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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §6 Abs1;Betreff
A-Aktiengesellschaft gegen Landeshauptmann von Oberösterreich vom 6. Februar 1990, Zl. Wa-5758/2-1989/Spi, betreffend Gewässerableitung.
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den angefochtenen Bescheid richtet, als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner beschlossen, die Beschwerde, soweit mit ihr Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend gemacht wird, zurückzuweisen.
Begründung
Die Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles ist dem denselben Parteien gegenüber ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1989, Zl. 86/07/0094, zu entnehmen, auf welches im einzelnen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Mit ihm war der Berufungsbescheid der damals wie nun belangten Behörde vom 15. April 1986 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden. Durch jenen hatte der Landeshauptmann von Oberösterreich die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. Februar 1986 abgewiesen, mit welchem der Beschwerdeführerin nachträglich eine befristete wasserrechtliche Bewilligung zu einer Gewässerableitung erteilt und korrespondierende Dienstbarkeiten eingeräumt worden waren. Der Berufungsbescheid hatte die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt; denn sie hatte in ihrer Berufung die Erlassung einer einstweiligen Verfügung verlangt und unmißverständlich erklärt, keine wasserrechtliche Bewilligung erhalten zu wollen, es war aber dessenungeachtet die in erster Instanz erteilte Bewilligung aufrechterhalten worden.
Mit dem im fortgesetzten Verfahren erlassenen Ersatzbescheid vom 6. Februar 1990 hob der Landeshauptmann sodann unter Spruchabschnitt I - nur dieser ist im vorliegenden Fall von Interesse - gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 VwGG den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 25. Februar 1986 im Umfang der Spruchabschnitte I. bis IV.
- diese betrafen die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung, die erforderliche wasserwirtschaftliche Feststellung, die Einräumung von Dienstbarkeiten und die Entschädigung für diese - ersatzlos auf.
Der Bescheid des Landeshauptmannes vom 6. Februar 1990 wird mit der nun erhobenen Beschwerde in seinem Spruchabschnitt I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Begründung bekämpft, die belangte Behörde hätte richtigerweise in der Sache im Sinn der Erlassung der von der Beschwerdeführerin beantragten einstweiligen Verfügung zu entscheiden gehabt oder die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zur Entscheidung über den gestellten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückverweisen müssen. In Form eines Eventualantrages wird ferner Verletzung der Entscheidungspflicht durch Nichterledigung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vom Gerichtshof wurde im erwähnten Vorerkenntnis - dessen Begründung den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im übrigen nicht in Erinnerung gerufen zu werden braucht - zum Ausdruck gebracht, daß die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 beheben hätte müssen, da ein Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung seitens der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht aufrechterhalten worden war. Demnach hat die belangte Behörde mit der ersatzlosen Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides durch den nun angefochtenen Berufungsbescheid gemäß § 63 Abs. 1 VwGG den der Anschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand hergestellt. Allerdings blieb dabei, was die Beschwerdeführerin rügt, ihr Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung unerledigt. Dazu ist folgendes zu bemerken: Der Berufungsbehörde steht zwar gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 die Befugnis zu, während der Anhängigkeit eines Berufungsverfahrens eine einstweilige Verfügung selbst zu treffen, eine dahin gehende Verpflichtung - soweit überhaupt die Voraussetzungen für die Erlassung einer beantragten solchen Verfügung vorliegen - besteht jedoch nicht. Jede Behörde hat allerdings gemäß § 6 Abs. 1 AVG 1950 die Pflicht, Anbringen, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist - und nach Abschluß eines anhängigen Berufungsverfahrens trifft dies für die Berufungsbehörde in der bezeichneten Hinsicht zu -, ohne unnötigen Aufschub an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Ob nun der besagte, in der Berufung - die gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1950 bei der Behörde einzubringen ist, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat - gestellte Antrag nicht ohnedies als an die zuständige Behörde gerichtet anzusehen oder doch seine Weiterleitung durch die Rücksendung der (wenn dies zutrifft) die Berufung enthaltenden Akten an die Bezirksverwaltungsbehörde bereits erfolgt ist, kann dabei dahinstehen. Eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durfte nämlich im gegebenen Fall jedenfalls schon deswegen nicht erhoben werden, weil sich eine solche nicht gegen den Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung, sondern nur gegen den vorher zuletzt vergebens angerufenen zuständigen Bundesminister richten kann (siehe dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 212, angeführte Rechtsprechung).
Aus dem Vorgesagten ergibt sich einerseits, daß die Rechtsverletzung, die in der Bescheidbeschwerde behauptet wird, nicht vorliegt, was schon deren Inhalt erkennen ließ, weshalb diese letztere gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war; anderseits folgt aus Obigem, daß die gleichzeitig subsidiär erhobene Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen werden mußte.
Was die der Aufhebungsbegründung im angefochtenen Bescheid beigefügten allgemeinen Bemerkungen über den Umfang der Kontrollbefugnis einer Berufungsbehörde betrifft, wird die belangte Behörde auf die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I (1987), S. 645 ff., angeführte Rechtsprechung hingewiesen, welche die Unhaltbarkeit eines Standpunktes erkennen läßt, wonach die Berücksichtigung einer erst im Berufungsverfahren entstandenen neuen Tatsache seitens der Berufungsbehörde dem Wesen einer Berufungsentscheidung nicht entspräche.
Schlagworte
Anrufung der obersten BehördeMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseWeiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990070037.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
25.04.2010