TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/14 90/19/0162

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Veröffentlicht am 14.05.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 1954 §12;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z1;
FrPolG 1954 §3 Abs2;
FrPolG 1954 §3 Abs3;
FrPolG 1954 §6;
MRK Art8 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

N gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. Oktober 1989, Zl. SD 456/89, betreffend Aufenthaltsverbot

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. Oktober 1989 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Mit diesem war gegen die Beschwerdeführerin, einer polnischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) ein unbefristetes, sich auf das gesamte Bundesgebiet erstreckendes Aufenthaltsverbot erlassen worden, wobei die Beschwerdeführerin verpflichtet wurde, das Bundesgebiet "sofort nach Erhalt nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides" zu verlassen.

Der Begründung des angefochtenen Bescheides zufolge wurde die Beschwerdeführerin - die bereits 1985 vom Bezirksgericht Gänserndorf wegen Vortäuschung eines Diebstahls ihres Kraftfahrzeuges verurteilt worden sei - im Jahr 1986 wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, weil sie alkoholisierte Gäste, von denen sie beschimpft worden sei, mit heißem Fett angeschüttet und schwer verletzt habe. Im Jahr 1987 sei die Beschwerdeführerin vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen versuchten schweren Betruges, Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung mit tödlichem Ausgang zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung mit ihrem aggressiven Ehegatten habe die Beschwerdeführerin diesen zunächst durch einen Stich mit dem Messer genötigt, eine Anzeigeerstattung über den Notruf zu unterlassen und ihm in der Folge aus Zorn darüber, daß er sie habe anzeigen wollen, das Messer in die Brust gestoßen, was zu seinem Tod geführt habe. Im Zuge der Ermittlungen habe sich auch noch ergeben, daß die Beschwerdeführerin mit Hilfe eines anderen Mannes versucht habe, durch Vortäuschung nicht zutreffender Unfallgegebenheiten einen Versicherungsbetrug zu begehen. Die Meinung der Beschwerdeführerin, ihre vorzeitige Entlassung bestätige, daß ihre Straffälligkeit nicht durch ihr Verschulden und nicht von ihr selbst herbeigeführt worden sei, sei nicht zutreffend. Der Aufrollung der Schuldfrage stehe jedenfalls die Rechtskraft der Verurteilungen entgegen.

Durch diese Verurteilungen seien die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Hinblick auf § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG in mehrfacher Hinsicht gegeben, zumal eine der Verurteilungen das Ausmaß von drei Monaten unbedingter Freiheitsstrafe - weit - übersteige und anderseits die Beschwerdeführerin in zweierlei Hinsicht mehr als einmal wegen Handlungen verurteilt worden sei, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten. Damit lägen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG in mehrfacher Hinsicht vor. Dabei liege es im Hinblick auf die Höhe der Strafe und die mehrfachen Verurteilungen auch klar auf der Hand, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin den im Art. 8 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Es könne kein Zweifel bestehen, daß durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in das Privatleben der Beschwerdeführerin eingegriffen werde, doch sei diese Maßnahme angesichts der Straftaten der Beschwerdeführerin, die nicht nur auf den Einfluß ihres getöteten Gatten zurückzuführen seien, dringend geboten. Daß sich die Beschwerdeführerin, die jedenfalls nicht als Flüchtling im Sinne der Konvention anzusehen sei, seit dem Jahr 1981 in Österreich aufhalte, habe gegenüber den unverhältnismäßig schwerer wiegenden öffentlichen Interessen ebenso zurückzutreten, wie der Umstand, daß die Beschwerdeführerin nach ihrer Haftentlassung an der Herausgabe eines Magazins beteiligt und von ihrer Stiefmutter adoptiert werden solle, sowie daß die Beschwerdeführerin nunmehr nach acht Jahren Aufenthalt in Österreich erklärt habe, ihre Talente im Schwimmsport Österreich zur Verfügung stellen zu wollen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, wobei sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten, nicht entgegen den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 Z. 1 und § 4 FrPolG mit einem unbefristeten Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet belegt zu werden, sowie das Bundesgebiet nicht sofort verlassen zu müssen, verletzt erachtet.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei der angefochtene Bescheid deshalb von der unzuständigen Behörde erlassen worden, weil dem Sicherheitsdirektor keine Behördenfunktion zukomme. Der Bescheid hätte nicht "für den Sicherheitsdirektor", sondern richtig "für die Sicherheitsdirektion" erlassen werden müssen.

1.2. Wie die Beschwerde selbst einräumt, weist der Briefkopf des angefochtenen Bescheides die Bezeichnung "Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien" auf; damit stimmt das neben der Unterschrift des Organwalters angebrachte Siegel insofern überein, als auch dieses die genannte Bezeichnung enthält. Daraus läßt sich nach Auffassung des Gerichtshofes unschwer erkennen, welcher Behörde der bekämpfte Bescheid zuzurechnen ist. Angesichts dessen kann aus der Unterfertigung eines Organwalters der sachlich wie auch örtlich zuständigen (Berufungs-)Behörde "Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien" unter der Wortfolge "Für den Sicherheitsdirektor" nicht abgeleitet werden, es habe eine unzuständige Behörde entschieden.

2. Gemäß § 3 Abs. 1 FrPolG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958 (MRK), genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Nach § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. ist, wenn durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen würde, seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen: 1) Die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen; 2) die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen; 3) die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.

Nach Art. 8 Abs. 2 MRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

3.1. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt die Beschwerde zunächst darin, daß die belangte Behörde die "Einheitlichkeit der Rechtsordnung" nicht beachtet habe. Es widerspreche diesem Grundsatz, wenn das Strafgericht die Beschwerdeführerin vorzeitig aus der Haft entlasse, weil sie eine gute Zukunftsprognose habe, sie aber dennoch "abgeschoben und des Landes verwiesen werden sollte".

3.2. Die belangte Behörde ist gleich wie vor ihr die Erstinstanz - von der Beschwerde unbestritten - vom Vorliegen dreier gerichtlicher Verurteilungen ausgegangen: Erstens wegen § 298 Abs. 1 StGB zu 30 Tagessätzen a S 180,--, im Nichteinbringungsfall 15 Tage Freiheitsstrafe (Bezirksgericht Gänserndorf vom 25. Februar 1985); zweitens wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten, wobei der Volllzug der Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde (Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10. Oktober 1986); drittens wegen §§ 15, 146, 147 Abs. 2, 105 Abs. 1, 83 Abs. 1, 86 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren (Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10. November 1987). Die beiden zuletzt genannten gerichtlichen Verurteilungen konnten von der belangten Behörde rechtlich unbedenklich in zweifacher Hinsicht im Wege des § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG als "bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1" gewertet werden: Zum einen wurde die Beschwerdeführerin mit dem zuletzt genannten Urteil zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe verurteilt, die den im § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG vorgesehenen Zeitraum um ein Vielfaches übersteigt; zum anderen wurde durch die zweimalige Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen schwerer Körperverletzung (§§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und §§ 83 Abs. 1, 86 StGB) der Tatbestand der mehr als einmaligen Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen verwirklicht. Damit aber ist die Annahme gerechtfertigt, der Aufenthalt der Beschwerdeführerin gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwider (§ 3 Abs. 1 FrPolG). Die belangte Behörde hat - indem sie die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides als "auch für die Berufungsentscheidung maßgebend" erklärte - im Beschwerdefall eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit angenommen und damit entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin das öffentliche Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen sie ausreichend "spezifiziert".

Der Berechtigung dieser Annahme steht nicht entgegen, daß die Beschwerdeführerin die über sie verhängte unbedingte Haftstrafe von vier Jahren nicht zur Gänze verbüßt hat, da sie vorzeitig - nach Ausweis der Akten nach etwa zwei Jahren - aus der Haft entlassen worden ist. Das öffentliche Interesse an der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über die Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde in Anbetracht der Delikte, die den Verurteilungen in den Jahren 1986 und 1987 zugrunde lagen, insbesondere im Hinblick auf das Verbrechen der vorsätzlichen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§§ 83 Abs. 1, 86 StGB), zu Recht als sehr gewichtig angesehen. Die Tatsache allein, daß die Beschwerdeführerin nach Verbüßung etwa der Hälfte der über sie verhängten Freiheitsstrafe vorzeitig entlassen worden ist, vermag an der prinzipiellen Unbedenklichkeit der Wertung des bezeichneten öffentlichen Interesses als von großem Gewicht nichts zu ändern.

4.1. Die Beschwerdeführerin meint, daß - anders als dies die belangte Behörde gesehen hat - die Interessenabwägung im Sinne des § 3 Abs. 3 FrPolG zu ihren Gunsten hätte ausfallen müssen, "zumal das öffentliche Interesse aufgrund der konkreten Einzelheiten dieses Falles sicherlich geringer zu werten ist als mein Interesse, in Österreich zu bleiben".

4.2. Daß der Gerichtshof die damit zum Ausdruck gebrachte geringe Gewichtung des an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen die Beschwerdeführerin bestehenden öffentlichen Interesses nicht teilt, ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen. Daß aber die belangte Behörde die entgegenstehenden persönlichen, familiären und beruflichen Interessen nicht oder nicht ausreichend gewürdigt und demnach insgesamt eine unzutreffende Abwägung im Sinne des § 3 Abs. 3 FrPolG vorgenommen hätte, ist - auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Beschwerdeargumentation - nicht zu erkennen. Die belangte Behörde hat auf alle ihr zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung bekannt gewesenen (von der Beschwerdeführerin im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgebrachten) die Lebenssituation der Fremden betreffenden Umstände Bedacht genommen. Wenn sie trotz der von ihr als nicht unerheblich eingeschätzten persönlichen, familiären und beruflichen Interessen zu dem Ergebnis gelangte, es seien die für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen von unverhältnismäßig größerem Gewicht als die gegenläufigen Interessen der Beschwerdeführerin, so bestehen dagegen im Hinblick auf die Schwere des Deliktes gemäß §§ 83 Abs. 1, 86 StGB und der darin zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen groben Geringschätzung der körperlichen Integrität anderer Menschen keine rechtlichen Bedenken.

5.1. Die Beschwerde rügt des weiteren, daß sich der angefochtene Bescheid "hinsichtlich der Begründung über das Ausmaß der Dauer (unbefristetÜ) des Aufenthaltsverbotes in Schweigen (hüllt)". Auch werde nicht angeführt, warum das Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet gelten solle.

5.2. Der damit behauptete Begründungsmangel liegt nicht vor. Die Beschwerde läßt dazu außer acht, daß in der Begründung des bekämpften Bescheides vorweg auf die - auch für die Berufungsentscheidung maßgebenden - Gründe des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen wird, und daß dort die Auffassung vertreten worden ist, es scheine aus sicherheitspolizeilichen Überlegungen geboten, Fremde, die sich solcher schwerer Delikte schuldig gemacht hätten, für "unbestimmte Zeit vom Gebiet der Republik Österreich fernzuhalten". Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang noch ausführt, es sei nicht einzusehen, "warum das Aufenthaltsverbot unbefristet sein soll", so ist dem entgegenzuhalten, daß dem festgestellten Sachverhalt nichts zu entnehmen ist, das erkennen ließe, daß die Behörde den Zeitpunkt hätte absehen können, bis zu welchem die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegfallen würden.

Mit ihrem Einwand, es fehle an einer Begründung dafür, daß sich das Aufenthaltsverbot auf das gesamte Bundesgebiet beziehe, verkennt die Beschwerde, daß § 4 FrPolG das sich auf das ganze Bundesgebiet erstreckende Aufenthaltsverbot als Regelfall vorsieht, der lediglich insofern eine Ausnahme erfährt, als die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Gründe nur für Teile des Bundesgebietes zutreffen. Daß letzteres der Fall sei, hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht dargelegt. Das in diese Richtung zielende Beschwerdevorbringen ist demnach als unbeachtliche Neuerung anzusehen (§ 41 Abs. 1 VwGG).

6.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde ferner einen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 FrPolG vor, und zwar insofern, als mit dem angefochtenen Bescheid die in der genannten Bestimmung vorgesehene Frist unzulässigerweise verkürzt worden sei.

6.2. Es trifft zu, daß durch die bestätigende Berufungsentscheidung auch die im erstinstanzlichen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung der Beschwerdeführerin, das Bundesgebiet "sofort nach Erhalt nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides" zu verlassen aufrecht erhalten worden ist. Wie immer man diese unklare Wendung versteht, feststeht, daß sie die im § 6 Abs. 1 FrPolG für das Verlassen des Bundesgebietes festgelegte Frist "innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Bescheides" verkürzt hat, ohne die hiefür nach § 6 Abs. 2 leg. cit. erforderliche Voraussetzung der Gefahr im Verzuge als gegeben angenommen zu haben. Allerdings hat diese Vorgangsweise im konkreten Fall keine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin bewirkt, da - worauf die Beschwerde selbst hinweist - nach Ausweis der Akten unmittelbar nach Übernahme des bekämpften Bescheides durch die Beschwerdeführerin am 23. Oktober 1989 gemäß § 6 Abs. 2 FrPolG die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes bis 30. April 1990 (in der Folge "amtlich berichtigt" auf 20. Dezember 1989) aufgeschoben worden ist ("Vollstreckungsaufschub" vom 24. Oktober 1989). Damit aber ist die von der Beschwerdeführerin dahin umschriebene Beschwer, es könne ihr nicht zugemutet werden, das Bundesgebiet "sofort" zu verlassen, weggefallen.

7. Was schließlich die Behauptung der Beschwerdeführerin anlangt, der bekämpfte Bescheid sei deshalb mangelhaft, weil er keine Entscheidung über die Kosten gemäß § 12 FrPolG getroffen habe, so genügt der Hinweis, daß diese Bestimmung keineswegs gebietet, über die von dem Fremden bei der Durchführung eines Aufenthaltsverbotes zu tragenden Kosten in dem das Aufenthaltsverbot erlassenden Bescheid abzusprechen.

8. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als zur Gänze unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

9. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190162.X00

Im RIS seit

14.05.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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