TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/24 89/14/0260

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Veröffentlicht am 24.04.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/03 Steuern vom Vermögen;

Norm

BAO §115 Abs4;
Sonderabgabe von Kreditunternehmungen §3 Abs2 Z1;
VwRallg;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1990, 454;

Betreff

X reg. Gen.m.b.H. gegen Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 18. März 1988, Zl. 363/1-3/Kr-1984, betreffend Sonderabgabe von Kreditunternehmungen für 1981:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung schrieb das Finanzamt der beschwerdeführenden Kreditunternehmung (in der Folge: Beschwerdeführer) die Sonderabgabe laut dem Bundesgesetz vom 26. November 1980, mit dem eine Sonderabgabe von Kreditunternehmungen erhoben wird, BGBl. 1980/553 (in der Folge: KU-SAG), unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage vor, die abweichend von der Steuererklärung die Bilanzsumme nicht um Aktivposten gemäß § 3 Abs. 2 Z. 1 KU-SAG kürzte, bei denen es sich nach dem Ergebnis der Prüfung um Beteiligungen an fünf Personengesellschaften handelte, weil solche Beteiligungen keine von der Kreditunternehmung unmittelbar geführten Betriebe seien.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er behauptete, daß auch Beteiligungen unter die Kürzungsregel des § 3 Abs. 2 Z. 1 KU-SAG fielen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie teilte die Rechtsansicht des Beschwerdeführers nicht.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 26. September 1989, B 1037/88-7, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berühre, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu den hier maßgeblichen Rechtsfragen (zum Gleichheitsgrundsatz im allgemeinen vgl. etwa VfSlg. 8457/1978; zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Regelung des Abgabentarifes z.B. VfSlg. 7828/1976; zur Verfassungsmäßigkeit der Banken-Sonderabgabe vgl. VfSlg. 10.001/1984) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, daß ihm keine Sonderabgabe für seine Beteiligungen an Personengesellschaften vorgeschrieben werde. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 KU-SAG ist Bemessungsgrundlage für die Sonderabgabe die Bilanzsumme der Kreditunternehmung, vermindert um die in Abs. 2 genannten Beträge. Nach § 3 Abs. 2 Z. 1 KU-SAG ist die Bilanzsumme um jene Aktivposten zu kürzen, soweit sie Betrieben unmittelbar zuzurechnen sind, die nach der Verkehrsauffassung nicht den Geschäftsbereich der Kreditunternehmung darstellen.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob Beteiligungen einer Kreditunternehmung an Personengesellschaften Aktivposten im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift darstellen. Der Beschwerdeführer behauptet dies, von der belangten Behörde wird diese Auslegung des Gesetzes bestritten.

Die belangte Behörde hat den Wortlaut des Gesetzes für sich. Nach diesem muß es sich um Aktivposten handeln, die einem Betrieb unmittelbar zuzurechnen sind, der nicht den Geschäftsbereich der Kreditunternehmung darstellt. Es muß sich also um AKTIVPOSTEN eines Betriebes handeln. Beteiligungen an einem Betrieb sind keine Aktivposten dieses Betriebes. Daraus folgt, daß der Betrieb, um dessen Aktivposten die Bilanzsumme zu kürzen ist, nur ein Betrieb der Kreditunternehmung selbst sein darf. Beteiligungen am Betrieb eines Dritten oder Aktivposten des Betriebes eines Dritten erwähnt die Kürzungsregel des § 3 Abs. 2 Z. 1 KU-SAG daher nicht. Die Materialien des Gesetzes (Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 476 BlgNR, 15. GP, 3) bestätigen die dem Wortlaut entsprechende Absicht des Gesetzgebers, weil es darin heißt: "Die Beteiligungen an anderen Unternehmen sollen hingegen, da sie keine unmittelbare betriebliche Aktivität der Kreditunternehmung darstellen, von der Sonderabgabe erfaßt werden".

Der Beschwerdeführer beruft sich zum Beleg der Richtigkeit seiner Auslegung des Gesetzes auf die Bilanzbündeltheorie. Dieses Argument überzeugt schon deshalb nicht, weil die Sonderabgabe bei der Definition der Bemessungsgrundlage an die handelsrechtliche Bilanz anknüpft, in der Beteiligungen an Personengesellschaften als Gesellschaftsanteile und nicht als direkte Anteile am Vermögen der Personengesellschaft auszuweisen sind (vgl. Ruppe, Die Sonderabgabe von Kreditunternehmungen, ÖStZ 1983, 176). Die Bilanzbündeltheorie kann daher für die Auslegung des § 3 Abs. 2 Z. 1 KU-SAG nicht herangezogen werden.

Wenn sich der Beschwerdeführer darauf beruft, der Gesetzgeber habe nur den "Bankbereich" erfassen wollen, zu dem jedoch die Beteiligungen der Bank nicht zählten, ist ihm entgegenzuhalten, daß für den Gestaltungswillen des Gesetzgebers im Zusammenhang mit der Bemessungsgrundlage der Sondergabe der Wortlaut des Gesetzes in Verbindung mit den bereits oben wiedergegebenen Materalien maßgeblich ist. Danach machen auch Beteiligungen an Personengesellschaften keine Ausnahme von dem Grundsatz der Unbeachtlichkeit von Beteiligungen an nicht zum Bankbereich gehörenden Betrieben für die Kürzung der Bemessungsgrundlage gemäß § 3 Abs. 2 Z. 1 KU-SAG. Der Objektsteuercharakter der Abgabe ist daher jedenfalls kein Argument für den Standpunkt des Beschwerdeführers.

Da es sich bei den Kürzungsbeträgen gemäß § 3 Abs. 2 Z. 1 KU-SAG um Aktivposten eines Betriebes der Kreditunternehmung handeln muß, geht der Hinweis am Kürzungstatbestand vorbei, daß eine Beteiligung an einer Personengesellschaft vom Bankbereich losgelöst zu sehen sei. Abgesehen davon zählt gemäß § 1 Abs. 1 Z. 11 KWG zum Bankgeschäft auch das Finanzierungsgeschäft in der Form zeitlich begrenzter Beteiligung an Unternehmungen(vgl. zum Kapitalbeteiligungsgeschäft unter Rz 54 zu § 1 in Fremuth-Laurer-Pötzelberger, Handkommentar zum KWG).

Der Beschwerdeführer reklamiert für seinen Standpunkt den Grundsatz verfassungskonformer Auslegung mit der Begründung, die Interpretation der belangten Behörde widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz. Sei nämlich eine Kreditunternehmung "zu 100 % an einer Personengesellschaft beteiligt", so bestünde kein Zweifel, daß die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Z. 1 KU-SAG erfüllt seien. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß es eine "Beteiligung" zu 100 % an einer Personengesellschaft nicht gibt, weil in einem solchen Fall kein Gesellschaftsverhältnis mehr besteht, sondern Einzelunternehmerschaft vorliegt. Zwischen der Bank, die als Einzelunternehmer durch einen Betrieb außerhalb des Bankbereiches tätig wird einerseits und der Beteiligung (auch in Form einer Personengesellschaft) an einem Betrieb außerhalb des Bankbereiches andererseits besteht aber schon im Hinblick auf die unterschiedliche Zivilrechtslage ein qualitativer und nicht nur ein quantitativer Unterschied. Dieser rechtfertigt eine unterschiedliche Gestaltung der Bemessungsgrundlage für die Sonderabgabe. Ein über diese unterschiedliche Rechtslage hinwegsehendes Ordnungssystem wurde bei Einführung der Sonderabgabe weder geschaffen noch an ein solches angeknüpft. Es bedurfte daher für die Regelung, wie sie von der belangten Behörde verstanden wird, auch keiner besonderen Rechtfertigung unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes wegen Abweichens von einem durch den Gesetzgeber selbst vorgegebenen Ordnungssystems.

Eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben durch die belangte Behörde sieht der Beschwerdeführer darin, daß er seit 1981 in den Erklärungen über die Sonderabgabe die Bemessungsgrundlage um die strittigen Beteiligungen gekürzt habe, was vom Finanzamt ohne Beanstandung akzeptiert worden sei. Erst in abgabenbehördlichen Prüfungen im Mai und Juni 1983 sei die Vorgangsweise erstmals beanstandet worden.

Abgesehen davon, daß dieser Einwand gegen das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt, weil sich der Beschwerdeführer vor den Abgabenbehörden auf ein solches Vorbringen nicht gestützt hat und auch Rechtsausführungen unter das Neuerungsverbot fallen, deren Richtigkeit nur auf Grund von Feststellungen überprüft werden kann, die im Verwaltungsverfahren unterblieben sind, weil der Beschwerdeführer in diesem Umfang untätig geblieben ist (vgl. VwSlg. 6883 A/1966 und 7937 A/1970), verkennt der Beschwerdeführer den Grundsatz von Treu und Glauben. Vertrauensschutz kann danach nämlich - unter weiteren Voraussetzungen - nur einer Disposition des Steuerpflichtigen zukommen, das durch ein das Vertrauen rechtfertigendes Verhalten der Behörde ausgelöst worden ist (vgl. etwa Verwaltungsgerichtshof 30. November 1981, 3166, 3225 bis 3227/79, ÖStZB 1982, 253; 14. Dezember 1982, 82/14/0036, ÖStZB 1983, 267). Solche Dispositionen werden nicht einmal in der Beschwerde behauptet. Abgesehen davon zeigt die Aktenlage, daß aus der Steuererklärung für 1981, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, gar nicht ersichtlich war, daß es sich bei dem eingesetzten Kürzungsbetrag um eine Beteiligung handelt, geht doch die Erklärung diesbezüglich nicht über den vorgedruckten, mit dem Gesetzestext übereinstimmenden Wortlaut des Erklärungsformulars (Lager-Nr. KD 1) hinaus. Schon deshalb kann keine Rede davon sein, daß eine Kürzung für Aktivposten in Form einer Beteiligung vom Finanzamt "akzeptiert" worden sei.

Soweit die Beschwerde rügt, die belangte Behörde habe ihre Begründungspflicht verletzt, zeigt sie einen wesentlichen Verfahrensmangel nicht auf, weil sie nicht darstellt, in welchen entscheidungswesentlichen Punkten die Begründung so ungenügend geblieben sei, daß eine Nachprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof hiedurch nicht möglich sei oder bei Vermeidung des Mangels eine anders lautende Entscheidung hätte erfolgen können. Eine Erläuterung, um welche entscheidungswesentlichen vom Beschwerdeführer "vorgetragenen Gesichtspunkte" es sich handeln soll, auf die die belangte Behörde nicht eingegangen sei, bleibt der Beschwerdeführer schuldig. Der aus den Verwaltungsakten ersichtliche Vortrag des Beschwerdeführers vor den Verwaltungsbehörden betraf keine entscheidungswesentlichen Gesichtspunkte, weil er von der oben widerlegten, also unrichtigen Rechtsansicht des Beschwerdeführers ausging.

Da der Beschwerdeführer somit aus dem angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989140260.X00

Im RIS seit

24.04.1990

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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