TE Vfgh Beschluss 1987/9/30 V68/87

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.1987
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Wörgl

Leitsatz

Individualantrag auf teilweise Aufhebung des Flächenwidmungsplanes für die Gemeinde Wörgl bei Prüfung der Antragslegitimation hat der VfGH lediglich zu untersuchen, ob die behaupteten Rechtswirkungen der V vorliegen; unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der Nachbarn erst durch einen Baubewilligungsbescheid; daran ändert die drohende Vorschreibung von (weiteren) Auflagen gem. §79 Abs2 GewO an die bf. Gesellschaft nichts; Mangel der Antragslegitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die antragstellende Gesellschaft ist nach ihrem Vorbringen Eigentümerin mehrerer zusammenhängender Grundstücke in Wörgl, auf denen sie einen Industriebetrieb unterhält. Sie beantragt gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG, den Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Wörgl, soweit er näher bezeichnete, an die Grundstücke der Bf. angrenzende Gebiete als Wohn- bzw. Mischgebiet widmet, als gesetzwidrig aufzuheben.

Zur Begründung ihrer Antragslegitimation im Sinne des Art139 Abs1 letzter Satz B-VG führt die Antragstellerin aus, nach der Judikatur des VwGH könne der Anrainer aus Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken subjektiv öffentliche Rechte ableiten. Daher könne auch der Inhaber eines Industriegebietes die Unzulässigkeit der Errichtung eines Wohnhauses im Industriegebiet geltend machen, weil er mit höheren Vorschreibungen und Auflagen der Gewerbebehörde zum Schutz der Nachbarschaft gegen Emissionen rechnen müsse. Gerade die antragstellende Gesellschaft müsse jederzeit mit weiteren Auflagen gemäß §79 Abs2 Gewerbeordnung rechnen, die Entwicklung der letzten Jahre habe gezeigt, daß die behördlichen Auflagen hinsichtlich der Umweltschutzmaßnahmen regelmäßig verschärft würden.

Ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetzwidrigkeit stehe nicht zur Verfügung.

2. Der Antrag ist nicht zulässig.

a) Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG ist es unter anderem, daß die angefochtene V für den Antragsteller nicht bloß behaupteterweise, sondern tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam wurde (s. zB VfSlg. 8009/1977). Hiebei hat der VfGH lediglich zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen der V vorliegen, nicht zu prüfen ist hingegen, ob die Norm für ihn sonstige Wirkungen entfaltet. Es kommt nämlich im gegebenen Zusammenhang bloß auf die Behauptungen des Antragstellers an, in welcher Hinsicht die bekämpfte V seine Rechtssphäre berührt und - bei Gesetzwidrigkeit - verletzt (s. zB VfSlg. 8974/1980 mit den dort enthaltenen Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung des VfGH; VfSlg. 10475/1985).

b) Die angefochtene V hat zur Folge, daß - nach Maßgabe der in Betracht kommenden Bauvorschriften baubehördliche Bewilligungen für Wohnbauten auf den den Grundstücken der Antragstellerin benachbarten Grundstücken erteilt werden dürfen. Die V greift damit zwar in die Rechtssphäre der Antragstellerin ein; ein unmittelbarer Eingriff in diese Rechtssphäre wird jedoch erst durch einen Baubewilligungsbescheid bewirkt, nicht jedoch bereits durch die hier angefochtene V (vgl. zB VfGH 13.6.1983 V7/83, ebenfalls betreffend einen Flächenwidmungsplan nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz). An dieser Beurteilung vermag der von der antragstellenden Gesellschaft vorgebrachte Hinweis nichts zu ändern, daß eine Rechtsbeeinträchtigung durch die Vorschreibung von weiteren Auflagen gemäß §79 Abs2 GewO erfolgen könnte, weil diese Rechtsbeeinträchtigung ebenfalls erst nach Erteilung einer Baubewilligung auf den vom Flächenwidmungsplan betroffenen Grundstücken eintreten kann (das von der Antragstellerin in anderem Zusammenhang zitierte, diese Problematik betreffende Erkenntnis des VfGH VfSlg. 10703/1985, erging in einem aus Anlaß eines Beschwerdeverfahrens nach Art144 B-VG von Amts wegen eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahren).

3. Der antragstellenden Gesellschaft kommt daher die Antragsberechtigung nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG nicht zu, weswegen ihr Antrag zurückzuweisen war.

Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:V68.1987

Dokumentnummer

JFT_10129070_87V00068_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten