TE Vwgh Beschluss 1990/4/24 89/04/0180

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Veröffentlicht am 24.04.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §79 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §79 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 idF 1988/399;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

X-AG gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. März 1989, Zl. 303.200/2-III-3/87, betreffend Vorschreibung von Auflagen gemäß § 79 GewO 1973 (mitbeteiligte Parteien: 1. B in Y, 2. Stadt Z

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung vom 22. September 1978 wurde der Beschwerdeführerin für ihre Betriebsanlage (Zellstoffabrik) gemäß § 79 GewO 1973 eine Reihe zusätzlicher Auflagen vorgeschrieben. Der Landeshauptmann von Steiermark änderte diesen Bescheid aufgrund der dagegen erhobenen Berufungen mit Bescheid vom 20. Juli 1979 teilweise ab. Aufgrund der auch gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen verfügte der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie mit Bescheid vom 27. Oktober 1980 wiederum Änderungen der Vorbescheide. Diesen Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Dezember 1981, Zl. 04/3.793/80, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Den daraufhin am 30. November 1983 ergangenen Ersatzbescheid hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkentnis vom 5. November 1985, Zlen. 84/04/0036 und 84/04/0041 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Mit dem nunmehr ergangenen Ersatzbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. März 1989 wurden der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 22. September 1978 - hinsichtlich des Abspruches gemäß § 79 GewO 1973 - und der diesem teilweise Folge gebende (gemeint wohl: "abändernde") Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 20. Juli 1979 - dieser soweit er sich auf den verifizierten Abspruch gemäß § 79 leg. cit. bezieht - gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (ersatzlos) behoben. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges aus, zur Klärung des Sachverhaltes und des Berufungsvorbringens und in Würdigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien weitere umfangreiche Erhebungen durch die Gewerbebehörde dritter Instanz gepflogen worden. Zufolge dieser Erhebungen ergebe sich jedoch, daß sich durch den erfolgten Zeitablauf - seit der Entscheidung der Gewerbebehörde erster Instanz seien nahezu 11 Jahre vergangen - die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten dermaßen geändert hätten, daß die Vorschreibung von zusätzlichen bzw. anderen Auflagen eines neuen Ermittlungsverfahrens bedürfe. Wie den Akten des Administrativverfahrens entnommen werden könne, seien zwischenzeitlich zahlreiche Änderungen der Betriebsanlage und Bescheide mit zusätzlichen Auflagen in Kraft getreten, sodaß eine dieser geänderten Situation Rechnung tragende vollkommen neue Beurteilung der gegenständlichen Anlage erforderlich sei. Aufgabe der Gewerbebehörde erster Instanz werde es sein, Ermittlungen darüber zu pflegen, ob im gegenwärtigen Zeitpunkt zusätzliche bzw. andere Auflagen für die in Rede stehende Betriebsanlage erforderlich seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf eine materielle Entscheidung gemäß § 79 GewO 1973 verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, aus den Erkentnissen des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich, daß das Ermittlungsverfahren nur in einzelnen Punkten einer Ergänzung bedürfe. Daß eine neuerliche mündliche Verhandlung stattzufinden habe, sei nicht erkennbar. Auch aus der Änderung der Rechtslage ergebe sich kein besonderer Mehraufwand für die belangte Behörde. In der Zwischenzeit ergangene Bescheide könnten von der belangten Behörde ebenfalls ohne besonderen Aufwand von amtswegen berücksichtigt werden. Es lägen somit die Voraussetzungen des § 66 AVG nicht vor. Im übrigen sei die Begründung so mangelhaft, daß eine Nachprüfung des Bescheides auf die Gesetzmäßigkeit seines Inhaltes abschließend gar nicht möglich sei. Insbesondere sei nicht nachprüfbar, von welchen konkreten Tatsachenfestellungen die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgegangen sei. Der allgemeine Hinweis auf die Aktenlage reiche jedenfalls nicht aus.

Gemäß § 79 Abs. 1 Gew0 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid und im Betriebsbewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben.

Diese Bestimmung enthält die bezeichnete gesetzliche Ermächtigung der Behörde für den Fall, daß das Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage abgeschlossen ist, mit den in diesem Verfahren vorgeschriebenen Auflagen aber nicht das Auslangen gefunden werden kann, um die im § 74 umschriebenen Interessen hinreichend zu schützen. In dem aufgrund des § 79 GewO 1973 durchzuführenden Verfahren hat demnach die Behörde von Amts wegen zu prüfen, welche anderen oder zusätzlichen Auflagen zum Schutz der im § 74 Abs. 2 leg. cit. umschriebenen Interessen vorzuschreiben sind. Sie kann hiebei Vorschläge, die dazu vom Inhaber der Betriebsanlage selbst gemacht werden, also ein von ihm in diesem Sinne vorgelegtes Projekt, ihrer Entscheidung zugrunde legen, wenn dessen Verwirklichung den angestrebten Schutz gewährleistet; sie ist aber an diese Vorschläge nicht gebunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1987, Zl. 86/04/0123).

Die Gesetzeslage sieht somit im Zusammenhang mit dem nach § 79 GewO 1973 von der Behörde durchzuführenden Verfahren weder eine Antragstellung seitens des Betriebsanlageninhabers noch auch etwa von Nachbarn vor. Sie enthält auch nicht eine tatbestandsmäßige Voraussetzung für einen negativen Feststellungsbescheid.

Die Beschwerdeführerin kann daher durch den angefochtenen Bescheid, mit dem über ihren Berufungsantrag die ihr in diesem Verfahren von Amts wegen vorgeschriebenen Auflagen wieder beseitigt wurden, in keinem subjektiven Recht verletzt sein. Daß die angefochtene Entscheidung - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - möglicherweise gegen Verfahrensvorschriften verstößt, vermag ein Beschwerderecht der Beschwerdeführerin nicht zu begründen, weil den Parteien des Verwaltungsverfahrens, losgelöst vom Verfahrensergebnis, ein subjektives öffentliches Recht auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften nicht zusteht (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1974, Slg. N.F. Nr. 8713/A und vom 8. November 1976, Slg. N.F. Nr. 9170/A).

Fehlt aber solcher Art schon die Möglichkeit der Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid, so mangelt es ihr an der Beschwerdeberechtigung (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juli 1956, Slg. N.F. Nr. 4127/A und viele andere).

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht und Eisenbahnrecht Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040180.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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