Index
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung BebauungsplanNorm
BauRallg;Betreff
N Gesellschaft m.b.H. & Co. KG gegen Vorarlberger Landesregierung vom 12. Jänner 1989, Zl. VIIa 410.326 betreffend die Ablehnung einer Vorprüfung für eine Baubewilligung.
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, die eine Kette von Lebensmittelgeschäften in Österreich betreibt, brachte am 9. Mai 1985 einen Antrag auf Durchführung einer Vorprüfung im Sinne des § 28 Abs. 2 des Vorarlberger Baugesetzes für ein Verkaufslokal mit einer Gesamtverkaufsfläche von 7650 m2 auf den Grundparzellen 5900/1 und 5900/2, KG T, ein; dieser Antrag wurde, weil das Bauprojekt zwei Gemeinden betreffe, an die Bezirkshauptmannschaft A abgetreten. Diese Behörde wies den Antrag ab. Eine dagegen erhobene Berufung wurde von der Vorarlberger Landesregierung abgewiesen. Aus Anlaß der gegen den Berufungsbescheid erhobenen Beschwerde hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Juni 1987, G 137, 182, 183/86, die Bestimmungen des § 14 Abs. 6 bis 11 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 31/1985 sowie die Worte "und Sicherung der Nahversorgung" im § 2 Abs. 2 lit. e leg. cit. auf, weiters mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1987, B 900/85-14, den Berufungsbescheid der Vorarlberger Landesregierung. Mit Bescheid vom 7. Dezember 1987 verwies daraufhin die Vorarlberger Landesregierung die Rechtssache zur neuerlichen Prüfung an die Behörde erster Instanz zurück. Mit Bescheid vom 19. September 1988 wies die Bezirkshauptmannschaft als Baubehörde erster Instanz neuerlich den Antrag auf Durchführung einer Vorprüfung ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung keine Folge. Begründend führte sie aus, daß Gegenstand des Antrages auf Durchführung einer Vorprüfung nach § 28 des Vorarlberger Baugesetzes nach den dem Antrag beigegebenen Plänen ein Einkaufszentrum mit einer bebauten Fläche von 7650 m2 bzw. einer Verkaufsfläche von 4600 m2 sei. Das Objekt solle nordwestlich eines bereits bestehenden Marktes im Gemeindegebiet T unmittelbar an der Grenze zu A errichtet werden. Am 15. Dezember 1988 sei eine Änderung des Raumplanungsgesetzes in Kraft getreten (LGBl. Nr. 61/1988), wonach die auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 1987, G 137/86, 182/86, 183/86, mit Ablauf des 31. Mai 1988 außer Kraft getretenen Bestimmungen des § 14 Abs. 6 bis 11 des Raumplanungsgesetzes wieder in Kraft gesetzt worden seien. Gemäß § 14 Abs. 6 des Raumplanungsgesetzes in der neuen Fassung könnten im Baugebiet besondere Flächen für Einkaufszentren festgelegt werden, sofern eine solche Widmung nach einem Landesraumplan in der betreffenden Gemeinde für zulässig erklärt sei. Gemäß § 14 Abs. 9 leg. cit. dürfe eine Baubewilligung für die Errichtung eines Einkaufszentrums nur erteilt werden, wenn eine entsprechende Widmung bestehe und das im Flächenwidmungsplan festgelegte Höchstausmaß der zulässigen Gesamtverkaufsfläche nicht überschritten werde. Als Einkaufszentren gelten gemäß § 14 Abs. 7 leg. cit. Gebäude oder Gebäudeteile mit einer Verkaufsfläche von (in der Talsohle des Rheintals) insgesamt mehr als 600 m2. Das Vorhaben sei somit als ein Einkaufszentrum nach der zitierten Gesetzesstelle anzusehen. Nach dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan seien die betreffenden Grundflächen als "Baufläche - Mischgebiet" gewidmet. Die Ausweisung einer Fläche für ein Einkaufszentrum im Sinne des § 14 Abs. 6 des Raumplanungsgesetzes liege nicht vor. Im übrigen sei auch ein Landesraumplan, der in der Gemeinde eine solche Widmung für zulässig erklärt habe, bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erlassen worden. Damit sei von einem Widerspruch des Vorhabens zum Flächenwidmungsplan auszugehen. Gemäß § 28 Abs. 4 des Baugesetzes sei, wenn dem Vorhaben ein Flächenwidmungsplan entgegensteht, der Antrag auf Vorprüfung abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte jedoch mit Beschluß vom 25. September 1989, B 352/89, die Behandlung der Beschwerde mit der Begründung ab, daß das Beschwerdevorbringen angesichts der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse zu den Raumplanungsvorschriften über Einkaufszentren der Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Kärnten vom 23. Juni 1987, G 137/86, vom 2. März 1988, B 816/86, und vom 1. Oktober 1988, B 684/87), die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines sonstigen Rechtes im Sinne des Art. 144 B-VG als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, daß die Beschwerde unter dem Blickwinkel der im Beschwerdeverfahren nach Art. 144 Abs. 2 B-VG wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Auf Antrag der Beschwerdeführerin trat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 9. Jänner 1990 die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof ab.
In der ihr aufgetragenen Beschwerdeergänzung erklärte sich die Beschwerdeführerin in ihrem Eigentumsrecht, in ihrem aus Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) erfließenden Recht, in ihrer Erwerbsfreiheit, in einem Recht auf "verfassungskonforme Gesetzeslage" und in einem Recht auf "gesetzeskonforme Verordnungslage" sowie in ihrem Recht auf Erteilung der "Vorprüfungsbewilligung" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Schwerpunkt der Ausführungen der Beschwerde liegt in der Bekämpfung gesetzlicher Vorschriften unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Alle sich hierauf beziehenden Beschwerdeausführungen ändern nichts daran, daß der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bezüglich der Sonderregelungen für Einkaufszentren nur auf die Prüfung der Zielvorstellungen abstellte, daher mit Erkenntnis vom 23. Juni 1987, G 137/86, u. a. die Vorarlberger Regelung wegen der Wortfolge "und Sicherung der Nahversorgung" im § 2 Abs. 2 lit. e des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes als verfassungswidrig aufhob, nach Wegfall dieser Zielvorstellung aber gegen die Wiederinkraftsetzung einer sonst unveränderten Regelung hinsichtlich Einkaufszentren keine Bedenken hatte. Dieser im vorliegenden Ablehnungsbeschluß zum Ausdruck gebrachte Standpunkt entspricht den Erkenntnissen zum Tiroler und Kärntner Raumordnungsrecht (vgl. die der Beschwerdeführerin bekannten Erkenntnisse vom 2. März 1988, B 816/86, und vom 1. Oktober 1988, B 684/87). Eine neuerliche Befassung des Verfassungsgerichtshofes unter dem eben behandelten Gesichtspunkt scheint daher nicht zielführend.
In diesem Zusammenhang wird zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin über die vermeintliche Verletzung der Erwerbsfreiheit durch § 14 Abs. 6 bis 11 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes auf das auch der Beschwerdeführerin bekannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1988, B 816/86, und zu den Bedenken im Hinblick auf Art. 6 EMRK auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1987, B 287/86, verwiesen. Die dort aufgezeigten Grundsätze werden auch durch neu ergangene Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht berührt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch im Gegensatz zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht zu erkennen, inwiefern sich das Gebot des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes, wonach auch für Einkaufszentren eine Baubewilligung nur zulässig ist, soweit dies mit der entsprechenden Widmung zu vereinbaren ist, von anderen Fällen abhebt, in denen Grundstücke etwa als Bauland von der Gemeinde hätten gewidmet werden können, dies aber etwa mangels Bedarfes unterblieben ist. Die Besonderheit liegt nur in der vom Verfassungsgerichtshof grundsätzlich bejahten Notwendigkeit überörtlicher Planung, weil Einkaufszentren eben ihrem Wesen nach über den Einzugsbereich einer durchschnittlichen Gemeinde hinausgingen. Bejaht man aber die Berechtigung überörtlicher Planung, so kann in der im § 14 Abs. 6 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes normierten Notwendigkeit eines Landesraumplanes als überörtliche Planung weder ein bedenklicher Eingriff in die Gemeindeautonomie noch in die Erwerbsfreiheit erblickt werden (vgl. etwa das der Beschwerdeführerin bekannte hg. Erkenntnis vom 6. November 1989, Zl. 89/06/0038).
Die Richtigkeit der Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes zu Art. 6 EMRK bestätigt die Beschwerdeführerin indirekt durch ihren Verweis darauf, daß der VERFASSUNGSGESETZGEBER ohne allzu große Schwierigkeiten die Einführung unabhängiger Senate in den Ländern vorsehen konnte, die auch vom Materiengesetzgeber sonstiger Rechtsgebiete zuständig gemacht werden können. Gerade dies zeigt nämlich, daß es nur Sache des Verfassungsgesetzgebers und nicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sein kann, einen von der Beschwerdeführerin als der EMRK entsprechend angesehenen Rechtszustand herbeizuführen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht daher keinen Anlaß, alle diese Fragen neuerlich an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
Auf einfachgesetzlicher Ebene kann die Beschwerdeführerin der Ansicht der Verwaltungsbehörden aber nicht mit Erfolg entgegentreten, daß nach § 28 Abs. 2 des Vorarlberger Baugesetzes die Behörde festzustellen habe, ob dem Vorhaben ein Flächenwidmungsplan entgegensteht, und daß gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung in einem solchen Fall der Antrag auf Vorprüfung abzuweisen ist. Unbestritten ist weiters, daß eine Widmung als besondere Fläche für Einkaufszentren im Sinne des § 14 Abs. 6 bis 9 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes nicht vorliegt. Damit haben die Verwaltungsbehörden aber im Ergebnis zu Recht den Antrag der Beschwerdeführerin auf Durchführung einer Vorprüfung zur Errichtung eines Einkaufszentrums abgewiesen.
Da sich somit bereits aus den Ausführungen der Beschwerde ergibt, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990060010.X00Im RIS seit
03.05.2001