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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
N gegen Landeshauptmann von Wien vom 3. November 1989, Zl. MA 70-10/2465/88/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967.
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. November 1989 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 17. Mai 1988, bekanntzugeben, wer dieses Kraftfahrzeug in Wien 4., Prinz Eugen-Straße Nr. 46, abgestellt hat, sodaß es dort am 6. Mai 1988 um 16.45 Uhr gestanden ist, eine unrichtige Lenkerauskunft erteilt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde daher eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Zunächst ist in Erwiderung auf die Verjährungseinrede des Beschwerdeführers festzuhalten, daß ihm innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 der - allen an eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 leg. cit. zu stellenden Anforderungen entsprechende - Beschuldigten-Ladungsbescheid vom 1. Juli 1988 zugestellt worden ist, sodaß schon aus diesem Grunde keine Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 in der Fassung nach der 10. Novelle kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer ... zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Angesichts des schon wiedergegebenen Schuldspruches ist entscheidend, ob die belangte Behörde als erwiesen annehmen durfte, daß der Beschwerdeführer eine "unrichtige Lenkerauskunft erteilt" hat, wobei die belangte Behörde entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon ausgegangen ist, daß die Erklärung des Beschwerdeführers, er könne die verlangte Auskunft nicht erteilen und die Auskunftspflicht treffe "George Peter L, wohnhaft in XXX, New York nnn, Vereinigte Staaten von Amerika", unrichtig sei.
Die Bezeichnung einer Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält und deren verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung, aber auch deren Heranziehung zur Mitwirkung am administrativen Ermittlungsverfahren zumindest erheblich erschwert ist, als Lenker im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG 1967 verpflichtet den befragten Zulassungsbesitzer zu einer verstärkten Mitwirkung an dem Verwaltungs(Straf)verfahren. Die Behörde kann dann, wenn ihr Versuch, mit der als Lenker bezeichneten Person in Kontakt zu treten, scheitert, den Zulassungsbesitzer dazu verhalten, zumindest die Existenz dieser Person und deren Aufenthalt in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt glaubhaft zu machen. In diesem Zusammenhang kann davon ausgegangen werden, daß ein Zulassungsbesitzer sein Kraftfahrzeug nur Personen zum Lenken überläßt, die er näher kennt, wozu noch kommt, daß er gemäß § 103 Abs. 1 Z. 3 KFG 1967 verpflichtet ist, sich davon zu überzeugen, ob die betreffende Person die erforderliche Lenkerberechtigung besitzt (bzw. das erforderliche Mindestalter aufweist). Die Behörde hat umgekehrt die Verpflichtung, von Amts wegen jene Ermittlungen über die Richtigkeit der Angaben des Zulassungsbesitzers anzustellen, die ihr ohne Schwierigkeiten möglich sind, wie etwa die Einholung von Meldeauskünften. Verweigert es der Zulassungsbesitzer grundlos, die Glaubhaftmachung im oben genannten Sinn zu versuchen, dann wird die Behörde in der Regel berechtigt sein, die Angabe eines im Ausland befindlichen Lenkers als unrichtig zu qualifizieren. Ist der Zulassungsbesitzer dazu aber grundsätzlich bereit, reichen dessen Behauptungen zur Glaubhaftmachung nach Auffassung der Behörde (noch) nicht aus, so hat ihn die Behörde zu zweckdienlichen Ergänzungen zu verhalten und darüber hinaus selbständige Ermittlungen anzustellen. Die Unterlassung dieser Vorgangsweisen wird regelmäßig die Bestrafung des Zulassungsbesitzers wegen Verletzung seiner Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 mit Rechtswidrigkeit belasten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1989, Zl. 88/02/0210).
Es besteht kein sachlicher Grund, von anderen Kriterien auszugehen, wenn sich die Ermittlungen nicht auf den vom Zulassungsbesitzer angegebenen Lenker, sondern, wie im Beschwerdefall, auf jene Person beziehen, die vom Zulassungsbesitzer als auskunftspflichtig namhaft gemacht worden ist, weil er die verlangte Auskunft nicht erteilen kann.
Im Beschwerdefall hat die Behörde erster Instanz den Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Mitteilung, daß er die verlangte Auskunft nicht erteilen könne und die Auskunftspflicht den schon erwähnten George Peter L. treffe, mit Schreiben vom 20. Juni 1988 "ersucht und aufgefordert, binnen einer Woche nach Erhalt dieses Schreibens ... bekanntzugeben, wo Herr George Peter L. während seines Aufenthaltes in Wien gewohnt hat, zu welchem Zweck sich diese Person in Wien aufgehalten hat, wann Sie dieser Person Ihr Fahrzeug übergeben und wann Sie es wieder zurückbekommen haben und über welchen Führerschein betreffende Person verfügte. Sie können auch Ihre Behauptung durch eine notariell beglaubigte Erklärung der im Ausland wohnenden Person ersetzen".
Auf dieses behördliche Ersuchen hat der Beschwerdeführer lediglich mit der Gegenfrage reagiert, in welcher Eigenschaft er diese Fragen beantworten soll, die erbetenen Antworten aber während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens nicht gegeben, und hat auf Grund des im Zuge des Berufungsverfahrens an ihn gerichteten Ersuchens um Bekanntgabe, auf Grund welcher Umstände die Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 den genannten George Peter L. treffe, mitgeteilt, daß die Auskunftspflicht den Genannten treffe, weil der Beschwerdeführer "als Zulassungsbesitzer diese Auskunft nicht erteilen kann". Schließlich hat die belangte Behörde an George Peter L. ein mit 13. Februar 1989 datiertes Schreiben gerichtet, in welchem sie den Genannten unter Hinweis auf die erwähnte Auskunft des Beschwerdeführers um Bekanntgabe ersuchte, wer zur inkriminierten Zeit der Lenker des in Rede stehenden Fahrzeuges gewesen sei. Dieses Schreiben wurde mit dem - offenbar postalischen - Vermerk "Unclaimed" (also: "nicht behoben") an den Absender rückgemittelt. Dieser Sachverhalt wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, worauf er in seiner Stellungnahme vom 12. April 1989 erklärte, aus den ihm übermittelten Unterlagen sei erkennbar, daß die von ihm als auskunftspflichtig angegebene Person existiere. Im übrigen treffe die Auskunftspflicht den genannten George Peter L. und es sei Angelegenheit der Behörde und nicht etwa des Beschwerdeführers, "von der auskunftspflichtigen Person auch eine Auskunft erteilt zu erhalten". Irgendwelche sachdienlichen Mitteilungen hat der Beschwerdeführer auch in der Folge nicht gemacht.
Unter diesen Umständen schließt sich der Gerichtshof der in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretenen Auffassung der belangten Behörde an, daß der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes überhaupt nicht nachgekommen ist, da er sich im Sinne der im zitierten hg. Erkenntnis angestellten Erwägungen grundlos geweigert hat, seine Angaben über die vermeintliche Auskunftspflicht des George Peter L. glaubhaft zu machen. Daher kann auch nicht entscheidend sein, daß die belangte Behörde nicht versucht hat, den Grund für die Nichtbehebung des an George Peter L. gerichteten Schreibens vom 13. Februar 1989 etwa gar durch ein aufwendiges Ermittlungsverfahren festzustellen. Die belangte Behörde wäre nur dann zu weiteren Erhebungen verpflichtet gewesen, wenn sie auf Grund der erwähnten, an den Beschwerdeführer gerichteten erstbehördlichen Anfrage vom 20. Juni 1988 von ihm jene - auf andere Weise wohl kaum feststellbaren - Umstände erfahren hätte, die eine Überprüfung der Richtigkeit der vom Beschwerdeführer erteilten Auskunft ermöglicht hätten. Im übrigen hat die belangte Behörde entgegen dem Beschwerdevorbringen aus der Nichtbehebung des an George Peter L. gerichteten Schreibens nicht auf eine unrichtige Lenkerauskunft des Beschwerdeführers geschlossen, sondern in der Begründung des angefochtenen Bescheides dazu lediglich gemeint, daß dieser Umstand nicht geeignet sei, die Angaben des Beschwerdeführers "in glaubhafterem Licht erscheinen zu lassen". Ferner hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang gemeint, es sei dem Beschwerdeführer "vielmehr ... nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, daß nicht ihn, sondern Mr. L. die Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG träfe", womit sie zutreffend zu erkennen gegeben hat, daß es bei dem in Rede stehenden Ungehorsamsdelikt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1989, Zl. 88/03/0155, und die darin zitierte Vorjudikatur) im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen.
Zu dem gegen die Strafbemessung gerichteten Beschwerdevorbringen ist zu bemerken, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung von einem - im übrigen vom Beschwerdeführer gar nicht bestrittenen - "nicht unbedeutenden Vermögen" des Beschwerdeführers ausgegangen ist und entgegen den Beschwerdeausführungen nicht behauptet hat, "daß ein beträchtlicher (?Ü) Liegenschaftsbesitz vorliege". Ferner hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer trotz diesbezüglicher Aufforderung seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekanntgegeben hat, und er hat auch in der Beschwerde keine diesbezüglichen konkreten Angaben gemacht, sodaß der Gerichtshof nicht beurteilen kann, ob die vom Beschwerdeführer vermißten diesbezüglichen Feststellungen zur Bemessung einer anderen Strafe hätten führen können oder nicht, ob also der geltend gemachte Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wesentlich ist und daher zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen muß.
Die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
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ECLI:AT:VWGH:1990:1989180200.X00Im RIS seit
04.02.2002Zuletzt aktualisiert am
24.04.2009