TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/23 90/19/0003

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Veröffentlicht am 23.04.1990
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Index

L92107 Behindertenhilfe Rehabilitation Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
RehabilitationsG Tir 1983 §21 Abs1;
RehabilitationsG Tir 1983 §21 Abs2;
RehabilitationsG Tir 1983 §21 Abs3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

N gegen Tiroler Landesregierung vom 21. November 1989, Zl. V a - 459-9.418/3-1989, betreffend Pflegebeihilfe nach dem Tiroler Rehabilitationsgesetz

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 1989 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Pflegebeihilfe gemäß § 21 Abs. 3 lit. a des Tiroler Rehabilitationsgesetzes (TRG), LGBl. Nr. 58/1983, abgewiesen.

In der Begründung wurde (allein) darauf hingewiesen, die Beschwerdeführerin habe die Möglichkeit, eine gleichartige Leistung im Sinne des § 21 Abs. 3 lit. a TRG, nämlich den Hilflosenzuschuß des zuständigen Sozialversicherungsträgers, zu beziehen, da sie Pensionsempfängerin sei. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin bringt u.a. vor, der Rechtsirrtum der Behörde liege in der unrichtigen Auslegung des § 21 Abs. 3 lit. a TRG. Dieses Gesetz sei nicht mit den Bestimmungen des ASVG über die Gewährung des Hilflosenzuschusses vergleichbar, zumal Hilflosigkeit mit Pflegebedürftigkeit nicht gleichzusetzen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 1 TRG haben Personen, die wegen eines physischen oder psychischen Leidens oder Gebrechens - ausgenommen Funktionsstörungen des Sehorganes oder Süchte - pflegebedürftig sind, Anspruch auf Gewährung einer Pflegebeihilfe. Nach Abs. 2 sind pflegebedürftig im Sinne des Abs. 1 Personen, die ständig der Wartung und Hilfe bedürfen. Nach Abs. 3 dieses Paragraphen besteht ein Anspruch auf Gewährung der Pflegebeihilfe nicht, wenn der Pflegebedürftige (lit. a) die Möglichkeit hat, aus dem Grund der Pflegebedürftigkeit nach anderen Rechtsvorschriften eine gleichartige Leistung zu erlangen.

Die Frage, ob ein Pflegebedürftiger einen Rechtsanspruch auf eine gleichartige Leistung nach einer anderen Rechtsvorschrift und damit die Möglichkeit hat, eine solche Leistung zu erlangen, bildet für die Entscheidung über einen Antrag auf Pflegebeihilfe nach dem zweiten Teil des TRG eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1988, Zl. 87/11/0038). Die belangte Behörde hat diese Vorfrage selbst beurteilt und sie im Sinne des Bestehens der Möglichkeit, eine gleichartige Leistung in Form eines "Hilflosenzuschusses" zu erlangen, beantwortet. Dabei ist sie jedoch der ihr gemäß den §§ 58 Abs. 2, 60 AVG 1950 obliegenden Begründungspflicht nicht nachgekommen. Die Bescheidbegründung erschöpft sich in einer bloßen Behauptung; es fehlt die erforderliche Darstellung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und der darauf gestützten Beurteilung der Rechtsfrage. Das vollständige Fehlen einer auf den konkreten Fall bezogenen Begründung läßt eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides darauf hin, ob die ihm zugrundeliegende Lösung der Vorfrage dem Gesetz entspricht, nicht zu (vgl. auch dazu das obzitierte hg. Erkenntnis vom 19. April 1988, Zl. 87/11/0038). Die Mangelhaftigkeit der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich etwa daraus, daß darin von einem "Hilflosenzuschuß", ohne nähere Bezugnahme auf eine Rechtsvorschrift die Rede ist, während in der Gegenschrift - offenbar gestützt auf einen diesbezüglichen, nach Erlassung des angefochtenen Bescheides aufgenommenen Aktenvermerk vom 23. Februar 1990 - auf eine "Hilflosenzulage

... nach dem Pensionsgesetz der Beamten" Bezug genommen wird.

Dabei wird auch nicht klargestellt, weshalb die Beschwerdeführerin nach dieser (nicht näher zitierten) Rechtsvorschrift eine Pension beziehen soll, obwohl sie nach der Aktenlage eine "Witwenpension vom Stadtmagistrat Innsbruck" erhält.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190003.X00

Im RIS seit

01.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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