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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
N gegen Landeshauptmann von Wien vom 11. August 1989, Zl. MA 70-11/849/89/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. August 1989 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug folgender Verwaltungsübertretung schuldig erkannt:
Der Beschwerdeführer habe am 24. März 1988 gegen 03.45 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in Wien 6, Mariahilferstraße vor der ONr. 1b gelenkt und hiebei auf der Fahrt den Führerschein nicht mitgeführt. Er habe hiedurch die Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 5 lit. a des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) begangen; gemäß § 134 KFG wurde eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt.
Der Landeshauptmann begründete seinen Berufungsbescheid unter anderem damit, daß der Beschwerdeführer nach der ersten vergeblichen Aufforderung zur Atemluftprobe seinen Pkw durch Starten des Motors abermals in Betrieb gesetzt habe, und zwar nachdem ihm vorher der Führerschein vorläufig abgenommen worden war. Damit sei der Tatbestand der oben erwähnten Übertretung des Kraftfahrgesetzes verwirklicht worden. Nach den Angaben der Sicherheitswachebeamten habe der Beschwerdeführer bereits vor dieser Inbetriebnahme sein Kraftfahrzeug (händisch) ordnungsgemäß abgestellt gehabt.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zum Vorbringen über ein gegen die beiden damals einschreitenden Sicherheitswachebeamten laufendes Strafverfahren wegen des Verbrechens des Amtsmißbrauches und des Vergehens der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde ist in Anbetracht der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 10. Oktober 1989 zu bemerken, daß dieses Vorbringen eine unzulässige Tatsachenneuerung darstellt, da ein solches Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren nie gemacht wurde (zur Unzulässigkeit der Tatsachenneuerung siehe z. B. die Entscheidungen bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 552/2/4, S 553/2). Ein allfälliger künftiger gerichtlicher Schuldspruch gegen die beiden Sicherheitswachebeamten könnte unter Umständen den Tatbestand des § 69 Abs. 1 lit. a AVG 1950 herstellen.
Die Beschwerde bekämpft unter anderem die Richtigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A) schließt die auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügen erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt, ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Dem Beschwerdeführer, der sich unter anderem auf § 6 VStG 1950 beruft, ist, auch wenn man von seiner nicht von der belangten Behörde angenommenen Tatsachenversion ausgehen wollte, sein Fahrzeug habe nach der händischen Abstellung durch Herausragen des linken Heckes ein gewisses Verkehrshindernis dargestellt, folgendes zu erwidern:
Das nicht vorschriftsmäßige Abstellen des Pkws, insbesondere ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 oder 2 StVO, wäre gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,-- zu bestrafen. Der Verstoß gegen § 102 Abs. 5 lit. a KFG ist gemäß § 134 Abs. 1 KFG mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen. Selbst wenn also der Beschwerdeführer vor der unausweichlichen Wahl gestanden wäre, entweder gegen § 23 StVO oder gegen § 102 Abs. 5 lit. a KFG zu verstoßen, bildeten die geschilderten verschiedenen Strafandrohungen einen Hinweis darauf, welchem Verbot der Gesetzgeber die größere Wichtigkeit beimißt.
Darüberhinaus bildete auch der vom Beschwerdeführer behauptete, von der belangten Behörde nicht als erwiesen angenommene Umstand einer gewissen Verkehrsbehinderung durch den Pkw eine selbstverschuldete Zwangslage des Beschwerdeführers, herbeigeführt durch die vorläufige Abnahme des Führerscheines. Der Beschwerdeführer hätte schon zufolge des Verbotes nach § 76 Abs. 5 KFG von der abermaligen Inbetriebnahme seines Kraftfahrzeuges vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheines Abstand nehmen müssen. Weder das behauptete rücksichtlose noch das behauptete rechtswidrige Verhalten der Sicherheitswachebeamten konnte den Beschwerdeführer von seiner Verpflichtung nach § 102 Abs. 5 lit. a KFG befreien (vgl. hiezu grundsätzlich das Erkenntnis vom 5. Juni 1978, Slg. N.F. Nr. 9577/A).
Da es somit den Beschwerden nicht gelungen ist, die von ihnen behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheides darzutun, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
Schlagworte
freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989180152.X00Im RIS seit
19.03.2001