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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §73 Abs1;Betreff
N gegen Gemeinderat der Marktgemeinde T wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, gelegen in der Nichterledigung eines Devolutionsantrages in einer Bausache (Beteiligte: A und BC).
Spruch
In Anwendung des § 42 Abs. 5 VwGG wird der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 24. Februar 1989 gemäß § 73 AVG 1950 zurückgewiesen.
Die Marktgemeinde T hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 3. Dezember 1974 hatte der Bürgermeister der Marktgemeinde T A und BC die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Neubaues zur Schaffung eines Heurigenschanklokales und einer Wohnung auf dem Grundstück 467/9, KG T, erteilt. In Aktenvermerken vom 3. März 1980 und vom 8. August 1985 wurde festgehalten, daß der Bürgermeister AC "eine mündliche Verlängerung der Baubewilligung" erteilt habe.
Mit Ladung vom 17. Juni 1988 beraumte der Bürgermeister für 25. Juni 1988 eine mündliche Verhandlung an, deren Gegenstand das Ansuchen des A und der BC um Baubewilligung zur Errichtung eines Heurigenschanklokales auf dem Grundstück 467/9, KG T, war (ob dieser Ladung tatsächlich ein derartiges Ansuchen voranging, kann nach den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten nicht festgestellt werden). Zu dieser Verhandlung wurde auch der Beschwerdeführer als Anrainer geladen. Als der Beschwerdeführer daraufhin am 22. Juni 1988 Akteneinsicht nehmen wollte, stellte ein Organwalter der Gemeinde in einem Aktenvermerk fest, daß bis zu diesem Tage noch keine Pläne und Baubeschreibungen eingelangt seien, sodaß keine Einsicht gewährt werden könnte. Im Akt erliegt weiters ein mit 23. Juni 1988 datiertes Ansuchen des A und der BC um Erteilung der Baubewilligung für ein Heurigenlokal auf dem Grundstück 467/9, KG T. Wann dieses Ansuchen beim Gemeindeamt einlangte, kann anhand der Verwaltungsakten nicht festgestellt werden. Ob bereits damals dem Ansuchen Baubeschreibungen und Baupläne angeschlossen waren, ist gleichfalls nicht eruierbar. In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich auch keine Verhandlungsschrift bzw. kein Aktenvermerk über die für 25. Juni 1988 anberaumte Verhandlung. Es erliegt jedoch eine mit 22. Juni 1988 datierte Vollmacht des Beschwerdeführers an seinen Vertreter im Akt, und aus einem Schreiben des Vertreters des Beschwerdeführers an den Bürgermeister vom 6. Juli 1988 ergibt sich, daß eine Verhandlung stattgefunden haben dürfte. Ob und bejahendenfalls welche Planunterlagen dieser Verhandlung zugrunde lagen, kann nach den vorgelegten Verwaltungsakten nicht festgestellt werden. In der Folge urgierte der Vertreter des Beschwerdeführers mehrfach Planunterlagen, worauf schließlich der Bürgermeister mit Schreiben vom 16. November 1988 mitteilte, daß für das Bauvorhaben eine Baubewilligung vom 3. Dezember 1974 vorliege, welche mündlich verlängert worden sei. Neue Planunterlagen seien nach dem 25. Juni 1988 dem Gemeindeamt nicht vorgelegt worden.
In seinem Schreiben vom 23. November 1988, eingelangt bei der Gemeinde am 30. November 1988, vertrat der Beschwerdeführer die näher begründete Rechtsansicht, daß eine rechtswirksame Baubewilligung nicht vorliege, sodaß die Baubehörde verpflichtet sei, die Fortsetzung der bereits begonnenen Arbeiten zu untersagen und den Bauwerbern und Grundeigentümern die Herstellung des ursprünglichen Zustandes aufzutragen. Ausdrücklich wurde beantragt, dem Beschwerdeführer im Bauauftragsverfahren Parteistellung zuzuerkennen, ihm den Bescheid, mit dem die Baubewilligung aus dem Jahre 1974 verlängert worden sei, zuzustellen, A und BC die Fortsetzung der Arbeiten sofort zu untersagen und ihnen aufzutragen, das Fenster in der Brandmauer an der Grenze zur Liegenschaft des Beschwerdeführers zu entfernen und die Brandmauer zu verschließen, die konsenslos zu hoch gebaute Garage abreißen zu lassen und schließlich das Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung mangels Vorlage von Plänen abzuweisen.
Nachdem der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Baden eine Aufsichtsbeschwerde eingebracht hatte, belehrte die Bezirkshauptmannschaft den Bürgermeister mit Schreiben vom 9. Februar 1989 dahingehend, daß eine rechtswirksame Baubewilligung nicht vorliege, und es erging der Auftrag, die Bauarbeiten mit Bescheid gemäß § 109 Abs. 3 der NÖ Bauordnung (BO) innerhalb einer Frist von drei Wochen einzustellen. Mit einem formlosen Schreiben vom 27. Februar 1989 teilte der Bürgermeister A und BC mit, daß die Bauarbeiten gemäß § 109 Abs. 3 BO ab sofort einzustellen seien.
Mit Schreiben vom 24. Februar 1989, bei der Gemeinde am 3. März 1989 eingelangt, beantragte der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Anträge vom 23. November 1988 den Übergang der Entscheidungskompetenz an den Gemeinderat als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.
Mit Eingabe vom 13. Oktober 1989 beantragte der Beschwerdeführer abermals, ihm im Bauauftragsverfahren Parteistellung zuzuerkennen und A und BC den Abbruch aller auf ihrer Liegenschaft errichteter Baulichkeiten sowie die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aufzutragen.
Da der Gemeinderat über den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers keine Entscheidung fällte, erhob dieser am 17. Oktober 1989 Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Nach Erlassung eines Verbesserungsauftrages leitete der Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 30. November 1989 gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein. Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG wurde der belangten Behörde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen, eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege und gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 24. Dezember 1989 zugestellt. Die belangte Behörde erließ weder den versäumten Bescheid, noch legte sie die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor. Erst auf Grund telefonischer Urgenzen langten die Verwaltungsakten schließlich am 6. April 1990 beim Verwaltungsgerichtshof ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer zu Recht der belangten Behörde eine Verletzung der Entscheidungspflicht vorwirft, weil diese nicht binnen sechs Monaten über den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers entschieden hat (vgl. § 27 VwGG). Die Beschwerde erweist sich sohin als zulässig.
In der Sache selbst war jedoch der Devolutionsantrag aus nachstehenden Erwägungen zurückzuweisen: Zur Frage der Entscheidungspflicht bestimmt § 73 Abs. 1 AVG 1950, daß die Behörden verpflichtet sind, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien spätestens sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Die NÖ Bauordnung 1976 kennt nun zwar im § 118 Abs. 2 bei Baubewilligungsverfahren eine Entscheidungsfrist von drei Monaten, nicht jedoch für baupolizeiliche Aufträge. Da der Beschwerdeführer seine Anträge an den Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz erst am 30. November 1988 gestellt hatte, hat er seinen Devolutionsantrag vom 24. Februar 1989 vor Ablauf der hier maßgeblichen sechsmonatigen Frist des § 73 Abs. 1 AVG 1950, somit also verfrüht, gestellt. Damit aber war der Devolutionsantrag zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderliche Stempelgebühren.
Schlagworte
Anspruch auf Sachentscheidung Besondere RechtsgebieteBinnen 6 MonatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989050198.X00Im RIS seit
24.04.1990Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017