TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/11 89/18/0171

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Veröffentlicht am 11.05.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §52 lita Z10a;
StVO 1960 §52 Z10a;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z2 impl;

Betreff

N gegen oberösterreichische Landesregierung vom 3. Jänner 1989, Zl. VerkR-9530/1-1988-II/Fra, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 3. Jänner 1989 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, er habe am 21. November 1987 um 23.28 Uhr in Linz, A 7, Rf Nord, bei Straßenkilometer 11,09 an der Ausfahrt Hafenstraße ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt und dabei das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtet, da er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h laut Radarmessung um 43 km/h überschritten habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen; es wurde eine Geld- und eine Ersatzarreststrafe verhängt. In ihrer Begründung führte die Berufungsbehörde vornehmlich aus, daß die behauptete Verfolgungsverjährung infolge der niederschriftlichen Vernehmung des Beschwerdeführers am 14. April 1988 nicht eingetreten sei; die Behauptung, das Fahrzeug zur Tatzeit nicht gelenkt zu haben, habe der Beschwerdeführer nicht mehr aufrecht erhalten. Im übrigen sei nicht zu erkennen, inwiefern das erstinstanzliche Straferkenntnis "sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht" rechtswidrig sein solle, wie die Berufung ohne nähere Ausführung behaupte. Auch die Strafbemessung (S 2.000,-- oder vier Tage Arrest) sei rechtmäßig erfolgt, insbesondere unter Bedachtnahme auf die neun auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen des Beschwerdeführers.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der er vornehmlich Verfassungswidrigkeit des § 43 Abs. 1 lit. b StVO behauptete. In dieser Beschwerde finden sich aber auch folgende Ausführungen:

"Auch im Hinblick auf meinen Abtretungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof möchte ich noch folgendes ausführen:

Ich erachte mich durch den angefochtenen Bescheid in meinen Rechten, insbesonders in Hinsicht auf die Bestimmungen der §§ 24, 44a VStG, 37, 39, 40, 43, 44, 45 ff AVG verletzt.

Der angefochtene Bescheid läßt nicht erkennen, auf welche gesetzliche Grundlage er sich stützt. Mir wird vorgeworfen ich hätte eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Zi 10a StVO in Verbindung mit § 99 Abs. 3 leg. cit. begangen.

In Verbindung mit dem einschlägigen Gesetzestext, der da lautet: "Die Vorschriftszeichen. Die Vorschriftszeichen sind a)

10 a "GESCHWINDIGKEITSBESCHRÄNKUNG (ERLAUBTE HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT)" Dieses Zeichen zeigt an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist ... " ist zu erkennen, daß die Satzaussage des Textes lautet: "ZEIGT ANÜ" Eine derartige Anzeige ist objektiv weder durch mein Verhalten noch überhaupt durch das Verhalten irgendeiner Person zu verletzen.

Auch durch die Systematik der Anlage der Straßenverkehrsordnung zeigt der Gesetzgeber auf, daß das Verhalten von Verkehrsteilnehmern jeweils in einzelnen Abschnitten geregelt ist. So wird im Abschnitt II. unter der Überschrift "Fahrregeln" durch die Bestimmungen der §§ 7 - 25 das Verhalten beim Befahren von Straßen geregelt. Dasselbe gilt beispielsweise mit dem VIII. und IX. Abschnitt für den Fußgängerverkehr bzw. den mit nicht eingespannten Tieren.

Der Abschnitt IV. der StVO 1960, unter der Überschrift "Regelung und Sicherung des Verkehrs" enthält insbesonders hinsichtlich der Straßenverkehrszeichen einerseits Verhaltensnormen im Zusammenhang mit diesen Mitteln zur Verkehrsregelung und Sicherung und beschreibt andererseits diese Mittel. Die sich für den einzelnen Verkehrsteilnehmer aus dem Vorhandensein eines solchen Mittels - nämlich eines Straßenverkehrszeichens - ergebende Verhaltensnorm ist jedoch hier keinesfalls geregelt.

Der von der belangten Behörde dargelegte Sachverhalt, nämlich die "Mißachtung" eines Vorschriftszeichens, bedürfte einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage.

Zu bedenken ist schließlich, daß der Normentypus des § 52 StVO zweifellos als generell abstrakt anzusehen ist. Es bedarf daher eines individuellen konkreten Aktes um Rechtswirkungen hieraus entstehen zu lassen. Erst solch ein Akt könnte zur Begründung einer allfälligen Verwaltungsübertretung herangezogen werden.

Wenn auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner älteren Rechtsprechung, etwa 1920/71, 418/76 die Ansicht äußerte, daß bei Bezug auf § 52 Z. 10a StVO diesem Erfordernis quasi implicite entsprochen sei, so bin ich doch der Ansicht, daß insbesondere im Lichte der jüngsten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes zu § 43 1 b StVO davon nicht mehr ausgegangen werden kann, zumal § 43 StVO in der Fassung BGBl. Nr. 213/87 durchaus mit der Fassung BGBl. 412/1976 vergleichbar ist."

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 26. September 1989, B 317/89, die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Mit Verfügung vom 13. November 1989 wurde der Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsanwaltes aufgefordert, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides stütze, anzuführen, sowie eine der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGG entsprechendes bestimmtes Begehren zu stellen. Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1989 nahm der Beschwerdeführer folgende Mängelbehebung vor:

Unter der Bezeichnung des verletzten Rechtes machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Als Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, machte der Beschwerdeführer geltend, daß er sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten, insbesondere im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 24, 32, 44a, 51 VStG (1950), §§ 18, 37, 39, 40, 43, 44, 45 ff AVG (1950), §§ 52, 20, 43, 99 StVO und Art. 2 StGG verletzt erachtet. Als bestimmtes Begehren beantragte der Beschwerdeführer, der Verwaltungsgerichtshof möge den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Infolge der ablehnenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes UND mangels überzeugender Ausführungen des Beschwerdeführers geht der Verwaltungsgerichtshof von der Verfassungsmäßigkeit des § 43 Abs. 1 lit. b StVO in der Fassung der 14. Novelle zur StVO aus.

Das, was der Beschwerdeführer in seinem Mängelbehebungsschriftsatz vom 21. Dezember 1989 unter "Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt" anführte, ist, da sich der Beschwerdeführer mit dem Zitat gesetzlicher Bestimmungen begnügte, keine genügende Anführung von Gründen im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG.

Ungeachtet dessen mußte sich der Verwaltungsgerichtshof mit jenen Gründen beschäftigen, die der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof "auch im Hinblick auf (seinen) Abtretungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof" ausführte:

Verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 ist bei der Verletzung einer durch Verordnung festgesetzten Geschwindigkeitsbeschränkung allein § 52 lit. a Z. 10a StVO; darin liegt bereits die ausreichende Nennung der verletzten Verwaltungsvorschrift (Erkenntnis vom 24. April 1986, Zl. 86/02/0002). Der Nennung jener Verordnung, auf Grund deren das Verkehrszeichen angebracht worden ist, bedarf es im Spruch eines Straferkenntnisses nicht (Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0096). Die Wendung im § 52 lit. a Z. 10a StVO "Dieses Zeichen zeigt an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist" ist ein an die Verkehrsteilnehmer gerichtetes Verbot und stellt daher im Falle seiner Übertretung die verletzte Verwaltungsvorschrift dar. In welchem Abschnitt der Straßenverkehrsordnung sich dieses Verbot befindet, ist rechtlich unentscheidend. Wenn der Beschwerdeführer ausführt, daß im Lichte des § 43 Abs. 1 lit. b StVO aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1986 nicht mehr auf die frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden könne, so kann, was die verfassungsmäßige Unbedenklichkeit dieser Bestimmung anlangt, auf die obigen Ausführungen verwiesen werden; konkrete Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit jener Verordnung, auf Grund derer die Verkehrszeichen am Tatort zur Tatzeit angebracht worden waren, wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Da es der Beschwerde somit insgesamt nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989180171.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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