Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Mag. DF gegen Bauoberbehörde für Wien vom 15. Juni 1989, Zl. MDR-B V - 2 und 3/89, betreffend Aufträge zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes
Spruch
I) Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Auftrag zu
Punkt 1 des angefochtenen Bescheides richtet, zurückgewiesen; II) Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Punktes 2 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer eines Hauses auf der Liegenschaft in Wien V, B-Gasse 24. Aufgrund verschiedener Mitteilungen erteilte der Magistrat der Stadt Wien für die genannte Baulichkeit den Eigentümern mit Bescheid vom 4. Juni 1986 den auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) gestützten Auftrag, binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides ohne Baubewilligung durchgeführte bauliche Änderungen zu beseitigen und den konsensgemäßen Zustand wieder herzustellen. Der Auftrag bezog sich in seinem Punkt I zu 1) auf den Keller, zu 2) auf den ersten Stock, zu 3) auf den zweiten Stock und zu 4) auf den dritten Stock. Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers und anderer Miteigentümer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. März 1987 der Bescheid zu Punkt I 3) gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 insofern bestätigt, als er den Auftrag zur Entfernung einer auf dem Gang errichteten Trennwand enthielt. Ebenso wurde zu Punkt I 4) der angefochtene Bescheid in bezug auf den Auftrag bestätigt, die Türöffnungen zwischen drei straßenseitig gelegenen Zimmern und eine am Gang errichtete Trennwand zu entfernen. Von diesen Aufträgen abgesehen, wurde der angefochtene erstinstanzliche Bescheid hinsichtlich Teil I gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen. Der Teil II wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 aufgehoben.
Zur Begründung führte die Rechtsmittelbehörde im wesentlichen aus, im Zuge des Berufungsverfahrens habe die Erstinstanz eine Fotokopie der Baubewilligung vom 22. Dezember 1846 vorgelegt, in welcher sie die Abänderungen im Keller eingetragen habe. Aus dieser Fotokopie ergebe sich, daß sich entgegen der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides im Konsensplan mit 6 und 7 bezeichnete Kellerabteile nicht fänden. Es fände sich dort die Bezeichnung 6 im Bereich einer als entfernt dargestellten Zwischenwand. Entgegen der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides würden auch entfernte Zwischenwände zwischen den Abteilen 8, 9, 10 und 11 und nicht nur entfernte Zwischenwände zwischen den Abteilen 8 und 9 dargestellt. Infolge der wiedergegebenen Unklarheiten und widersprüchlicher Angaben der Berufungswerber sei anhand der Akten nicht klar, inwieweit Abänderungen im Keller zu einem unbekannten Zeitpunkt nach 1846 oder erst in neuerer Zeit erfolgt seien. Es erweise sich daher bezüglich dieses Teiles des angefochtenen Bescheides als notwendig, eine neuerliche Verhandlung an Ort und Stelle durchzuführen, hiebei in einem Plan die zweifelsfrei in neuerer Zeit zu einem wenigstens annähernd feststellbaren Zeitpunkt ohne Baubewilligung durchgeführten Abänderungen detailliert festzuhalten und lediglich hinsichtlich dieser Änderung einen genau konkretisierten Auftrag zur Anpassung an den als konsentiert anzusehenden Zustand zu erlassen. Soweit allfällige Abweichungen vom alten Plan zeitlich nicht zuordenbar seien und nicht feststellbar sei, ob sie nicht schon bei Errichtung des Hauses ausgeführt worden seien, sei im Zweifel ein vermuteter Konsens anzunehmen. Auch hinsichtlich des Auftrages zu Punkt I
2) (erster Stock) erweise sich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle zur genauen Feststellung aller tatsächlich gegebenen Abweichungen vom Konsens als erforderlich, dasselbe gelte für die Punkte I 3) und 4), hinsichtlich der gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 behobenen Bescheidteile.
In der Folge wurden von der Behörde erster Instanz Verhandlungen an Ort und Stelle am 6. Juli 1987 und am 25. September 1987 sowie eine Büroverhandlung am 10. November 1987 durchgeführt. Mit Bescheid vom 6. Dezember 1987 erteilte der Wiener Magistrat folgenden, auf
§ 129 Abs. 10 BO gestützten Auftrag:
"1.)
Im Keller ist die Zusammenlegung der beiden Kellerabteile, gelegen an der Straßenseite und im Bereich der rechten Grundgrenze, insoferne aufzulassen, als konsensgemäß die entfernte Trennwand zu errichten und die abgemauerte Kellerabteileingangstüre herzustellen ist.
2.)
Im Keller ist die Zusammenlegung der drei Kellerabteile, gelegen zwischen Mittel- und Außenmauer (vis a vis der beiden Kellerabteile gemäß Punkt 1.), insoferne aufzulassen, als konsensgemäß die beiden entfernten Trennwände zu errichten und die beiden abgemauerten Kellerabteileingangstüren herzustellen sind.
3.)
Im 1. Stock sind die baulichen Abänderungen in ein Badezimmer im gangseitigen Raum, gelegen neben der Küche der Wohnung Top Nr. 6, insoferne zu beseitigen, als die eingebauten Sanitärgeräte zu entfernen sind und dadurch der konsensgemäße Zustand des gangseitig gelegenen Wohnraumes (Gangkabinett) hergestellt wird.
4.)
Im 1. Stock ist der konsensgemäße Zustand der gangseitigen Küche der Wohnung Top Nr. 6 insoferne herstellen zu lassen, als die errichtete Scheidewand abzutragen und der in diesem Bereich eingebaute Abort zu entfernen ist.
5.)
Im 3. Stock ist der konsensgemäße Zustand des allgemein zu gänglichen Hausganges insoferne herstellen zu lassen, als die Trennwand neben dem Stiegenlauf vom 2. Stock und die Trennwand mit Eingangstüre neben dem Stiegenlauf in den Dachboden abzutragen und dadurch die beiden konsenslos in den Wohnungsverband einbezogenen Gangteile aufzulassen sind.
6.)
Im 3. Stock ist der konsensgemäße Zustand der beiden Gangaborte insoferne herstellen zu lassen, als die beiden fehlenden Aborttrennwände zu errichten und die beiden Aborteingangstüren herzustellen sind.
7.)
Im 3. Stock ist die konsenslose Abmauerung der beiden Gangabortfenster zu entfernen, und sind die beiden Gangabortfenster wieder konsensgemäß herstellen zu lassen.
8.)
Im 3. Stock ist der konsenslose Mauerdurchbruch (Ausmaß ca. 25/15 cm) in der Stiegenhaustrennwand zum Gangteil vor den beiden Gangaborten in voller Wandstärke zu vermauern.
9.)
Im 3. Stock ist der konsensgemäße Zustand der Küche und des gangseitigen Kabinettes in der Wohnung Top Nr. 14 in soferne herstellen zu lassen, als die für den Einbau eines Abortes sowie Duschbadeteiles errichteten Scheidewände abzutragen und mit allen eingebauten Sanitärgeräten zu entfernen sind. Die Trennwand samt Türöffnung (zwischen Küche und Gangkabinett) ist konsensgemäß errichten zu lassen.
10.)
Im Dachgeschoß ist der neben der Rauchfanggruppe in der Mittelmauer konsenslos hergestellte Abgasfang aus doppelschaligem und isoliertem Edelstahlblech und mit einer Höhe von insgesamt ca. 6,00 m abtragen und entfernen zu lassen.
11.)
Im Dachgeschoß ist die konsenslos hergestellte elektrischmechanisch betriebene Entlüftung, bestehend aus mind. zwei Entlüftungsschläuchen (je ca. 14/14 cm), verlaufend nach dem Deckendurchbruch im Fußbodenbereich des Dachgeschoßes und anschließend bis über
Dach hochgeführt, abtragen und entfernen zu lassen.
12.)
Die Deckendurchbrüche in der Abschlußdecke über dem
3. Stock, auf Grund des konsenslosen Abgasfanges und der konsenslosen Entlüftungsschläuche, sind in voller Deckenstärke konsensgemäß verschließen zu lassen.
13.)
Die Öffnungen in der Dachkonstruktion, auf Grund des konsenslosen Abgasfanges und der konsenslosen Entlüftungsschläuche im Dachgeschoß, sind in der Art der bestehenden Dacheindeckung konsensgemäß schließen zu lassen.
Die Maßnahmen nach Punkt 1.) bis 13.) sind binnen 6 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides in Angriff zu nehmen und sodann ohne unnötige Unterbrechung zu beenden."
Gegen diesen Bescheid erhoben die Miteigentümer Mag. Dr. EF hinsichtlich der Aufträge zu Punkt 1), 3) und 4), der Beschwerdeführer und EF sen. hinsichtlich der Punkte 2) bis 13) Berufung. Zu Punkt 1) führte der Beschwerdeführer aus: "Punkt
1) ist korrekt. Die Feststellungen des Herrn K bezüglich dieses Kellers wurden mittels Zeugenaussage der GF und ihres Gatten EF bei der Verhandlung bestätigt. Im Bedarfsfall (Bestreiten durch Dr. EF) werden diese Zeugen nochmals beantragt. Auch ich DF kann in diesem Punkt die Richtigkeit dieses Bescheides bestätigen".
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 15. Juni 1989 wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Aus dem oben dargestellten Vorbringen des Beschwerdeführers zu Punkt 1) des Magistratsbescheides vom 6. Dezember 1987 geht hervor, daß dieser Auftrag von ihm nicht mit Berufung bekämpft worden ist. Die Beschwerde war daher, soweit sie sich auch gegen diesen Punkt richtet, mangels Erschöpfung des Instanzenzuges zurückzuweisen.
Bereits in seiner Berufung gegen den Bescheid des Magistrates vom 6. Dezember 1987 hat der Beschwerdeführer zum Auftrag zu Punkt 2) ausgeführt, daß die von der Behörde vorgenommene Bestandaufnahme ungenau sei, und sich eine Entfernung von zwei Trennwänden und die Wiederherstellung zweier abgemauerter Kellerabteilungseingangstüren aus dem bestehenden Konsensplan nicht ableiten lasse. In diesem Bereich weise der Konsens nur eine Trennwand und nicht zwei auf. Dieses Vorbringen wurde in der Beschwerde im wesentlichen wiederholt. Schon im Berufungsbescheid vom 6. März 1987 hatte die belangte Behörde ausgesprochen, daß anläßlich einer Verhandlung an Ort und Stelle ein Plan zu erstellen sei, in dem die zweifelsfrei in neuerer Zeit zu einem wenigstens annähernd feststellbaren Zeitpunkt ohne Baubewilligung durchgeführten Abänderung detailliert festzuhalten seien. Durch das Unterbleiben einer Planherstellung und der wenigstens näherungsweisen Ermittlung des Zeitpunktes der Durchführung der konsenswidrigen Abänderungen wurde diesem Auftrag nicht entsprochen. Da aber das Aufstellen oder Niederlegen von nichttragenden Kellertrennwänden seit 1846 jedenfalls bis zum Inkrafttreten der Bauordnung 1930 keiner Bewilligungspflicht unterlag (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1890, Slg. Nr. 5481 zu § 14 der Bauordnung für Wien 1883), war nicht nur die planliche Feststellung zur Konkretisierung, sondern auch der Zeitpunkt der Durchführung der Abänderungen für die Beurteilung maßgeblich, ob ein auf § 129 Abs. 10 BO gestützter Auftrag gerechtfertigt ist. Durch das Unterlassen dieser Feststellungen hat daher die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensmangel belastet, bei dessen Vermeidung sie zu einem anderen Verfahrensergebnis hätte gelangen können. Es kann allerdings keinem Zweifel unterliegen, daß die in neuerer Zeit allenfalls durchgeführte Abmauerung von Türdurchbrüchen sowie das Aufstellen oder Niederlegen von Kellerwänden jedenfalls seit der Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 18/1976 grundsätzlich der Bewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO unterliegt, da durch derartige Änderungen die Raumeinteilung geändert wird.
Hingegen trifft der in der Beschwerde erhobene Vorwurf der Undeutlichkeit hinsichtlich der weiteren Aufträge nicht zu. In Punkt 9 wurde konkret beschrieben, welche Scheidewände abzutragen und welche konsensgemäß zu errichten sind. Auch in der mit 27. Jänner 1988 datierten Berufung wußte der nunmehrige Beschwerdeführer noch genau, um welche Wände es sich handelte.
Der Beschwerdeführer bestreitet die Bewilligungspflicht des Mauerdurchbruches im 3. Stock (Ausmaß ca. 25 x 15 cm, Punkt 8), es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß die Herstellung eines Mauerdurchbruches mit den genannten Ausmaßen nicht nur von Einfluß auf die Feuersicherheit, sondern wegen des Entstehens von Zugluft auch von Einfluß auf die gesundheitlichen Verhältnisse ist und dementsprechend gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO einer Baubewilligung bedarf.
Der Beschwerdeführer rügt, die Aufträge zu Punkt 4 bis 8 seien in ihrer Bezeichnung und Beschreibung mangelhaft geblieben. Dies trifft jedoch nicht zu, da unabhängig von der Bezeichnung der topographischen Nummern die Konsenswidrigkeiten so eingehend beschrieben sind, daß sie sich ohne weiteres den jeweiligen Räumen zuordnen lassen. So ist beispielsweise im Punkt 5 die Trennwand neben dem Stiegenlauf vom 2. Stock und die Trennwand mit Eingangstüre neben dem Stiegenlauf in den Dachboden beschrieben; da es nur je einen Stiegenlauf vom 2. Stock und einen Stiegenlauf in den Dachboden gibt, ist die örtliche Situation hinreichend umschrieben. Dasselbe gilt für die Aufträge zu den Punkten 10) bis 13). Auch hier sind die Aufträge hinsichtlich der örtlichen Situierung und des Umfanges der erforderlichen Arbeiten ausreichend konkretisiert.
Zum Beschwerdevorbringen, die Behörde habe nicht alle Konsenswidrigkeiten im Hause aufgegriffen und dementsprechende baupolizeiliche Aufträge erlassen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Bereits in seinen Erkenntnissen vom 5. Mai 1952, Slg. N.F. 2525/A, vom 25. April 1961, Zl. 2294/6, u.a. hat der Gerichtshof ausgesprochen, daß auf die Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages niemandem ein Rechtsanspruch zusteht. Ein "selbstverständliches" Interesse an einer "Gesamtfeststellung" aller Bauordnungswidrigkeiten räumt die Bauordnung niemandem ein. Dadurch, daß dem Beschwerdeführer als Miteigentümer nicht noch weitere Aufträge zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes des Hauses erteilt worden sind, wurde er in keinem Recht verletzt.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die Beschwerde hinsichtlich der Aufträge zu den Punkten 3) bis 13) als unbegründet abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 im Rahmen des gestellten Antrages. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung von Stempelgebühren für eine nicht erforderliche Beschwerdegleichschrift.
Schlagworte
Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4Baurecht Baubefehl Polizeibefehl baupolizeilicher AuftragBaurecht Grundeigentümer RechtsnachfolgerBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989050164.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
21.06.2012