einer bäuerlichen Familie stamme, im Elternhaus in der Landwirtschaft mitgearbeitet und nach dem Tod seiner Eltern seine Wälder selbst bewirtschaftet habe. Was das Kaufobjekt betreffe, hätten die Verkäufer überhaupt kein Interesse an einer land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung, zumal A R Bildhauer sei, A R Kraftfahrer, P R in den Planseewerken arbeite und M I in Bonn wohne. Das Ermittlungsverfahren kritisiere er dahin, daß er zum Lokalaugenschein nicht zugezogen worden sei. Was die Streulage seines Besitzes betreffe, handle es sich um eine in Tirol durchaus übliche Betriebsstruktur, die aber der Bewirtschaftung keinerlei Abbruch tue.

Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten von der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 11. Feber 1982 neuerlich Folge gegeben und dem in Frage stehenden Eigentumserwerb die Zustimmung gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litc GVG 1970 wieder versagt.

3.2. Gegen diesen Bescheid erhob R S wieder Beschwerde, worauf mit Erkenntnis des VfGH vom 9. Dezember 1982 B213/82 der bekämpfte Bescheid nach Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens, das zur Aufhebung einer Wortfolge im §13 Abs5 GVG 1970 wegen Verfassungswidrigkeit führte, aufgrund des hiedurch bewirkten Verstoßes gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufgehoben wurde.

3.3. Mit dem in weiterer Folge ergangenen (Ersatz-)Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde vom 2. Dezember 1983 wurde der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten nochmals Folge gegeben und der beabsichtigten Eigentumsübertragung, nunmehr unter Hinweis auf §4 Abs1 und §6 Abs1 litc Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 69 (künftig: GVG 1983), die Zustimmung versagt.

3.4. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab der VfGH mit Erkenntnis vom 28. November 1985 infolge Verletzung des durch Art6 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal neuerlich Folge und hob die angefochtene Entscheidung auf.

3.5.1. Nachdem mit V des Landeshauptmannes vom 21. November 1984, LGBl. Nr. 58, die durch die vorausgehende Geschäftseinteilung bewirkte und vom VfGH gerügte Überordnung des als Partei des Verwaltungsverfahrens tätig gewesenen Landesgrundverkehrsreferenten über den Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde beseitigt worden war, setzte die Landesgrundverkehrsbehörde das Berufungsverfahren fort.

Mit einem zusätzlichen Beweisantrag behauptete R S hierauf nochmals die Unzuständigkeit der Grundverkehrsbehörde, verwies aber gleichzeitig darauf, daß das Kaufgrundstück nunmehr ein forstwirtschaftliches sei, daß er sich in einer Fernschule in der Landwirtschaft weitergebildet und daß er die Kaufgrundstücke fach- und sachgerecht gepflegt habe. Dieser Eingabe schloß er Bestätigungen des A und des A R sowie der M I, also der Verkäufer, an, in denen einheitlich ausgesagt wird, daß das Grundstück vor dem in Frage stehenden Kaufvertrag von ihnen in keiner Weise land- oder forstwirtschaftlich genutzt oder bearbeitet wurde und daß zuletzt deren Vater sich (bis zu seinem Tod im Jahre 1969) im Objekt als begeisteter Jäger aufgehalten habe. In einer weiteren Erklärung bestätigte der Gemeindewaldaufseher, daß R S das Kaufgrundstück forstwirtschaftlich fachlich und zur vollen Zufriedenheit bestellt und bewirtschaftet habe.

Die Landesgrundverkehrsbehörde holte hierauf neuerlich eine Stellungnahme der Landesforstdirektion der Tiroler Landesregierung ein. Mit dieser wurden die bisherigen Stellungnahmen weitgehend bestätigt und ergänzend bemerkt, daß die L-Wiesen außer einigen kleinen Blößen völlig mit Fichte, Kiefer und Buche zugewachsen seien. Wesentliche Änderungen des Sachverhaltes gegenüber der ersten Stellungnahme vom 23.10.1981 hätten sich nicht ergeben.

3.5.2. Mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 19. Dezember 1986, Z LGv-422/30-81, wurde sodann der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten gegen den Bescheid der Grundverkehrsbehörde Scharnitz vom 8. September 1978 wieder Folge gegeben und der Eigentumsübertragung die Zustimmung gemäß §§4 Abs1 und 6 Abs1 litc GVG 1983 versagt. Begründend wurde nunmehr im wesentlichen ausgeführt:

"... bleibt daher die Frage zu beantworten, ob das Kaufgrundstück in einer für die Land- oder Forstwirtschaft signifikanten Art genutzt wird und sohin die Regelungen des landbzw. forstwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs im Gegenstandsfall Anwendung zu finden haben.

Gegen eine solche Annahme scheinen zunächst die auf Berufungsebene in einem ergänzenden Schriftsatz vorgelegten schriftlichen Erklärungen der bisherigen Eigentümer der Kaufsliegenschaft zu sprechen, denen zufolge die verfahrensgegenständlichen Grundflächen vom Jahre 1969 bis zum Abschluß des strittigen Rechtsgeschäftes weder land- noch forstwirtschaftlich genutzt worden wären.

Aus dem mit dem gleichen Schriftsatz übermittelten Schreiben der Gemeinde Scharnitz und des Gemeindewaldaufsehers M. ist jedoch weiters zu entnehmen, daß der rechtsfreundlich vertretene Gesuchsteller die Kaufsliegenschaft in den letzten Jahren forstwirtschaftlich vorbildlich (zur vollsten Zufriedenheit) bestellt und bewirtschaftet hätte. Weiters ist auf Grund des unbestritten gebliebenen Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens festzuhalten, daß der Erwerbsgegenstand außer einigen kleinen Blößen mit Fichte, Kiefer und Buche im Alter von ca. 7 bis 40 Jahren zugewachsen ist und der Überschirmungsgrad bei 0,5 bis 0,7 liegt ...

Der VfGH hat nunmehr bereits in seinem Erkenntnis vom 30.1.1981, B95/79-14, darauf verwiesen, daß einer Grundfläche der Charakter eines Waldgrundstückes auch dann beigemessen werden muß, wenn der Waldbestand des Grundstückes nicht gepflegt wurde bzw. sich der Eigentümer seit langer Zeit um den Baumwuchs nicht gekümmert hat; bei Waldgrundstücken könnten nämlich Rückschlüsse ... nur in langfristigen Intervallen vorgenommen werden ...

Ähnliche Überlegungen sind nach Meinung der erkennenden Behörde auch im vorliegenden Fall anzustellen. Daß die Kauffläche zum überwiegenden Teil mit Holzgewächsen bestockt ist, bestreitet der Gesuchsteller - nach Abschluß des ergänzenden Ermittlungsverfahrens - selbst nicht mehr. ...

         Damit erscheint aber die im angefochtenen Bescheid mit

der Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zum

Ausdruck kommende Meinung der Vorinstanz, das Kaufobjekt sei der

Land- bzw. Forstwirtschaft gewidmet, im Ergebnis richtig. Inwieweit

diese Annahme auch zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung

gerechtfertigt gewesen ist, kann in diesem Zusammenhang keine

relevante Bedeutung zukommen, weil sich die Berufungsbehörde ... mit

der Angelegenheit in gleicher Weise wie die Behörde I. Instanz zu

befassen hat, sie also die Angelegenheit ... einer neuerlichen

selbsttätigen Prüfung zu unterziehen und auf Grund der Ergebnisse der Prüfung ihre Entscheidung zu fällen hat ...

Die erkennende Behörde hegt daher sachverhaltsbezogen keine Zweifel, daß ... die Regelungen des land- und forstwirtschaftlichen Grundstückverkehrs Anwendung zu finden haben.

Bleibt also in der Sache selbst zu untersuchen, ob durch den gegenständlichen Kaufvertrag die im §4 Abs1 GVG. 1983 normierten land- und forstwirtschaftlichen Schutzinteressen beeinträchtigt werden.

...

Nach dem Ergebnis des Verwaltungsverfahrens kann als außer Streit erachtet werden, daß der Käufer - er ist von Beruf Bankkaufmann - zwar als Eigentümer der Liegenschaft in EZl. ... II KG. Telfs Teilwaldrechte im Ausmaß von 2,67 ha besitzt, sonst aber über keinen nennenswerten land- bzw. forstwirtschaftlichen Grundbesitz verfügt. Unbestritten ist weiters auch, daß der Kaufgegenstand im Ausmaß von 1,88 ha fast ausschließlich mit Jungwald bestockt ist, der erst in 80 bis 100 Jahren einen relevanten (End-)Ertrag abzuwerfen imstande ist.

...

Bleibt also vor dem Hintergrund des §6 Abs1 litc GVG. 1983 weiters zu überprüfen, ob der rechtsfreundlich vertretene Einschreiter auch dem vom Gesetzgeber weiters geforderten Kriterium der (Selbst-)Bewirtschaftung des Kaufgrundstückes im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes gerecht wird.

         ... Holzbezugs- und Streunutzungsrechte an Teilwaldflächen

... erscheinen ... als alleinige Basis für einen land- bzw.

forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Terminologie des Tiroler Grundverkehrsgesetzes nicht ausreichend. ...

Aber selbst für den Fall, daß man die Ansicht vertreten würde, daß das Gesetz bei dem von ihm verwendeten Betriebsbegriff die Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden außer Betracht läßt, vertritt die erkennende Behörde die Ansicht, daß Wald in der in Rede stehenden Größenordnung die Eignung abgesprochen werden muß, die Grundlage für einen eigenständigen Forstbetrieb bilden zu können. Unter der für den Einschreiter günstigsten Annahme ...

würde die erzielbare Holzmenge (bei sparsamen Umgang) nämlich

gerade dafür ausreichen, um bei einem Einfamilienhaus den

Jahresbedarf an Brennholz abzudecken. Gehen aber die Erträgnisse

eines Waldes über die Befriedigung des Eigenbedarfes nicht

hinaus, so kann wohl nicht ernsthaft das Vorliegen eines

selbständig lebensfähigen Land- bzw. Forstbetriebes behauptet

werden. ... In Ansehung des Versagungstatbestandes nach §6 Abs1 litc

GVG. 1983 ('... nicht selbst im Rahmen eines landoder

forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird'), kann aber

wohl kein Zweifel bestehen, daß der Landesgesetzgeber eine

Bewirtschaftung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken nur

auf Betriebsbasis ... als in Einklang mit den

grundverkehrsrechtlichen Schutzinteressen für gegeben erachtet hat

..."

4.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende an den VfGH gerichtete Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

4.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

5. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

5.1. In der Beschwerde wird zunächst hervorgehoben, daß aus dem angefochtenen Bescheid nicht mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehe, ob die verfahrensgegenständlichen Grundflächen bei Abschluß des strittigen Rechtsgeschäftes landoder forstwirtschaftlich genutzt wurden. Tatsächlich stehe fest, daß die Gp. ... von 1969 bis zum Abschluß des Kaufvertrages weder land- noch forstwirtschaftlich genutzt wurde und daß sohin im Sinne des Erkenntnisses des VfGH vom 29. Jänner 1981 keine Land- oder Forstwirtschaft betrieben wurde. Auch Umgehungshandlungen lägen nicht vor. Schon im Hinblick auf die Bindungswirkung des Erkenntnisses des VfGH vom 29. Jänner 1981 hätte also die Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten wegen Unzuständigkeit abgewiesen werden müssen. Mit der bekämpften Sachentscheidung habe sich die bel. Beh. eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit angemaßt. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß auf dem Kaufgrundstück inzwischen ein Wald entstanden ist. Maßgeblich sei der Zeitpunkt des Abschlusses des Erwerbsgeschäftes, später tatsächlich eintretende Umstände, welcher Art immer, seien nicht zu berücksichtigen. Aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides gehe nun hervor, daß ausschließlich erst der Bf. bemüht gewesen sei, das Kaufgrundstück zu einem forstwirtschaftlichen zu gestalten. Zusammenfassend ergebe sich daher, daß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt werde.

5.2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde u.a. dann verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 9696/1983). Die bel. Beh. hat - gestützt auf §4 Abs1 und §6 Abs1 litc GVG 1983 - eine Sachentscheidung getroffen, wozu sie nur berechtigt gewesen wäre, wenn das in Rede stehende Kaufgrundstück den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes unterliegt. Der VfGH hat bereits mit Erkenntnis vom 29. Jänner 1981 (s. 2.) ausgesprochen, daß es für den vorliegenden Fall entscheidungsrelevant ist, ob das Grundstück in den letzten Jahren landwirtschaftlich genutzt wurde, etwa, ob es regelmäßig abgeweidet wurde und ob die weidenden Tiere zu einem Landwirtschaftsbetrieb gehört haben. Der VfGH hielt in dem seinerzeitigen Erkenntnis weiters fest, daß die bel. Beh., wenn die in der (damaligen) Gegenschrift enthaltene Behauptung zutreffe, klarzustellen gehabt hätte, seit welchem Zeitpunkt und aus welchem Grund die Widmung des Grundstückes für die landwirtschaftliche Nutzung entfallen ist, so etwa, ob der Entfall dieser Widmung in der Absicht erfolgt ist, das Gesetz zu umgehen, oder ob der Widmungsentfall eine solche Umgehung zumindest objektiv ermöglichte.

Das von der bel. Beh. hierauf ergänzte Ermittlungsverfahren hat zweifelsfrei ergeben, daß das Kaufgrundstück seit 1969 (dem Jahr des Ablebens des Vaters der Verkäufer) bis zum vorliegenden Kaufvertrag im Jahre 1978 in keiner Weise land- oder forstwirtschaftlich genutzt wurde. Dies steht auch im Einklang mit den vom Bf. vorgelegten Erklärungen der Verkäufer und dem sonstigen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten. Desweiteren steht einwandfrei fest, daß nur bis ca. 10 Jahre vor dem in Frage stehenden Rechtserwerb eine landwirtschaftliche Nutzung vorlag und daß das Entstehen von Wald auf dem Kaufgrundstück nicht auf eine Kultivierung, sondern auf Wildwuchs zurückzuführen ist. Eine Pflege des Waldes nahm erst nach dem umstrittenen Kaufvertrag der Bf. vor. Unter den gegebenen Umständen kommt der VfGH zu dem Ergebnis, daß im Zeitpunkte des Kaufvertragsabschlusses das Kaufgrundstück weder als land- noch als forstwirtschaftliches Grundstück iSd §1 Abs1 Z1 GVG 1983 zu bewerten war. Dies wird deutlich nicht nur aus dem Umstand, daß die Liegenschaft durch 10 Jahre landwirtschaftlich unbenutzt war, sondern auch aus der Tatsache, daß die landwirtschaftliche Nutzbarkeit als Ergebnis der Nichtbewirtschaftung verloren gegangen ist. Es kann aber auch keine Rede davon sein, daß im Zeitpunkt des Kaufvertrages eine Waldbewirtschaftung stattgefunden hätte. Auch dies ergibt sich einwandfrei aus den Stellungnahmen der Voreigentümer und dem sonstigen Inhalt der Verwaltungsakten.

Die bel. Beh. geht im angefochtenen Bescheid auch selbst nicht davon aus, daß das Kaufgrundstück im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück zu werten gewesen sei. Sie meint vielmehr, dies offenlassen zu können, weil die Kaufliegenschaft im Zeitpunkt der Fällung des nunmehr angefochtenen Bescheides bereits bewaldet war und vom Bf. forstlich gepflegt und genutzt wurde. Damit befindet sich die bel. Beh. jedoch in einem Rechtsirrtum. Es mag wohl im allgemeinen zutreffen, daß es verfahrensmäßig - zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes ausreicht festzustellen, ob eine Liegenschaft im Zeitpunkte des Ergehens des Bescheides letzter Instanz land- bzw. forstwirtschaftlich genutzt ist, da in aller Regel schon auf Grund der zeitlichen Nähe das gleiche auch für den Zeitpunkt des Abschlusses eines Rechtserwerbes zugetroffen haben wird. Im vorliegenden Fall liegen aber zwischen dem Kaufvertrag vom 23. Juni 1978 und dem angefochtenen Bescheid mehr als 8 Jahre.

Die bel. Beh. übersieht nun, daß es bei der Frage, ob ein Grundstück den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes unterliegt, ausschließlich auf den Zeitpunkt ankommt, in dem ein Rechtserwerb abgeschlossen wird, es sei denn, daß während eines grundverkehrsbehördlichen Verfahrens eine ursprünglich bestandene Genehmigungspflicht - sei es aufgrund rechtlicher oder faktischer Umstände - weggefallen ist, abgesehen von dem Fall, daß hinsichtlich eines zunächst nicht genehmigungspflichtigen Rechtserwerbes aufgrund einer Änderung der Rechtslage rückwirkend eine Genehmigungspflicht verfügt wird. All dies trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu.

Im Zeitpunkte des Kaufvertragsabschlusses stand nach dem Gesagten fest, daß es sich bei der Kaufliegenschaft um kein Grundstück iSd §1 Abs1 Z1 GVG 1983 handelte. Wenn aber Gegenstand des Kaufvertrages eine Liegenschaft war, auf die das Grundverkehrsgesetz nicht Anwendung fand, dann kann auch nicht davon gesprochen werden, daß der hiefür maßgebliche Vertrag in Schwebe blieb, bis die Grundverkehrsbehörde darüber entschied. Der Grundverkehrsbehörde kam eine Entscheidungsbefugnis über die Rechtswirksamkeit eines solchen Vertrages überhaupt nicht zu, weil der Vertrag in solchen Fällen unbedingt und rechtswirksam zustande gekommen ist (vgl. hiezu auch VfGH 27.2.1987 B45/86).

Damit war aber die bel. Beh. nicht befugt, die in Frage stehende Sachentscheidung zu treffen. Der Bf. ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

5.3. Der angefochtene Bescheid war somit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG; in den zuerkannten Kosten ist USt in Höhe von S 1.000,-- enthalten.

6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B212.1987

Dokumentnummer

JFT_10129074_87B00212_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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