TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/26 87/06/0116

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Veröffentlicht am 26.04.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §59 Abs1;

Betreff

N Mülldeponie Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegen Steiermärkische Landesregierung vom 29. September 1987, GZ. 03-12 Fo 16-87/6 betreffend die Wiederaufnahme eines Feststellungsverfahrens in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde T)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 11. Dezember 1986 - unterfertigt vom ersten Vizebürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde - wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß die Gemeinde als Baubehörde erster Instanz das Ermittlungsverfahren zur Erlassung eines Feststellungsbescheides über das Vorliegen einer Bewilligungspflicht der von der Beschwerdeführerin geplanten Maßnahmen zur Errichtung einer Mülldeponie eingeleitet habe. Mit Schreiben vom 4. Mai 1987 teilte der Bürgermeister der Gemeinde der Beschwerdeführerin mit, aus einem Rechtsgutachten sei ersichtlich, daß die von der Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreter beschriebenen Maßnahmen nicht der Bewilligungspflicht gemäß § 57 der Steiermärkischen Bauordnung unterliegen. Das Verfahren zur Erlassung eines Feststellungsbescheides werde daher von der Baubehörde eingestellt. In einem weiteren Schreiben vom 4. Juni 1987 teilte der Bürgermeister der Beschwerdeführerin mit, daß das formlos und ohne Bescheid zum Ruhen gebrachte Feststellungsverfahren wieder aufgenommen und fortgeführt werde.

Die von der Beschwerdeführerin gegen dieses Schreiben erhobene Berufung wies der Gemeinderat mit Bescheid vom 2. Juli 1987 mit der Begründung als unzulässig zurück, daß das Schreiben vom 4. Juni 1987, gegen welches sich die Berufung richte, keinen Bescheid darstelle.

Die gegen diese Berufungsentscheidung von der Beschwerdeführerin erhobene Vorstellung wies die Steiermärkische Landesregierung (belangte Behörde) mit Bescheid vom 29. September 1987 mangels Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der Begründung ab, daß dem Schreiben vom 4. Juni 1987 kein Bescheidcharakter zukomme und daher die Zurückweisung der Berufung zu Recht erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der sie wie diese die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, daß die Steiermärkische Bauordnung ein Feststellungsverfahren über das Bestehen oder Nichtbestehen einer baubehördlichen Bewilligungspflicht hinsichtlich einer Maßnahme nicht vorsehe, so entspricht dies der Rechtslage. Gleichwohl übersieht die Beschwerdeführerin, daß für das Schicksal der vorliegenden Beschwerde allein maßgebend ist, ob das Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde vom 4. Juni 1987 als Bescheid im Sinne des AVG 1950 angesehen werden kann.

Das auf dem Briefpapier der Gemeinde T unter Anführung der Zl. Ba-131-9-Mül-139/1987 geschriebene, mit 4. Juni 1987 datierte und an die Beschwerdeführerin gerichtete Schreiben lautet:

"Mit Schreiben vom 4.5.1987 war Ihnen mitgeteilt worden, daß auf Grund eines von der Gemeinde T in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens ersichtlich sei, daß die von Ihnen durch Ihre Rechtsvertreter Dr. X und Dr. Y beschriebenen Maßnahmen nicht der Bewilligungspflicht gemäß § 57 der Stmk. BO unterlägen. Es wurde nunmehr das Gutachten der Universitätsprofessoren einer eingehenden vergleichenden Prüfung mit den Inhalten der wasser-, gewerbe- und forstrechtlichen Bescheide unterzogen und mit dem Inhalt des Schreibens Ihrer Rechtsvertreter vom 18.3.1987 verglichen. Auf Grund der durchgeführten Prüfung ergibt sich, daß die im Schreiben vom 18.3.1987 Ihrer Rechtsvertreter angeführten Änderungsmaßnahmen zumindest weitgehend nicht in den vorangeführten Verfahren und Bescheiden behandelt sind.

Bestehen bleibt die Tatsache, daß der Deponiekörper (Auflage und Überdeckung) mit einem speziellen Baumaterial herzustellen ist und auf der Deponieauflage ein Dränage-Körper aufgebracht wird, in welchem die Sickerwasserleitung und Niederschlagswasser-Ableitung eingebettet wird. Die Darstellung dieser Ableitungen in den vorgelegten Plänen entspricht nicht der wasserrechtlichen Genehmigung. Die Entgasungsschächte bei den Sickerwassereinmündungen in die Hauptableitung sowie die Gasschachtbrunnen stellen voraussichtlich baubewilligungspflichtige Bauwerke dar. Das Niederschlag-Sammelbecken wird zur Ausführung zu gelangen haben. Diese Baumaßnahmen stellen insgesamt Neubauten dar, die der baubehördlichen Bewilligungspflicht zu unterliegen scheinen. Sollten sie nicht als Neubauten zu beurteilen sein, so erscheinen sie als Kanalanlagen, Schächte und Sammelbecken die Notwendigkeit der Prüfung der baubehördlichen Bewilligung zu ergeben. Die Maßnahmen sind in der zuletzt beschriebenen Form bzw. Ausführung durch die vorliegenden Bescheide nicht abgedeckt, sodaß auch nicht davon ausgegangen werden könnte, daß die Maßnahmen durch andere behördliche Genehmigungen vorbeurteilt sind.

Durch die Mitteilung vom 4.5.1987, die zum Teil auch auf Ihre nicht sachgemäßen Darstellungen im Schreiben vom 18.3.1987 begründet war, ist eine Vorentscheidung nicht gegeben. Das formlos und ohne Bescheid zum Ruhen gebrachte Feststellungsverfahren wird wiederaufgenommen und fortgeführt. Es wird um genaue Darlegung der Maßnahmen gebeten, in welchen von den Grundlagen der wasserrechtlichen und gewerberechtlichen Genehmigung abgewichen wird.

Mit vorzüglicher Hochachtung,.... Unterschrift e.h.

Bürgermeister

Dieses Schreiben vom 4. Juni 1987 erweist sich schon mangels jeglichen normativen Inhaltes als bloße Mitteilung an die Beschwerdeführerin und keinesfalls als Bescheid im Sinne des AVG 1950. Auch die am Ende des Schreibens geäußerte Bitte, um genaue Darlegung der Maßnahmen, von welchen von den Grundlagen der wasserrechtlichen und gewerberechtlichen Genehmigung abgewichen wird, ist ein bloßes Ersuchen dem nachzukommen der Beschwerdeführerin im Lichte des oben Gesagten frei gestanden wäre und das nicht in einen Auftrag umgedeutet werden kann.

Liegt aber - wie dargestellt - ein Bescheid gar nicht vor, so hat der Gemeinderat Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt, wenn er die von dieser dagegen erhobene Berufung mit seinem Bescheid vom 2. Juli 1987 zurückgewiesen hat. Aber auch die belangte Behörde hat ihren Bescheid nicht mit der von der Beschwerdeführerin behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, wenn sie die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates erhobene Vorstellung mangels Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin deshalb als unbegründet abgewiesen hat, weil auch sie zutreffend davon ausgegangen ist und dies auch schlüssig begründet hat, daß es sich bei dem mehrfach genannten Schreiben vom 4. Juni 1987 nicht um einen Bescheid im Sinne des AVG 1950 handelt.

Da sich die vorliegende Beschwerde damit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1987060116.X00

Im RIS seit

26.04.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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