TE Vwgh Beschluss 1990/4/25 90/01/0049

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Veröffentlicht am 25.04.1990
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §6 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;

Betreff

A gegen Tiroler Landesregierung vom 15. Februar 1990, Zl. Ia-8677/3-1990, betreffend Staatsbürgerschaft

Spruch

Die Beschwerde wird zurückwiesen.

Begründung

Dem durch das Beschwerdevorbringen belegten Sachverhalt nach beantragte der Beschwerdeführer am 3. Oktober 1989 bei der Tiroler Landesregierung die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 11. Jänner 1990 dem Beschwerdeführer mit, er verfüge über keine gültige Aufenthaltsgenehmigung und sei nie länger als durchgehend drei Monate in Kitzbühel aufhältig gewesen. Den Hauptwohnsitz habe er gegenüber den Erhebungsbehörden in Straßwalchen bei München angegeben. Außerdem arbeite er für eine Firma in Zell am See, Bundesland Salzburg. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei offensichtlich erwiesen, daß der Verleihungswerber in Tirol den ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 5 Staatsbürgerschaftsgesetz nicht begründe. Die Verleihungsakten müßten zuständigkeitshalber an das Amt der Wiener Landesregierung abgetreten werden, weil die örtliche Zuständigkeit im Verwaltungsbereich der Tiroler Landesregierung nicht gegeben sei. Innerhalb der dem Beschwerdeführer eingeräumten Frist zur Stellungnahme brachte der Beschwerdeführer vor, er sei bei der genannten Firma in Salzburg nicht als Dienstnehmer beschäftigt, sondern arbeite mit der genannten Firma auf werkvertraglicher Basis. In Straßwalchen bei München habe er keinen Hauptwohnsitz. Dort betreibe er lediglich ein Kontaktbüro für Kunden und Lieferanten seines Betriebes. Den ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 5 Staatsbürgerschaftsgesetz bilde Kitzbühel. Es sei richtig, daß der Beschwerdeführer bislang verabsäumt habe, um eine dauernde Aufenthaltsbewilligung anzusuchen. Er habe dies jedoch bereits nachgeholt.

In der nunmehr vom Beschwerdeführer als Bescheid

angefochtenen Erledigung der belangten Behörde vom 15. Februar 1990 wird folgendes ausgeführt:

"Unter Bezugnahme auf Ihre Eingabe vom 1.2. d.J. in der vorbezeichneten Angelegenheit wird Ihnen mitgeteilt, daß nach den instruierten Berichten der Stadtgemeinde Kitzbühel und der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel ihr Mandant A den ordentlichen Wohnsitz in Tirol im Sinne des § 5 StbG nicht begründet. Schon die Tatsache allein, daß der Staatsbürgerschaftswerber es bisher - und zwar bewußt - unterlassen hat, bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen, lassen die Folgerung schließen, daß nie die Absicht bestanden hat, sich in Tirol dauernd niederzulassen.

Bei Berücksichtigung der rechtlichen Bestimmungen nach § 39 StbG in Verbindung mit dem Ergebnis des vorliegenden Ermittlungsverfahrens ist die Tiroler Landesregierung für die Weiterführung des Verfahrens und für die Verleihung der Staatsbürgerschaft örtlich nicht zuständig. Der Gegenstandsakt wurde an das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 61, Wiener Rathaus, zur weiteren Behandlung übermittelt."

Gegen diese Erledigung richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich "durch den angefochtenen Bescheid in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf fehlerfreie Handhabung des Ermessens bei der Anwendung des § 10 (1) Z. 1 in Verbindung mit den §§ 5 und 39 StbG verletzt". In Ausführung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der bekämpfte Verwaltungsakt sei als Bescheid zu qualifizieren. Mit diesem Akt sei definitiv darüber abgesprochen worden, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung der Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG in Verbindung mit § 5 leg. cit. nicht erfülle. Der Bescheid sei für die belangte Behörde gefertigt worden, und es sei ihm auch inhaltlich insofern entsprochen worden, als der Akt tatsächlich dem Amt der Wiener Landesregierung zur weiteren Behandlung übermittelt worden sei. Wenn die belangte Behörde nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zum Ergebnis komme, daß der Antragsteller den ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 5 StbG nicht begründet habe, sei der Antrag wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde zurückzuweisen. Es sei jedoch verfehlt, das Ermittlungsverfahren offensichtlich abzubrechen und die Akten zur weiteren Behandlung an das Amt der Wiener Landesregierung zu übermitteln.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist zu sagen:

Gemäß § 5 Abs. 1 StbG, BGBl. Nr. 311/1985 ist der ordentliche Wohnsitz einer Person an dem Ort begründet, an dem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu wählen. Hiebei ist es unerheblich ob die Absicht darauf gerichtet war, für immer an diesem Ort zu bleiben. Gemäß § 39 Abs. 1 leg. cit. ist zur Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft unbeschadet des § 41 die Landesregierung zuständig. Nach § 5 Abs. 2 erster Satz ist jene Landesregierung örtlich zuständig, in deren Bereich die Person, auf die sich der Bescheid bezieht, ihren ordentlichen Wohnsitz hat, sonst die Landesregierung, in deren Bereich die Evidenzstelle (§ 49 Abs. 2) liegt.

Gemäß § 6 Abs. 1 AVG 1950 hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

Entgegen den Beschwerdeausführungen hat die belangte Behörde über das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der Staatsbürgerschaft keine Sachentscheidung getroffen. Sie hat auch, wie der Beschwerdeführer offenbar richtig erkannt hat, keinen verfahrensrechtlichen Bescheid solcherart erlassen, daß sie das Ansuchen wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen hat. Vielmehr hat die belangte Behörde den im § 6 Abs. 1 AVG 1950 vorgezeichneten ersten Weg beschritten und mit der angefochtenen Erledigung dem Beschwerdeführer hievon Mitteilung gemacht. Mitteilungen über Abtretungen im Sinne des § 6 Abs. 1 AVG 1950 sind keine Bescheide

(Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisse Slg. Nr. 3801/1960 und Nr. 4432/1963 sowie Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse Slg. N.F. Nr. 7110 A/1967 und 9520 A/1978).

Da der Anfechtung beim Verwaltungsgerichtshof nur verwaltungsbehördliche Bescheide zugänglich sind (Art. 131 Abs. 1 B-VG), war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters Abgabenachricht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010049.X00

Im RIS seit

25.04.1990

Zuletzt aktualisiert am

22.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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