TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/9 89/02/0218

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Veröffentlicht am 09.05.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
StVO 1960 §1 Abs1;
StVO 1960 §1;
StVO 1960 §4 Abs5 idF 1983/174;
StVO 1960 §99 Abs3 litb idF 1971/279;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

N gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 16. November 1989, Zl. VerkR-9337/7-1989-II/Fra betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. November 1989 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er es am 10. November 1987 gegen 22.15 Uhr in Steyr, Penselstraße 14, Parkplatz der Berufsschule I, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, an dem er als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws ursächlich beteiligt gewesen sei, unterlassen habe, von diesem Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, obwohl ein Nachweis seines Namens und seiner Anschrift dem Geschädigten gegenüber unterblieben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, daß die Rechtmäßigkeit seiner Bestrafung zur Voraussetzung hatte, daß die ihm angelastete Tat auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO 1960 begangen wurde, was dann nicht der Fall wäre, wenn sich der gegenständliche Verkehrsunfall nicht auf einer solchen Straße im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO 1960 ereignet hätte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Februar 1985, Zl. 84/02/0296). Der Umstand, daß im angefochtenen Bescheid (wie bereits im erstinstanzlichen Straferkenntnis) ein ausdrücklicher Hinweis darauf fehlt, daß es sich bei dem angeführten Parkplatz um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handle, macht aber den angefochtenen Bescheid noch nicht rechtswidrig. Es genügte im gegebenen Zusammenhang bei Angabe der als erwiesen angenommenen Tat gemäß § 44a lit. a VStG 1950 die Bezeichnung des Tatortes, die die rechtliche Wertung, ob dieser als eine Straße mit öffentichem Verkehr anzusehen ist, ermöglicht, und die belangte Behörde hatte mangels eines entsprechenden Einwandes des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren auch keine Veranlassung, sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides damit auseinanderzusetzen. Wenn nämlich der Beschwerdeführer in der Beschwerde meint, aus der im angefochtenen Bescheid gewählten Tatortbezeichnung "Parkplatz der Berufsschule I" ergebe sich eindeutig, daß dies ein "Privatparkplatz" sei, und er alleine daraus schließt, daß es sich hiebei um keine Straße mit öffentlichem Verkehr handle, so verkennt er die Rechtslage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt auch ein im Eigentum eines Privaten stehender Parkplatz eine Straße mit öffentlichem Verkehr dar, wenn nicht durch eine entsprechende Kennzeichnung oder Abschrankung für jedermann erkennbar ist, daß das Gegenteil zutrifft (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1987, Zl. 87/18/0059, und vom 17. Februar 1988, Zl. 87/03/0204). Nicht einmal die Beschwerde enthält ein Vorbringen in dieser Richtung. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie in Ansehung des Tatortes vom Vorliegen einer Straße mit öffentlichem Verkehr ausgegangen ist. Im übrigen entsprechen die Angaben im Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid insoweit unverändert übernommenen Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses über den Tatort und die Tatzeit, die der Beschwerdeführer als "zu ungenau" bezeichnet, dem Erfordernis des § 44a lit. a VStG 1950, ist doch auf dem Boden der diesbezüglich ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11466/A, und vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11894/A) nicht zu erkennen, daß der Beschwerdeführer dadurch in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer stellt in der Beschwerde seine ursächliche Beteiligung an dem gegenständlichen Verkehrsunfall nicht mehr in Abrede. Er macht aber weiterhin geltend, daß ihm die Unterlassung der Meldung gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, weil der Verkehrsunfall für ihn nicht wahrnehmbar gewesen sei. Er hat zwar diesbezüglich richtig erkannt, daß eine solche Übertretung auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden kann und diese auch dann gegeben ist, wenn dem Betreffenden objektive Umstände zum Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/02/0098, und die dort angeführte Judikatur). Daß dies der Fall war, hat die belangte Behörde in tatsächlicher Hinsicht als erwiesen angenommen, und der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden, lediglich auf die Beurteilung der hinreichenden Ermittlung des Sachverhaltes und der Schlüssigkeit der vorgenommenen Erwägungen eingeschränkten Kontrollbefugnis bei Prüfung der Beweiswürdigung (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht finden, daß der belangten Behörde hiebei ein maßgeblicher Fehler unterlaufen ist.

Auch zur Frage, ob der Beschwerdeführer den gegenständlichen Verkehrsunfall - im Zuge eines Ausparkmanövers, wobei unbestritten ist, daß der neben ihm abgestellt gewesene Pkw auf Grund dessen insbesondere an den beiden linken Fahrzeugtüren ca. 3 bis 4 cm tiefe Eindellungen aufgewiesen hat - bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte bemerken müssen, wurde schon im erstinstanzlichen Verfahren das Gutachten des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen Hubert Laus vom 31. August 1988 eingeholt. Darin kam der Sachverständige abschließend zu dem Ergebnis, "daß das anstoßende Fahrzeug erschüttert wurde" und "mit der vom Lenker eines Kraftfahrzeuges geforderten Aufmerksamkeit der Beschuldigte den von ihm verursachten Anstoß als Stoßreaktion hätte wahrnehmen müssen". Dieses Gutachten wurde im Berufungsverfahren (nach Durchführung einer Stellprobe mit zwei typengleichen Fahrzeugen und Besichtigung des Tatortes hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit durch den Amtssachverständigen) am 21. April 1989 ergänzt. Der Sachverständige wiederholte hiebei seine bereits geäußerte Ansicht über die taktile Wahrnehmbarkeit des Unfalls durch den Beschwerdeführer und begründete dies näher. Zusammenfassend stellte der Sachverständige neuerlich fest, "daß der Beschuldigte bei gehöriger Aufmerksamkeit beim Ausparken den Anstoß hätte wahrnehmen müssen", und er fügte hinzu, daß dann, wenn er "den Anstoß tatsächlich nicht wahrgenommen haben sollte, dafür aus technischer Sicht keine Gründe gefunden werden können". Der Beschwerdeführer bezeichnet dieses (von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegte) Gutachten "selbst in seiner Ergänzung vom 21.4.1989" als mangelhaft, ohne daß er jedoch im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Wesentlichkeit eines von ihm behaupteten Verfahrensmangels dargetan hätte. Dies betrifft sowohl seine Rügen hinsichtlich der sich auf die "Beschaffenheit des Parkplatzes" beziehenden Befundaufnahme durch den Amtssachverständigen als auch jene über die vor dem Unfall eingenommene Parkstellung seines Pkws, sodaß darauf nicht näher einzugehen ist. Die belangte Behörde hatte auch auf Grund der schriftlichen Stellungnahmen des Beschwerdeführers zu diesem Gutachten keine Veranlassung, dessen weitere Ergänzung vornehmen zu lassen.

Einem Antrag des Beschwerdeführers entsprechend erfolgte zu diesem Beweisthema auch eine Begutachtung durch den medizinischen Amtssachverständigen Dr. Wolfgang Schacherer. In dessen auf einer ärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers beruhendem Gutachten vom 23. Oktober 1989 heißt es zusammenfassend, es lägen "keine faßbaren medizinischen Gründe vor, welche ein Nichtwahrnehmen bzw. ein Nichthören der Touchierung nach Erschütterung begründen würden". In Ausführung des Beschwerdegrundes der Verletzung von Verfahrensvorschriften wendet sich der Beschwerdeführer in erster Linie gegen dieses (von der belangten Behörde gleichfalls verwertete) Gutachten, dem diese Eigenschaft überhaupt abspricht. Aber weder damit noch mit den übrigen dazu erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers braucht sich der Gerichtshof näher auseinanderzusetzen, weil nicht erkennbar ist, daß die belangte Behörde im Falle der Ergänzung dieses oder der Beischaffung eines weiteren medizinischen Gutachtens zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der Beschwerdeführer hat nie behauptet, daß er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, derartige Erschütterungen auf Grund eines Anstoßes wahrzunehmen, und daher bei ihm nicht vom Regelfall ausgegangen werden könne. Schon daher hätte es von vornherein gar nicht der Einholung eines solchen Gutachtens bedurft. Dem Umstand, daß nach Meinung des Beschwerdeführers im Gutachten "Ausführungen über eine taktile Wahrnehmbarkeit zur Gänze fehlen", kann demnach keine Relevanz zukommen. Auch wenn das Hörvermögen - entgegen dem Gutachten - soweit beeinträchtigt gewesen sein sollte, daß der Unfall für den Beschwerdeführer akustisch nicht wahrnehmbar war, wäre für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, weil es für die Auslösung seiner Meldepflicht genügte, daß er bei gehöriger Aufmerksamkeit durch die Erschütterung seines Fahrzeuges darauf hätte aufmerksam werden müssen.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989

Schlagworte

Straße mit öffentlichem Verkehr"Die als erwiesen angenommene Tat" BegriffAndere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Straßenpolizei KraftfahrwesenBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemeinfreie BeweiswürdigungVerfahrensbestimmungen Beweiswürdigung AntragSachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989020218.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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