TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/11 90/18/0006

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Veröffentlicht am 11.05.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §60;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z2 impl;

Betreff

N gegen Wiener Landesregierung vom 24. November 1989, Zl. MA 70-11/886/89/Str, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960.

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung des § 52 Z. 14 StVO 1960 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, im übrigen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. November 1989 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, 1) am 8. Mai 1988 um

4.55 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws in "Wien 1., Börsegasse 11 (dortige Tankstelle) Schallzeichen abgegeben" zu haben, "obwohl es die Sicherheit des Verkehrs nicht erfordert hat und Hupen nicht das einzige Mittel war, um die einer Person drohende Gefahr abzuwenden"; 2) sich am 8. Mai 1988 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges in Wien 1., Tiefer Graben 20, um 6.40 Uhr geweigert zu haben, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht mit einem "Atemluftalkoholmeßgerät auf Alkoholgehalt" prüfen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Über den Beschwerdeführer wurden daher wegen Übertretung zu 1) des § 52 Z. 14 StVO 1960 und zu 2) des "§ 5/2 u. 2a lit. b" leg. cit. Geld- und Ersatzarreststrafen verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1) Zur Übertretung des § 52 Z. 14 StVO 1960:

Im Zusammenhang mit dieser Übertretung macht der Beschwerdeführer geltend, er habe zum Beweis dafür, daß er nicht gehupt habe, die Einvernahme von drei namentlich genannten Zeugen beantragt. Die belangte Behörde habe diesem Beweisantrag mit der Begründung keine Folge geleistet, daß "dieser Tatbestand auf Grund der schlüssigen Anzeige und des schlüssigen und zielführenden, folgerichtigen, pflichtbewußten und sogar als couragiert zu bezeichnenden Verhaltens des Aufforderers als gesichert anzusehen" gewesen sei.

Die Behörde darf einen angebotenen Beweis (wie Zeugen) nur dann von vornherein ablehnen, wenn die angebotenen Beweismittel an sich nicht geeignet sind, über den Gegenstand einen Beweis zu liefern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1965, Zl. 1186/65).

Bei den vom Beschwerdeführer genannten Zeugen handelt es sich um Personen, die zur Tatzeit in seinem Fahrzeug gesessen sind und daher zu Aussagen über das in Rede stehende Beweisthema in der Lage gewesen wären. Ihre Einvernahme durfte daher umsoweniger abgelehnt werden, als lediglich der Zeuge Erwin J., ein Tankwart der im Bereich des Tatortes befindlichen Tankstelle, anläßlich seiner Aussage vom 9. Jänner 1989 erklärt hat, daß der Beschwerdeführer "ununterbrochen laut gehupt" habe, während dessen zur Tatzeit ebenfalls am Tatort anwesende Arbeitskollege Georg S. in seiner Zeugenaussage vom 22. Dezember 1988 lediglich deponiert hat, daß sein "Kollege einen Streit mit einem sehr erregten Autolenker" (nämlich offenbar dem Beschwerdeführer) gehabt habe, ohne aber in diesem Zusammenhang zu erwähnen, daß der Beschwerdeführer bei dieser Gelegenheit gehupt hat. Er hat demnach die den Ausführungen in der Anzeige zufolge gegenüber dem Meldungsleger gemachte Angabe, der Beschwerdeführer habe gehupt, anläßlich dieser Zeugeneinvernahme nicht bestätigt.

Unter diesen Umständen sowie im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer wiederholt in Abrede gestellt hat, die in Rede stehende Übertretung begangen zu haben, wären daher die von ihm als Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung angebotenen Zeugen auch dann zu vernehmen gewesen, wenn die belangte Behörde - unausgesprochen - der Meinung sein sollte, daß den Aussagen dieser Zeugen im Hinblick auf ihr Naheverhältnis zum Beschwerdeführer geringerer Beweiswert zukommt. Die Wertung eines Beweises auf seine Glaubwürdigkeit hin setzt nämlich die Aufnahme des Beweises voraus (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1979, Zlen. 409, 411/79). Es kann aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde im Falle der beantragten Einvernahme dieser Zeugen zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid gekommen wäre, weshalb der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Übertretung des § 52 Z. 14 StVO 1960 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

2) Zur Übertretung des "§ 5/2 u. 2a lit. b" StVO 1960:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer eine Verweigerung der Prüfung des Alkoholgehaltes seiner Atemluft zur Last gelegt und durch diesbezügliche Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer dadurch, wie schon erwähnt, eine Übertretung des "§ 5/2 u. 2a lit. b StVO" begangen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat seit seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1979, Slg. N. F. Nr. 9898, in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß die Weigerung, die Atemluft unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 StVO 1960 auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, im Sinne des § 44 a lit. b VStG 1950 nicht § 5 Abs. 2, sondern § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. verletzt. Daran hat sich durch die mit der 13. StVO-Novelle erfolgte Einfügung des im Beschwerdefall herangezogenen § 5 Abs. 2a ("Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist entweder a) mit einem Gerät, das nur den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergibt, oder b) mit einem Gerät, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt, vorzunehmen.") nichts geändert. Da die belangte Behörde diese Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses übersehen hat, belastete sie ihren Bescheid in diesem Punkt mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Aus prozeßökonomischen Gründen soll aber im Hinblick auf das dieser Übertretung gewidmete Beschwerdevorbringen nicht unerwähnt bleiben, daß mit der Behauptung, nach Beendigung des Lenkens Alkohol zu sich genommen zu haben, die Vornahme des Alkotests nicht verweigert werden darf (vgl. dazu u. a. das hg. Erkenntnis vom 18. November 1971, Zl. 2027/70), und die Verpflichtung, sich einem Alkotest zu unterziehen, allein auf Grund einer Vermutung der Alkoholisierung eines Kfz-Lenkers besteht, wobei es gleichgültig ist, worauf sich diese Vermutung gründet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1975, Zl. 192/75). Ferner befreit der Umstand, daß gegenüber dem Sicherheitswachebeamten zugegeben wird, Alkohol konsumiert zu haben, nicht von der Verpflichtung zur Ablegung der Atemluftprobe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1977, Zl. 483/77).

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Übertretung des § 52 Z. 14 StVO 1960 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und im übrigen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Alkotest VerweigerungMängel im Spruch Nichtangabe der verletzten VerwaltungsvorschriftVerwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der TatBeweiswürdigung antizipative vorweggenommeneAblehnung eines Beweismittels

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180006.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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