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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
N gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 25. Februar 1988, Zl. III-4033/88, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Paßgesetz.
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Mit einer dem Beschwerdeführer persönlich zugestellten Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 27. Juli 1987 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich vom "27. Juni bis 21. Juli 1987" "länger als drei Monate im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten, ohne den hiefür erforderlichen Sichtvermerk erlangt zu haben". Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs. 1 Paßgesetz in Verbindung mit Punkt 1 des Sichtvermerksabkommens BGBl. Nr. 194/1955 in der geltenden Fassung begangen. Es wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) verhängt.
Der dagegen namens des Beschwerdeführers von Dr. A erhobene Einspruch enthält den Hinweis "Vollmacht im Fremdenpolizeiakt".
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 21. August 1987 wurde Dr. A mit dem Hinweis, daß sich im Fremdenpolizeiakt keine Vollmacht des Beschuldigten befinde, aufgefordert, binnen 14 Tagen eine Vollmacht des Beschuldigten beizubringen, da ansonsten der Einspruch als gegenstandslos betrachtet werde.
Mit Schreiben vom 8. September 1987 erwiderte Dr. A, § 10 Abs. 5 AVG 1950 sehe nicht vor, daß Rechtsvertreter eine Vollmacht benötigten und verwies weiters darauf, daß eine Vollmacht im Akt der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch die Erteilung eines Sichtvermerkes betreffend vorgelegt worden sei.
Mit Schreiben vom 18. November 1987 erging an den Beschwerdeführer zuhanden Dr. A die Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter.
Auch der Schriftsatz vom 16. Dezember 1987, die Rechtfertigung betreffend, ist von Dr. A mit dem Bemerken gezeichnet "Vollmacht im Fremdenpolizeiakt".
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 4. Jänner 1988 wurde der Beschwerdeführer der in der genannten Strafverfügung näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe im gleichen Ausmaß verhängt, weil er sich "als Fremder länger als drei Monate im österr. Bundesgebiet aufgehalten habe, ohne ab 27. 6. 1987 den hiefür erforderlichen Sichtvermerk erlangt zu haben". Das Straferkenntnis nennt Dr. A als Vertreter des Beschwerdeführers und wurde an Dr. A am 13. Jänner 1988 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 27. Jänner 1988 erhob Dr. A im Namen des Beschwerdeführers Berufung gegen dieses Straferkenntnis, wobei er wieder den Vermerk anbrachte "Vollmacht im Fremdenpolizeiakt".
Die belangte Behörde forderte Dr. A mit Schreiben vom 8. Februar 1988 gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 auf, binnen zwei Wochen eine Vollmacht des Beschuldigten vorzulegen, widrigenfalls die vorliegende Berufung als unzulässig eingebracht zurückgewiesen werde.
Dieser Aufforderung wurde von Dr. A wieder nicht entsprochen. Dr. A legte jedoch in einem umfangreichen Schriftsatz vom 23. Februar 1988 neuerlich dar, daß im seinerzeitigen Sichtvermerksverfahren eine Vollmacht vorgelegt worden sei.
Mit Erledigung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (belangte Behörde) vom 25. Februar 1988 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 AVG 1950 als unzulässig eingebracht zurückgewiesen. Sowohl in dieser Erledigung als auch in der Zustellverfügung ist als Vertreter der nunmehrigen beschwerdeführenden Partei Rechtsanwalt Dr. A angeführt.
Gegen diese Erledigung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 3. Oktober 1988 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie über Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluß vom 19. Dezember 1988, B 908/88, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.
Die Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Erwägungen als unzulässig:
Entsprechend den obigen Darlegungen ist davon auszugehen, daß in dem das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren betreffenden Akt eine schriftliche Vollmacht des für den Beschwerdeführer einschreitenden Rechtsanwaltes Dr. A niemals und insbesondere nicht im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Erledigung vorgelegen ist. Ebenso aktenkundig ist, daß der genannte Rechtsanwalt den von der Behörde erster Instanz und von der belangten Behörde erteilten Verbesserungsaufträgen gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 die Vollmachtsvorlage betreffend nicht Folge geleistet hat. Dies wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Das hatte zur Folge, daß die belangte Behörde bei Erlassung der angefochtenen Erledigung davon ausgegangen ist, daß die Vollmacht des Dr. A gegenüber der Behörde zu diesem Zeitpunkt nicht ausgewiesen war. Die angefochtene Erledigung konnte jedoch gegenüber dem somit in diesem Verfahren unvertretenen Beschwerdeführer nur dann Rechtswirkungen entfalten, wenn sie an ihn persönlich zugestellt worden wäre. Dadurch, daß dies im vorliegenden Fall nicht geschehen ist, sondern der angefochtene "Bescheid" an den nicht als bevollmächtigt ausgewiesenen Vertreter zugestellt worden ist, ist der angefochtene "Bescheid" nicht rechtswirksam erlassen worden, er gehört dem Rechtsbestand nicht an. Da aber auf Grund der von der belangten Behörde getroffenen Zustellverfügung "Empfänger" der angefochtenen Erledigung im Sinne der zustellrechtlichen Vorschriften Rechtsanwalt Dr. A war, liegt auch kein Fall des § 7 oder § 9 Abs. 1 zweiter Satz des Zustellgesetzes vor (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1967, Slg. Nr. 7081/A, und den Beschluß vom 16. Oktober 1989, Zl. 89/10/0167, sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
Die Beschwerde richtet sich somit gegen einen Verwaltungsakt, der mangels Zustellung an den Beschwerdeführer und mangels Entfaltung jeglicher Rechtswirkungen nicht mit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden kann.
Die Beschwerde ist daher gem § 34 Abs 1 und 3 VwGG wegen Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (vgl dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.5.1988, Zl 87/02/0150).
Schlagworte
Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang RechtsmittelVertretungsbefugnis Inhalt Umfang ZustellungOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemeinnachträgliche VollmachtserteilungVertretungsbefugter physische Person EigenberechtigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190153.X00Im RIS seit
14.05.1990Zuletzt aktualisiert am
15.04.2010