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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §62 Abs1;Betreff
N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 30. November 1989, Zl. 6-74 Pu 1/1-1989, betreffend Steiermärkisches Schulgesetz.
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Schreiben vom 26. Juni 1985 ersuchte der Beschwerdeführer um die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Schischule für den Standort und das Gebiet der Gemeinde B.
Mit Bescheid vom 12. November 1985 wies die belangte Behörde dieses Ansuchen ab.
Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof hob dieser zunächst im Rahmen eines amtswegigen Normenprüfungsverfahrens mit Erkenntnis vom 30. November 1988, G 173/88, die Worte "im angestrebten Standort ein Bedarf gegeben ist und" in Abs. 4 des § 3 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969, LGBl. 1969/211 als verfassungswidrig und mit Erkenntnis vom gleichen Tag, B 940/85, den angefochtenen Bescheid auf.
Mit Schreiben vom 3. Februar 1989 wiederholte der Beschwerdeführer sein Ansuchen vom 26. Juni 1985. 1.2. Da über den Antrag des Beschwerdeführers nicht binnen 6 Monaten entschieden wurde, machte der Beschwerdeführer mit der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Säumnisbeschwerde vom 8. August 1989 Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Steiermärkische Landesregierung geltend.
Nach Ablauf der ihr vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG 1965 gesetzten Frist erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 30. November 1989, Zl. 6-74 Pu 1/1-1989, mit dem das Ansuchen des Beschwerdeführers um die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung und den Betrieb einer Schischule für den Standort und das Gebiet der Gemeinde B. abgewiesen wurde.
Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde wurde daher vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. Februar 1990, Zl. 89/10/0184, nach Anhörung des Beschwerdeführers gemäß § 33 Abs. 1 VwGG wegen Klaglosstellung eingestellt.
1.3. Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. November 1989 richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich dabei insofern beschwert, als die belangte Behörde am 7. Dezember 1989, als die Zuständigkeit nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 17. August 1989 gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten dreimonatigen Frist auf ihn bereits übergegangen war, den angefochtenen Bescheid erlassen habe. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer unter anderem Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend.
1.4. Im Hinblick auf diese behauptete Rechtsverletzung ist es der belangten Behörde mit Verfügung vom 21. März 1990 gemäß § 35 Abs. 2 VwGG unter Setzung einer einwöchigen Frist freigestellt worden, ein Vorbringen zu erstatten, das geeignet ist, das Vorliegen dieser Rechtsverletzung als nicht gegeben erkennen zu lassen.
Die belangte Behörde brachte daraufhin mit Schriftsatz vom 29. März 1990 vor, die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. August 1989 sei bei ihr am 6. September 1989 eingelangt. Ihr Bescheid vom 30. November 1989 sei laut Rückschein am 6. Dezember 1989 aufgegeben worden.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Säumnisbeschwerden die belangte Behörde nur bis zum Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 VwGG zur Nachholung des versäumten Bescheides zuständig. Nach Ablauf der Frist ist sie nicht mehr zuständig, den versäumten Bescheid - sei es stattgebend, sei es abweisend - nachzuholen (vgl. z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1969, VwSlg. 3958/F, und vom 11. Dezember 1984, Zl. 84/04/0187).
Diese Unzuständigkeit der belangten Behörde ist zwar nicht von amtswegen vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmen, doch muß der angefochtene Bescheid, wenn dieser Umstand in der Beschwerde ausdrücklich als Beschwerdepunkt geltend gemacht wird, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben werden (vgl. unter anderem das bereits genannte Erkenntnis vom 11. Dezember 1984 und das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. März 1977, Zl. 752/76, VwSlg. 9274/A).
"Erlassen" - insbesondere auch im Sinne des § 36 Abs. 2 VwGG - ist ein Bescheid im Falle seiner schriftlichen Ausfertigung erst mit der Zustellung an die Partei (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 1985, Zl. 84/08/0053).
2.2. Die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. August 1989, Zl. 89/10/0184-2, den versäumten Bescheid binnen einer Frist von drei Monaten zu erlassen, wurde der belangten Behörde am 6. September 1989 zugestellt. Die Frist lief daher bis einschließlich 6. Dezember 1989.
Der am 7. Dezember 1989 dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellte Bescheid wurde damit erst nach Ablauf der dreimonatigen Frist erlassen. Dazu war die belangte Behörde nicht mehr zuständig.
Der Beschwerdeführer hat diese Unzuständigkeit ausdrücklich als Beschwerdepunkt geltend gemacht.
2.3. Der angefochtene Bescheid war daher aus den dargelegten Erwägungen gemäß § 35 Abs. 2 in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
2.4. Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 209/1989.
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung AnfechtungserklärungEinwendung der entschiedenen SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990100006.X00Im RIS seit
23.04.1990Zuletzt aktualisiert am
25.04.2010