TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/11 89/18/0201

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.05.1990
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §93 Abs1;
StVO 1960 §93 Abs5;
VStG §5 Abs1;

Betreff

N gegen Wiener Landesregierung vom 9. November 1989, Zl. MA 70-10/1715/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 9. November 1989 wurde der Beschwerdeführer zweier Übertretungen des § 99 Abs. 4 lit. h in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 5 StVO 1960 für schuldig befunden, weil er es als Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG 1950 nach außen hin zur Vertretung berufene Organ der "XY GesmbH" (Firma "ZZ"), die durch Rechtsgeschäft gemäß § 93 Abs. 5 StVO 1960 zur Gehsteigsäuberung verpflichtet gewesen sei, unterlassen habe, am 23. November 1988 um 15.15 Uhr 1) in Wien 17, Rötzergasse 16 und 2) in Wien 17, Rötzergasse 18, die Gehsteige zu säubern und für deren Bestreuung zu sorgen. Über den Beschwerdeführer wurden daher Geldstrafen in der Höhe von je S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe jeweils 48 Stunden) verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 93 Abs. 1 StVO 1960 haben die Eigentümer von Liegenschaften in Ortsgebieten, ausgenommen die Eigentümer von unverbauten land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften, dafür zu sorgen, daß die entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 3 m vorhandenen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege einschließlich der in ihrem Zuge befindlichen Stiegenanlagen entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 6 bis 22 Uhr von Schnee und Verunreinigungen gesäubert sowie bei Schnee und Glatteis bestreut sind.

In Erwiderung auf die einleitende Bemerkung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde äußere sich nicht darüber, ob in den beiden Fällen die Schneeräumungs- oder die Streupflicht verletzt worden sein soll, ist einerseits auf den eben wiedergegebenen Schuldspruch des angefochtenen Bescheides zu verweisen, demzufolge es der Beschwerdeführer unterlassen habe, "die Gehsteige zu säubern und für deren Bestreuung zu sorgen", und andererseits an die vom Beschwerdeführer selbst hervorgehobenen Ausführungen auf Seite 8 des angefochtenen Bescheides zu erinnern, wonach davon auszugehen sei, "daß die angeführten Gehsteige zu den angegebenen Tatzeiten mit einer ca. 3 cm dicken, lediglich von Fußgängern zusammengepreßten Schnee- und Eisschicht bedeckt waren und auch eine entsprechende Bestreuung dieser Gehsteige nicht gegeben war".

Dem vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf, die belangte Behörde habe sich nicht damit auseinandergesetzt, "ob etwa eine Räumung dieser Schnee- und Eisschichte mit dem Schneepflug um 15 Uhr, also knapp vor dem Zeitpunkt der Beanstandung, eine Besserung des Zustandes gebracht hätte oder ob trotz Räumung zu diesem Zeitpunkt mittels Schneepfluges diese kompakte Schnee- und Eisfläche unverändert auf den Gehsteigen geblieben wäre", muß entgegnet werden, daß hinsichtlich beider Übertretungen angesichts des Schuldspruches entscheidend ist, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 1 StVO 1960 zur angegebenen Tatzeit erfüllt waren, also die in Rede stehenden Gehsteige von Schnee gesäubert sowie bei Schnee und Glatteis bestreut waren, weshalb dem Fehlen der vom Beschwerdeführer in der Begründung des angefochtenen Bescheides vermißten - spekulativen - Erörterungen unter dem Gesichtspunkt des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG keine Bedeutung zukommt und ferner auch nicht wesentlich ist, daß, wie der Beschwerdeführer releviert, der Meldungsleger nichts darüber aussagen konnte, ob und wann die Gehsteige vor der Tatzeit geräumt und bestreut worden sind. Sollte, wie der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang meint, im Fall einer kompakten Schnee- und Eisschichte eine "Räumung mit Schneepflügen wirkungslos" sein, dann bestünde im Hinblick auf den Wortlaut des § 93 Abs. 1 leg. cit. die Verpflichtung, eben auf andere Weise dafür zu sorgen, daß die Gehsteige "von Schnee ... gesäubert ... sind".

Der Gerichtshof hat zwar in mehreren gegenüber demselben Beschwerdeführer im Zusammenhang mit gleichartigen Übertretungen ergangenen Erkenntnissen unter Hinweis auf die ständige hg. Vorjudikatur die Auffassung vertreten, daß einen Verpflichteten, der nicht selbst in der Lage ist, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen, dann kein Verschulden trifft, wenn er beweist, daß er es bei der Auswahl der von ihm Beauftragten und deren Überwachung nicht an der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit hat fehlen lassen. Mit seiner Behauptung, zwei namentlich genannte Personen seien vor ihrer Einstellung bei der XY GesmbH nicht nur von einem damit betrauten Institut auf ihre Eignung als Schneeräumer getestet und anschließend von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit, nämlich die Räumung und Streuung von Gehsteigen, ausgebildet worden, ihre Tätigkeit hätte bis zu dem gegenständlichen Vorfall keinen Grund zur Beanstandung gegeben und die Gesellschaft habe sich nicht nur mit Meldungen der Genannten über die erfolgten Schneeräumungen und Bestreuungen zufrieden gegeben, sondern ihre Tätigkeit auch noch durch einen bestimmten Kontrollor überwachen lassen, kann der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt des § 5 Abs. 1 VStG 1950 für seinen Standpunkt allerdings schon deshalb nichts gewinnen, weil damit nicht einmal die Behauptung aufgestellt worden ist, daß der Beschwerdeführer seiner Pflicht zur Überwachung des erwähnten Kontrollorganes nachgekommen wäre (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. N. F. Nr. 12.375/A).

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde kein zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender Verfahrensmangel angelastet werden, wenn sie die vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen nicht einvernommen hat, weil deren Einvernahme vom Beschwerdeführer zum Beweis dafür beantragt worden war, "daß am 23. 11. 1988 zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr die Gehsteige der Häuser Wien 17., Rötzergasse 16 und 18, bis zum Kompakteis geräumt wurden, daß sie unmittelbar nach der Räumung ausreichend bestreut wurden, und daß neben grobkörnigem Splitt auch ein Auftaumittel gestreut wurde, um diese Eisfläche sukzessive maschinell entfernen zu können". Ein weiterer Zeuge habe die beiden Gehsteige am 22. November 1988 gegen 7.30 Uhr mit einem Schneeräumgerät gereinigt und bestreut. Keiner dieser Zeugen hätte also Angaben über den zur Tatzeit bestandenen Zustand der Gehsteige machen können, weshalb der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie ohne Einvernahme dieser vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen den Angaben des Meldungslegers gefolgt ist, der im übrigen zu der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage der Streuung der Gehsteige in seinem - zum Gegenstand seiner Einvernahme als Zeuge gemachten - Bericht vom 11. Februar 1989 ausdrücklich festgehalten hat, daß "von einer Streuung nicht gesprochen werden kann, da zwar vereinzelte Steinchen sichtbar waren, dadurch aber keinesfalls eine gefahrlose Benützung des Gehsteiges möglich war".

Abschließlich ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer auch mit den gegen die Strafbemessung gerichteten Beschwerdeausführungen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen vermag, weil die zahlreichen gerichtsbekannten einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers (er selbst geht in der Beschwerde davon aus, in fünf Jahren 80-mal einen Anlaß zu "Beanstandungen" gegeben zu haben) einen Erschwerungsgrund im Sinne des § 19 Abs. 2 VStG 1950 darstellen, welcher selbst bei Berücksichtigung der von der belangten Behörde angenommenen "durchschnittlichen Einkommensverhältnisse ... Vermögenslosigkeit und Sorgepflicht für die Ehefrau und zwei Kinder" die Ausschöpfung des Strafrahmens des § 99 Abs. 4 StVO 1960 rechtfertigt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989180201.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten