Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
N gegen Bundesminister für Landesverteidigung vom 22. März 1989, Zl. 202.625/47-2.2/89, betreffend Zurechnung gemäß § 9 Pensionsgesetz
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1947 geborene Beschwerdeführer steht als Stabswachmeister der Reserve in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund; seine letzte Dienststelle war das Landwehrstammregiment 34.
Mit Bescheid des Korpskommandos I vom 7. Oktober 1987 wurde der Beschwerdeführer wegen krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
Da der Beschwerdeführer davon ausging, daß es ihm auf Grund der verschiedenen Beeinträchtigungen seines Gesundheitszustandes nicht möglich sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, begehrte er mit Antrag vom 2. November 1988 die Zurechnung von Zeiten im Sinne des § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965.
Dieser Antrag wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen.
Zur Begründung wird unter Bezugnahme auf den Ruhestandsversetzungsbescheid dargelegt, daß der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 in den Ruhestand habe versetzt werden müssen, weil er infolge Krankheit über ein Jahr vom Dienst abwesend gewesen sei, er zu diesem Zeitpunkt (zeitlich) dienstunfähig gewesen sei und ihm kein mindestens gleichwertiger anderer Arbeitsplatz habe zugewiesen werden können. Der Versetzung in den Ruhestand sei das Gutachten des Heeresfachambulatoriums vom 19. August 1987 mit folgender Diagnose zugrunde gelegen:
"1.)
Lumbalgie bei ausgeprägten spondylotischen Veränderungen und Höhenreduktionen Th IX, im Bereich der unteren BWS muskuläre ligamentäre Insuffizienz, Gonarthrose rechts (insbesondere incipiente Femurpatellararthrose mit deutlicher Randzackenbildung an der Patella);
2.)
mittelgradige radikuläre Irritation, vor allem im oberen LWS-Bereich beidseits, Verdacht auf Neuropathie im UE-Bereich bei praktisch nicht auslösbaren Reflexen;
3.) mäßig-hypotone Kreislauflage;
4.) hochgradige Innenohrlaesion im Hochtonbereich beidseits."
Diese Diagnose sei dem Beschwerdeführer in der Begründung des Ruhestandsversetzungsbescheides vom Korpskommando I mitgeteilt worden. Weiters sei dem Beschwerdeführer in der Begründung auch mitgeteilt worden, daß seine Leistungsfähigkeit in der Art eingeschränkt sei, daß ihm die Erledigung leichter Tätigkeiten in klimatisierten Räumen in wechselnden Arbeitspositionen möglich sei; längere Märsche (über 5 km) sowie das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg seien zu vermeiden.
Das genannte Gutachten sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. Jänner 1989 in Kopie übermittelt und ihm gleichzeitig mitgeteilt worden, daß die Dienstbehörde aus der im Gutachten getroffenen ärztlichen Beurteilung den Schluß ableite, daß beim Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand (Ablauf 30. November 1987) die physischen und psychischen Voraussetzungen für die Aufnahme einer zumutbaren erwerbsmäßigen Tätigkeit bestanden hätten. Mit Bedachtnahme auf die vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24. Jänner 1989 vorgebrachten Einwendungen, wonach die Tätigkeit als Portier schon wegen seiner Schwerhörigkeit ausscheide, sei zum Gutachten vom 19. August 1987 eine ergänzende Stellungnahme vom Heeresfachambulatorium eingeholt worden, die wie folgt laute:
"Unter Zugrundelegung des HNO-fachärztlichen Befundes vom 4.5.1987 bestanden beim Untersuchten zur damaligen Zeit keine Einschränkungen bezüglich seiner damaligen Verwendung. Daraus resultiert, daß zum Zeitpunkt dieser Untersuchung dem Untersuchten alle Tätigkeiten in überwiegend klimatisierten Räumen bei wechselnd sitzend/gehender Arbeitsposition ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg zumutbar sind. Dies wären beispielsweise alle Tätigkeiten im normalen Sprachverkehr bzw. Parteienverkehr (HNO-ärztlicherseits auch Telefondienste). Lediglich wurde auf die genaue und dauernde Einhaltung der Lärmschutzvorschriften hingewiesen, um eine weitere Schädigung des Hörvermögens zu vermeiden."
Es gelte somit als erwiesen, daß sich die Gehörschädigung des Beschwerdeführers nur im Hochtonbereich (oberhalb 2000 Hz), z. B. beim Hören von Musik, auswirke. Jedenfalls gelte als erwiesen, daß die Gehörleistung des Beschwerdeführers für den Sprachverkehr, der für den Parteienverkehr einschließlich Telefondienst erforderlich sei, uneingeschränkt ausreiche. Im übrigen habe der Beschwerdeführer auch am 4. Mai 1987 in seinen Angaben über "jetzige Beschwerden", die er eigenhändig unterschrieben habe, keine Angaben über seine Schwerhörigkeit gemacht.
Mit Schreiben vom 1. Februar 1989 sei dem Beschwerdeführer Gelegenheit eingeräumt worden, innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Zustellung des vorher genannten Schreibens einen Sachverständigenbeweis beizubringen. Dieses Schreiben sei am 7. Februar 1989 zugestellt worden. Da der Beschwerdeführer innerhalb der Frist keinen Sachverständigenbeweis als Gegengutachten vorgelegt habe, sei seitens der Dienstbehörde unter Zugundelegung des Gutachtens des Heeresfachambulatoriums vom 19. August 1987 spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und kostenpflichtige Aufhebung begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 in der Fassung des Art. I Z. 4 der 8. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985, lautet:
"Ist der Beamte ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden, so hat ihm seine oberste Dienstbehörde aus Anlaß der Versetzung in den Ruhestand den Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenußbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch 10 Jahre, zu seiner ruhegenußfähigen Bundesdienstzeit zuzurechnen."
Im Beschwerdefall ist ausschließlich die Frage des zumutbaren Erwerbes strittig.
Der Beschwerdeführer bringt als inhaltliche Rechtswidrigkeit unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1987, Zl. 86/12/0115, vor, ausgehend von der in Frage stehenden Tätigkeit eines Portiers müsse im Sinne der Zumutbarkeit zuerst festgestellt werden, um welche Abart dieser Berufssparte es gehen solle; weiters, ob er für diese Berufsausübung befähigt und eine Vermittelbarkeit auf einen entsprechenden Posten gegeben sei.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung auf das der Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers zugrunde gelegte ärztliche Sachverständigengutachten stützt. In diesen vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellten Gutachten ist hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers ausgeführt, daß ihm die Erledigung leichter Tätigkeiten in klimatisierten Räumen und in wechselnden Arbeitspositionen möglich ist, soferne längere Märsche sowie das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg vermieden werden. Weiters wurden dem Beschwerdeführer - auch anknüpfend an seine psychischen Voraussetzungen - im Verwaltungsverfahren mehrere Tätigkeiten bekanntgegeben, die er auf Grund seines reduzierten Gesundheitszustandes auszuüben in der Lage wäre und die ihm nach Auffassung der Behörde auch sozial zumutbar gewesen wären. In den dazu abgegebenen Stellungnahmen brachte der Beschwerdeführer, hinsichtlich der Tätigkeit als Portier vor, daß diese schon wegen seiner Schwerhörigkeit ausscheide. Im Hinblick darauf holte die belangte Behörde zum vorliegenden Gutachten noch eine ergänzende Stellungnahme ein, nach der die Gehörleistung des Beschwerdeführers für den Sprachverkehr durchaus ausreicht und sich die Gehörschädigung nur im Hochtonbereich auswirkt. Zu dem dem Beschwerdeführer im Parteiengehör zur Kenntnis gebrachten Gutachten erfolgten keinerlei Reaktionen des Beschwerdeführers.
Demnach hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren die Frage der Zumutbarkeit der Tätigkeit als Portier gar nicht releviert. Da diese Tätigkeit aber, bezogen auf die frühere Beschäftigung des Beschwerdeführers, seine dienstliche Stellung und Fortbildung, nicht von vornherein als sozial unangemessen bezeichnet werden kann, wäre es am Beschwerdeführer gelegen gewesen, konkrete Einwendungen zu erheben, aus denen sich allenfalls gezeigt hätte, daß ihm die Aufnahme der genannten Tätigkeit auch nach seinen sonstigen persönlichen Lebensumständen nicht zumutbar wäre. Dementgegen waren die relevanten Einwendungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren gesundheitlicher Art; diese Bedenken sind aber ausgehend von dem Gutachten vom 19. August 1987, gegen das der Beschwedeführer medizinisch begründete Einwendungen nicht vorgebracht hat, ausgeräumt worden. Bei der im Beschwerdefall gegebenen Restarbeitsfähigkeit konnte die belangte Behörde jedenfalls bei jenen Berufssparten, deren Anforderungsprofil sie aus dem eigenen Wirkungsbereich heraus zu beurteilen in der Lage war, auf die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens verzichten.
Im Gegensatz zur Sachlage im Beschwerdefall war in dem vom Beschwerdeführer genannten Erkenntnis seitens der damals belangten Behörde überhaupt keine Zuordnung zu konkreten Berufen erfolgt; die Behörde hatte die damalige Abweisung lediglich auf die allgemeine medizinische Umschreibung der möglichen Tätigkeiten gestützt.
Dem vom Beschwerdeführer erhobenen Einwand der Vermittelbarkeit ist entgegenzuhalten, daß die Frage, ob dem Beamten eine Beschäftigung, die - so wie im Beschwerdefall die Tätigkeit als Portier - Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes ist, tatsächlich vermittelt werden kann, für die abstrakte Beurteilung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers ohne Bedeutung ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1988, Zl. 88/12/0022).
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen sowie unter Beachtung der Mitwirkungsverpflichtung des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren und des für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltenden Neuerungsverbotes ist ein anderes Ergebnis auszuschließen und erübrigt sich daher mangels Entscheidungswesentlichkeit die Auseinandersetzung mit den weiters geltend gemachten Verfahrens- bzw. Begründungmängeln und war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989120103.X00Im RIS seit
12.06.2001