Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §6 Abs1;Betreff
E gegen Landeshauptmann von Niederösterreich vom 23. März 1988, Zl. VII/1-V-1008/5/1-87, betreffend Übertretung des Arbeitszeitgesetzes
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft O vom 12. März 1987 wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer als vertretungsbefugtes Organ der Firma A-Gesellschaft m.b.H. mit dem Standort in R es unterlassen habe, der Aufforderung des Arbeitsinspektorates zur Vorlage der Arbeitszeitunterlagen betreffend fünf namentlich genannte Arbeitnehmer bis zum 26. August 1986 nachzukommen, wodurch er Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 2 des Arbeitszeitgesetzes begangen habe. Gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. wurden Geldstrafen von insgesamt S 6.000,-- (Ersatzarreststrafe in der Dauer von insgesamt 12 Tagen) verhängt sowie als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens S 600,-- auferlegt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung gemäß § 51 VStG 1950 in Verbindung mit § 66 AVG 1950 teilweise Folge gegeben und die verhängten Strafen auf eine Gesamtstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 4 Tage) herabgesetzt und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf S 200,-- ermäßigt. Im übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, hängt die örtliche Zuständigkeit der nach dem VStG 1950 einschreitenden Strafbehörden auch in Sachen, die sich auf den Betrieb einer Unternehmung beziehen (und zwar auch im Falle einer in Filialen gegliederten Unternehmung) grundsätzlich nicht von dem Ort ab, an dem das Unternehmen betrieben wird (also insbesondere nicht vom Ort des Filialbetriebes); vielmehr ist gemäß § 27 Abs. 1 VStG 1950 örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen wurde, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Als Ort, an dem die dem Beschwerdeführer angelastete Verwaltungsübertretung begangen wurde, ist der Sitz der Unternehmensleitung anzusehen (vgl. insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1987, Zl. 86/08/0231, vom 26. März 1987, Zl. 87/08/0031, vom 17. März 1988, Zlen. 88/08/0307, 0308 und 0332, sowie vom 19. Mai 1988, Zl. 88/08/0075).
Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde unter anderem vor, Sitz der Unternehmensleitung der A-Ges.m.b.H., als zu deren Vertretung nach außen Berufener er bestraft wurde, sei "J". Auf diesen Umstand habe er auch im gegenständlichen Verfahren stets hingewiesen. Tatsächlich hat der Beschwerdeführer bereits in seinem Einspruch vom 21. Oktober 1986 nur diese Adresse als seine Anschrift angegeben. In anderen Beschwerdeverfahren desselben Beschwerdeführers betreffend dieses genannte Unternehmen war dessen Sitz in "S".
Gemäß § 24 VStG 1950 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 erster Satz AVG 1950 hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von amtswegen wahrzunehmen, was im Falle einer Unternehmung bedingt, daß die Behörde den Sitz der Unternehmensleitung ermittelt. Solche Ermittlungen hat die belangte Behörde nach den vorgelegten Verwaltungsakten unterlassen; es ist diesen nicht zu entnehmen, wo der Sitz der Unternehmensleitung, von der der Einsatz der Arbeitskräfte gelenkt wurde, im maßgeblichen Zeitpunkt der Tatbegehung lag. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht beurteilen, ob die örtlich zuständige Behörde erster Instanz eingeschritten ist.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid (nämlich allenfalls zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides wegen örtlicher Unzuständigkeit der Behörde) hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 hingewiesen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen sachliche Zuständigkeit Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen örtliche ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988080143.X00Im RIS seit
25.04.1990