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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art132;Betreff
N gegen Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit eines Taxikonzessionsansuchens
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 5 erster Satz VwGG wird der belangten Behörde aufgetragen, binnen sechs Wochen den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung zu erlassen, daß die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Mai 1987, LGBl. Nr. 22/1987, betreffend die Verhältnis- und Höchstzahl der für das mit Kraftfahrzeugen betriebene Platzfuhrwerksgewerbe zuzulassenden Kraftfahrzeuge in Wien (Wiener Taxi-Kraftfahrzeug Verhältnis- und Höchstzahl-Verordnung) nicht anzuwenden ist.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von § 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer richtete am 18. Mai 1987 an den Magistrat der Stadt Wien das Ansuchen, ihm die Konzession für das in der Folge auf fünf Personenkraftwagen eingeschränkte Taxi-Gewerbe mit dem Standort in Wien, X-Gasse, zu erteilen.
Da die Behörde nicht entschied, stellte der Beschwerdeführer mit dem am 26. April 1988 beim Landeshauptmann von Wien eingebrachten Schriftsatz den im § 73 AVG 1950 vorgesehenen Devolutionsantrag. Mit Bescheid vom 8. Juli 1988 verweigerte der Landeshauptmann von Wien dem Beschwerdeführer die beantragte Konzession. Der Beschwerdeführer besitze nicht die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit. Gegen den Beschwerdeführer seien in den letzten fünf Jahren elf Verwaltungsstrafen wegen Übertretung kraftfahrrechtlicher und straßenpolizeilicher Vorschriften verhängt worden. Darunter befänden sich auch mehrere Strafen, die Verletzungen gravierender Vorschriften zum Gegenstand haben. So sei der Beschwerdeführer schuldig erkannt worden, in dem angeführten Zeitraum je einmal eine Geschwindigkeitsüberschreitung nach § 20 Abs. 2 StVO und § 52 Z. l0a leg. cit. sowie einmal eine Übertretung der Vorschriften des § 19 Abs. 4 StVO (Verletzung der Vorrangbestimmungen), weiters viermal nach § 36 lit. e KFG (Verwendung eines nicht den Vorschriften entsprechenden Fahrzeuges im öffentlichen Verkehr) begangen zu haben. Hiezu komme, daß der Beschwerdeführer in den letzten fünf Jahren auch insgesamt 10 mal wegen Übertretung von Vorschriften der Betriebsordnung für den nicht linienmäßen Personenverkehr bestraft worden sei, somit wegen Übertretung von Vorschriften, die die Ausübung des von ihm angestrebten Gewerbes regeln und die zum Schutze der Fahrgäste erlassen worden sind.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. In der vorliegenden, auf Art. 132 B-VG gestützten und am 8. März 1989 zur Post gegebenen Beschwerde wird die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr geltend gemacht.
Mit Verfügung vom 21. März 1989 wurde vom Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren eingeleitet.
Mit Schreiben vom 7. Juni 1989 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten mit dem Bemerken vor, daß die vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretungen allenfalls im Rahmen einer Wahlrechtsentscheidung einen für ihn ungünstigen Niederschlag finden könnten und bei den Verwaltungsbehörden (aller drei Instanzen) derzeit 124 Ansuchen um Erteilung einer Taxikonzession für 259 Fahrzeuge mit einem Standort in Wien anhängig seien, denen im Hinblick auf die Wiener Taxi-Kraftfahrzeug Verhältnis- und Höchstzahl-Verordnung, LGBl. Nr. 22/1987 - wie einem Bericht des Magistrates der Stadt Wien vom 23. Mai 1989 zu entnehmen sei -lediglich eine Konzessionsvergabemöglichkeit für acht Fahrzeuge gegenüberstehe. Es sei ihr daher eine Entscheidung im Gegenstande innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht möglich gewesen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Entscheidung über die vorliegende Säumnisbeschwerde in der Sache selbst (§ 42 Abs. 5 VwGG) sind gegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat es für zweckmäßig erachtet, seine Entscheidung im Sinne des § 42 Abs. 5 erster Satz VwGG auf einzelne Rechtsfragen zu beschränken, und erwogen:
Der Verfassungsgerichtshof hat auf Grund des aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde an ihn gestellten Antrages des Verwaltungsgerichtshofes mit Erkenntnis vom 9. März 1990, V 101/89, die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Mai 1987, LGBl. Nr. 22/1987, betreffend die Verhältnis- und Höchstzahl der für das mit Kraftfahrzeugen betriebene Platzfuhrwerksgewerbe zuzulassenden Kraftfahrzeuge in Wien (Wiener Taxi-Kraftfahrzeug Verhältnis- und Höchstzahl-Verordnung) als gesetzwidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Verordnung nicht mehr anzuwenden ist.
Gemäß Art. 139 Abs. 6, zweiter Satz B-VG ist die genannte Verordnung im vorliegenden Anlaßfall bei der Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht mehr anzuwenden.
Zur Erlassung des versäumten Bescheides unter Zugrundelegung dieser hiemit festgelegten Rechtsanschauung war der belangten Behörde gemäß der angeführten Gesetzesstelle eine der Sachlage nach angemessene Frist von sechs Wochen einzuräumen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens hat Stempelgebührenaufwand zum Gegenstand, weil die Beilagen der Beschwerde lediglich in einfacher Ausfertigung beizubringen waren und ein Ersatz von Kosten für die Stempelgebühren auf einer bereits vor einem Gericht verwendeten und von diesem entwerteten Vollmacht nicht zuzusprechen war.
Wien, am 25. April 1990
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030081.X00Im RIS seit
24.04.2007