Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
StVO 1960 §31 Abs1;Betreff
N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 23. November 1988, Zl. 11-75 Scho 15-1988, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 25. Jänner 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 25. April 1986 um 06.00 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges im Bereich der Südautobahn, Baukm 189,4 im Gemeindegebiet Feldkirchen, Richtungsfahrbahn Villach-Wien, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem er in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, 1) nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt und 2) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von diesem Verkehrsunfall verständigt, zumal er dem Geschädigten seine Identität nicht nachgewiesen habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch zu 1) § 4 Abs. 1 lit. c StVO und zu 2) § 4 Abs. 5 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß zu 1) § 99 Abs. 2 lit. a StVO S 3.000,-- (Ersatzarreststrafe viereinhalb Tage) und zu 2) § 99 Abs. 3 lit. b S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe drei Tage) verhängt wurden. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, auf Grund der durchgeführten Erhebungen stehe fest, daß bei dem Verkehrsunfall drei Mittelleitschienenfelder und ein Teil der Brückenkopfpflasterung an der im Spruch angeführten Autobahn beschädigt worden seien. Der Beschwerdeführer habe weder an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt noch den Verkehrsunfall der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle gemeldet.
Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wurde von der Steiermärkischen Landesregierung mit Bescheid vom 23. November 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht verletzt, nicht wegen der ihm zur Last gelegten Übertretungen mit den ausgesprochenen Strafen bestraft zu werden. Im Rahmen des so zu verstehenden Beschwerdepunktes erweist sich der angefochtene Bescheid (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11525/A) aus folgenden Gründen als inhaltlich rechtswidrig:
1) Zur Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c StVO
Gemäß § 4 Abs. 1 lit. c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.
Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom 14. Mai 1982, Zl. 02/1246/80, ausgesprochen hat, bedingt die Mitwirkung an der "Feststellung des Sachverhaltes" erfahrungsgemäß je nach den Umständen des Einzelfalles unterschiedliche Verhaltensweisen der an einem Verkehrsunfall beteiligten Personen, sodaß es für jeden Einzelfall der Konkretisierung nicht nur nach Tatzeit und Tatort, sondern auch hinsichtlich jenes Verhaltens, das dem Betreffenden als Nichtmitwirkung an der Ermittlung der den Unfall charakterisierenden Sachverhaltselemente angelastet wird, bedarf. Die Nichtanführung des Verhaltens, das dem Beschwerdeführer als Nichtmitwirkung angelastet wird, im Spruch des von der belangten Behörde bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnisses stellt einen Verstoß gegen § 44a lit. a VStG dar, weshalb der angefochtene Bescheid in Ansehung der Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c StVO schon aus diesem Grunde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist.
2) Zur Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO
Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben die im Abs. 1 genannten Personen - also alle jene, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht -, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Gemäß § 31 Abs. 1 StVO dürfen Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs nicht beschädigt werden. Zu diesen Einrichtungen gehören nach dieser Gesetzesstelle unter anderem Verkehrsleiteinrichtungen, Randsteine und radableitende Randbegrenzungen; zu den Verkehrsleiteinrichtungen gehören nach § 57 StVO auch Sicherheitsleitschienen.
Gemäß § 99 Abs. 2 lit. e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in bestimmter Weise zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.
Gemäß § 44a lit. b VStG hat der Spruch die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten.
Auch bezüglich der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Im Erkenntnis vom 13. Februar 1987, Zl. 86/18/0254, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Bestimmung des § 4 Abs. 5 StVO die allgemeine und die des § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. e leg. cit. die besondere Bestimmung darstellt. Liegt ein Sachverhalt nach der besonderen Bestimmung vor, so ist eine zusätzliche Bestrafung nach der allgemeinen Bestimmung unzulässig. Die Beschädigung von Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs anläßlich eines Verkehrsunfalles - um eine solche handelt es sich im Beschwerdefall - und die Unterlassung der rechtzeitigen Meldung an die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter ist demnach nach der Spezialbestimmung des § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. e StVO, nicht aber auch nach der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 5 leg. cit. zu bestrafen. § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. e StVO ist in diesem Falle die verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950. Dies verkannte die belangte Behörde, wenn sie gleich der Vorinstanz das Verhalten des Beschwerdeführers dem § 4 Abs. 5 StVO unterstellte, weshalb sie auch in diesem Punkte den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erübrigte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das über den pauschalierten Schriftsatzaufwand hinausgehende Mehrbegehren (für Kopien) sowie auf Ersatz für nicht erforderliche Stempelgebühren war gemäß § 58 VwGG abzuweisen.
Schlagworte
Mitwirkung und Feststellung des SachverhaltesRechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)SpezialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030026.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
31.03.2009