Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §19 Abs3;Betreff
N gegen Salzburger Landesregierung vom 1. August 1989, Zl. 9/01-31.386/4-1989, betreffend die Verhängung einer Zwangsstrafe (in einer Angelegenheit der StVO).
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Ein Beamter der Bundespolizeidirektion Salzburg erstattete am 9. September 1987 Anzeige, daß der Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws am 19. August 1987 um 7,41 Uhr in Salzburg, Aignerstraße 31 (laut Radarmessung), die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit wesentlich überschritten habe.
Die Bundespolizeidirektion Salzburg richtete daraufhin am 13. November 1987 an die Firma XY GesmbH in Salzburg als Zulassungsbesitzerin eine Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe.
Der anwaltliche Vertreter der Zulassungsbesitzerin gab mit Schreiben vom 3. Dezember 1987 bekannt, daß der Pkw am 19. August 1987 an Dkfm. Dr. Josef M. vermietet gewesen sei. Es bestehe aber keine Bereitschaft bekanntzugeben, ob die Vermietung mit oder ohne Lenkerbeistellung erfolgt sei.
Am 14. Dezember 1987 richtete die Erstbehörde an den von der Zulassungsbesitzerin genannten Mieter ein Auskunftsverlangen im Sinne des § 103 a KFG. Dem erwiderte der Mieter Dkfm. Dr. Josef M. durch seinen anwaltlichen Vertreter in der Stellungnahme vom 30. Dezember 1987, es sei § 103 a KFG lediglich auf die Mieter von Fahrzeugen ohne Lenkerbeistellung anzuwenden. Vorliegend sei ungeklärt, ob die Vermietung mit oder ohne Lenkerbeistellung erfolgt sei.
Trotz Wahrung des Parteiengehörs (zu Handen des anwaltlichen Vertreters) wegen der Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO erstattete der Beschuldigte Dkfm. Dr. Josef M. keine Stellungnahme.
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 29. Februar 1988 wurde Dkfm. Dr. Josef M. einer Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO schuldig erkannt. Dagegen erhob er rechtzeitig durch den genannten anwaltlichen Vertreter, der auch die Zulassungsbesitzerin und den Beschwerdeführer vertritt, Berufung, die am 18. April 1988 bei der Erstbehörde einlangte.
Die Berufungsbehörde ersuchte mit Schreiben vom 1. Dezember 1988 die Bundespolizeidirektion Salzburg im Hinblick darauf, daß in den Zulassungsunterlagen des relevanten Pkws die Verwendungsbestimmungen "Personenbeförderung mit Lenkerbeistellung" eingetragen ist, einen informierten Vertreter der Zulassungsbesitzerin zeugenschaftlich zur Frage der Lenkerbeistellung zu vernehmen. Sodann möge dem Beschuldigten (Mieter) Parteiengehör eingeräumt werden.
Die Bundespolizeidirektion Salzburg erließ daher am 22. Dezember 1988 an den Beschwerdeführer - er ist vertretungsbefugter Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin - einen Zeugen-Ladungsbescheid mittels Form. 5 der Verwaltungsformularverordnung 1985 (zu § 19 AVG) für 12. Jänner 1989, worin er, unter Anführung des Gegenstandes der Vernehmung, zum persönlichen Erscheinen mit dem Beifügen, die erforderlichen Unterlagen mitzubringen, aufgefordert wurde. Für den Fall des (unentschuldigten) Ausbleibens wurde die Verhängung einer Zwangsstrafe von S 2.000,-- angedroht.
Der Ladungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 28. Dezember 1988 zu eigenen Handen zugestellt. Laut Aktenvermerk vom 12. Jänner 1989 teilte der Beschwerdeführer der Bundespolizeidirektion Salzburg an diesem Tage mit, er werde der Ladung keine Folge leisten, da er seiner Ansicht nach mit der Sache nichts zu tun habe. Trotz Belehrung habe der Beschwerdeführer auf seiner Weigerung bestanden. Er werde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben.
Die gegen den Ladungsbescheid vom 22. Dezember 1988 vom Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1989, Zlen. 89/03/0011, AW 89/03/0014, als unbegründet abgewiesen.
Da der Beschwerdeführer der Ladung zum Termin
12. Jänner 1989 nicht Folge geleistet hatte, wurde über ihn mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 13. Jänner 1989 unter Verwendung des Form. 6 der Verwaltungsformularverordnung 1985 (zu § 19 AVG und § 5 VVG) die im Ladungsbescheid vom 22. Dezember 1988 angedrohte Zwangsstrafe von S 2.000,-- verhängt. Gemeinsam erging ein neuerlicher Ladungsbescheid für 15. Februar 1989, wobei für den Fall des (neuerlichen unentschuldigten) Ausbleibens die Verhängung einer Zwangsstrafe von S 3.000,-- angedroht wurde. Dem Ladungsbescheid, der am 6. Februar 1989 zu eigenen Handen zugestellt wurde, leistete der Beschwerdeführer abermals unentschuldigt nicht Folge.
Am 11. Juli 1989 wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen Dkfm. Dr. Josef M. im Hinblick auf § 51 Abs. 5 VStG, weil nicht innerhalb eines Jahres ab Einbringung einer Berufung (18. April 1988) die Berufungsentscheidung erlassen wurde und deshalb das erstinstanzliche Straferkenntnis als aufgehoben gilt, eingestellt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. August 1989 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen die mit Bescheid vom 13. Jänner 1989 verhängte Zwangsstrafe nicht Folge gegeben. Die belangte Behörde führte in der Begründung aus, da der Beschwerdeführer dem Ladungsbescheid vom 22. Dezember 1988 unentschuldigt nicht Folge geleistet habe, sei die Bundespolizeidirektion Salzburg zur Erlassung der Vollstreckungsverfügung vom 13. Jänner 1989 berechtigt gewesen. Zum Berufungsvorbringen, es sei der Ladungsbescheid vom 22. Dezember 1988 rechtswidrig und deshalb die Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde erfolgt, wurde auf das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1989 verwiesen, wonach der Ladungsbescheid rechtsrichtig ergangen ist. Es seien die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 AVG gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt unter Hinweis auch auf § 5 VVG die Meinung, da das Strafverfahren gegen Dkfm. Dr. Josef M., zu dem der Zeugenladungsbescheid ergangen sei und in dem seine Einvernahme zur Klärung des Sachverhaltes dienen sollte, zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits eingestellt gewesen sei, also der Zweck nicht mehr erreichbar gewesen sei, hätte die Zwangsstrafe nicht mehr verhängt werden dürfen, sondern der Bescheid der ersten Instanz ersatzlos behoben werden müssen. Dies ergebe sich auch aus §§ 2 Abs. 1 und 10 Abs. 2 lit. c VVG.
Diesem Vorbringen kommt jedoch keine Berechtigung zu.
Die bezughabenden Bestimmungen lauten wie folgt:
"AVG 1950
§ 19
.....
(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.
VVG 1950
§ 2
(1) Bei Handhabung der in diesem Gesetz geregelten Zwangsbefugnisse haben die Vollstreckungsbehörden an dem Grundsatz festzuhalten, daß jeweils das gelindeste noch zum Ziele führende Zwangsmittel anzuwenden ist.
.....
§ 5
(1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit sich durch einen Dritten nicht bewerkstelligen läßt, wird dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörden durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.
(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Saumsal zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.
.....
§ 10
.....
(2) Die Berufung gegen eine nach diesem Gesetz erlassene Vollstreckungsverfügung kann nur ergriffen werden, wenn
....
c) die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit der Vorschrift des § 2 im Widerspruche stehen.
....."
Da der Beschwerdeführer der Ladung für 12. Jänner 1989 unberechtigt nicht Folge leistet, wurde von der Erstbehörde mit Bescheid vom 13. Jänner 1989 (unter Anwendung des § 19 AVG und des § 5 VVG) die angedrohte Geldstrafe verhängt und gleichzeitig ein neuer Ladungsbescheid für einen späteren Termin (15. Februar 1989) unter Androhung einer höheren Geldstrafe erlassen, dem der Beschwerdeführer abermals unberechtigt nicht nachkam, sodaß schließlich das Strafverfahren gegen Dkfm. Dr. Josef M. im Hinblick auf das Verstreichen der Frist nach § 51 Abs. 5 VStG eingestellt werden mußte.
Der letzte Satz des § 5 Abs. 2 VVG sieht lediglich vor, daß ein angedrohtes Zwangsmittel nicht mehr zu vollziehen ist, sobald der Verpflichtung entsprochen ist. Der Sinn einer Zwangsstrafe ist es, einen dem Willen der Behörde entgegenstehenden Willen einer Partei zu brechen. Ist dieser Zweck erreicht, bevor die verhängte Haft vollstreckt oder der als Zwangsstrafe auferlegte Betrag entrichtet worden ist, so wäre es zweckwidrig, auf den Vollzug der Haft oder der Entrichtung des Geldbetrages zu bestehen, weil hier jedes Moment eines Sühne- oder Besserungszweckes ausscheidet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1953, Slg. Nr. 3171/A). Im gegenständlichen Fall wurde dieses Ziel nicht erreicht, zumal der Beschwerdeführer, dessen Aussage für das Strafverfahren von wesentlicher Bedeutung gewesen wäre, auch in der Folge der weiteren Ladung keine Folge leistete und das Strafverfahren deshalb wegen Ablaufes der Jahresfrist des § 51 Abs. 5 VStG eingestellt werden mußte. Mit dem Hinweis auf das schon zitierte Erkenntnis vom 30. Oktober 1953, Slg. Nr. 3171/A, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da in dem dortigen Anlaßfall die Betroffenen ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, also das mit der Verhängung der Zwangsstrafe erfolgte Ziel erreicht wurde. Dasselbe gilt hinsichtlich der Anführung des hg. Erkenntnisses vom 18. Mai 1979, Zl. 507/79, mit welchem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, daß in einer Strafsache, die bereits mit rechtskräftigem mündlichem Straferkenntnis abgeschlossen war, eine neuerliche Vorladung des Beschuldigten in derselben Sache mittels Ladungsbescheides unzulässig ist. Die Meinung des Beschwerdeführers, "dasselbe gelte logischerweise auch bei Einstellung des gegenständlichen Verfahrens", vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen.
Auch aus den Bestimmungen der §§ 10 Abs. 2 lit. c und 2 Abs. 1 VVG läßt sich nicht ableiten, es hätte vorliegend die Zwangsstrafe nicht verhängt werden dürfen. Stellte doch die Anwendung einer Geldstrafe ein zulässiges Mittel zur Durchsetzung einer Handlung, die sich durch Dritte nicht bewerkstelligen läßt, dar. Sie war zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Verhängung mit Bescheid der Erstbehörde vom 13. Jänner 1989 auch zielführend, da der Beschwerdeführer gleichzeitig unter Androhung einer höheren Zwangsstrafe im Sinne des § 5 Abs. 2 VVG neuerlich zu einem Vernehmungstermin als Zeuge geladen wurde, um noch innerhalb der Frist des § 51 Abs. 5 VStG eine Entscheidung über die Berufung des Dkfm. Dr. Josef M. zu ermöglichen.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030269.X00Im RIS seit
09.05.1990