TE Vfgh Beschluss 1987/9/28 B695/87

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Veröffentlicht am 28.09.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1

Leitsatz

Einleitungsbeschluß iS des §29 Abs3 und 4 Disziplinarstatut für Rechtsanwälte - kein Bescheid, sondern bloße Verfahrensanordnung, die weder mit einem ordentlichen Rechtsmittel noch mit einem außerordentlichen Rechtsbehelf selbständig bekämpfbar ist

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland faßte am 25. März 1987 gegen den bf. Rechtsanwalt einen Einleitungsbeschluß iS des §29 Abs3 und 4 des Gesetzes vom 1. April 1872, RGBl. 40, betreffend die Handhabung der Disziplinargewalt über Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter - Disziplinarstatut. Dagegen wendet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes begehrt wird.

II. Wie der VfGH insbesondere in seinem (vom Bf. bezogenen) Beschluß VfSlg. 9425/1982 (vgl. auch den Beschluß VfSlg. 10944/1986 mit weiteren Judikaturhinweisen) dargetan hat, bildet ein Einleitungsbeschluß nach §29 Abs3 DSt eine bloße Verfahrensanordnung, die weder mit einem ordentlichen Rechtsmittel noch mit einem außerordentlichen Rechtsbehelf selbständig bekämpft werden kann. Die Argumente, welche der Bf. gegen diese den Bescheidcharakter des Einleitungsbeschlusses verneinende Auffassung vorbringt, sind nicht stichhältig.

Wenn der Bf. auf die Auswirkungen des Einleitungsbeschlusses im Bereich des §11 Abs1 DSt hinweist, so ist daraus für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen. Er mißversteht anscheinend Punkt 2.1.1.2. der Begründung des Beschlusses VfSlg. 9425/1982, wonach der Umstand, daß die Erlassung eines Beschlusses nach §29 Abs3 DSt den Disziplinarrat an der Fassung eines - das grundsätzliche Funktionsausübungsverbot sistierenden - Beschlusses nach §11 DSt hindert, nicht auf die Rechtsnatur des Einleitungsbeschlusses selbst zurückwirken kann.

Das weitere, für die Zulässigkeit der Beschwerde vorgebrachte Argument, der Einleitungsbeschluß stelle eine "Vorentscheidung" über eine strafrechtliche Anklage iS des Art6 Abs1 MRK dar, ist schon vom Ansatz her verfehlt. Wie der Gerichtshof ebenfalls im gerade zitierten Beschluß dargelegt hat, kann über die Qualifikation der dem Beschuldigten zur Last gelegten Handlungsweise als Disziplinarvergehen mit Rechtskraftwirkung nur im Disziplinarerkenntnis abgesprochen werden (Hervorhebungen nicht im Original). Es bedarf daher insbesondere keiner Erörterung darüber, inwieweit Gesichtspunkte des Rechtsschutzes für die Annahme der Bescheidnatur einer Erledigung bedeutsam sein können.

Da nach Art144 B-VG Voraussetzung für die Zuständigkeit des VfGH das Vorliegen eines Bescheides ist, was hier jedoch nicht zutrifft, war die Beschwerde zurückzuweisen.

III. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Zuständigkeit, Bescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B695.1987

Dokumentnummer

JFT_10129072_87B00695_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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