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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
N gegen Landeshauptmann von Wien vom 14. Juli 1989, Zl. MA 70-10/546/89/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 23. Mai 1988 eine falsche, somit keine Lenkerauskunft darüber erteilt, wer dieses Kraftfahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gelenkt habe. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarresstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Zu Recht rügt der Beschwerdeführer, daß ihm erstmals im Berufungsbescheid die verspätete Erteilung einer Lenkerauskunft vorgeworfen wurde, sodaß er keine Gelegenheit hatte, hiezu Stellung zu nehmen und die behauptete Fristwahrung infolge Ortsabwesenheit bei Zustellung nachzuweisen. Diese Verletzung des Parteiengehörs führt aber zu keinem für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis, da der Gerichtshof die Beurteilung der Lenkerauskunft durch die belangte Behörde als - unabhängig von ihrer Rechtzeitigkeit - unrichtig billigt.
Die Bezeichnung einer Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält und deren verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung, aber auch deren Heranziehung zur Mitwirkung am administrativen Ermittlungsverfahren zumindest erheblich erschwert ist, als Lenker im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG 1967 verpflichtet den befragten Zulassungsbesitzer zu einer verstärkten Mitwirkung am Verwaltungsverfahren. Zwar hat die Behörde die Verpflichtung, von Amts wegen jene Ermittlungen über die Richtigkeit der Angaben des Zulassungsbesitzers anzustellen, die ihr ohne Schwierigkeiten möglich sind. Kommt der Zulassungsbesitzer seiner verstärkten Mitwirkungspflicht aber nicht nach und versucht er auch über Aufforderung nicht, die Existenz der als Lenker bezeichneten Person und deren Aufenthalt in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt glaubhaft zu machen, so wird die Behörde in der Regel berechtigt sein, die Angabe eines im Ausland befindlichen Lenkers als unrichtig zu qualifizieren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. April 1989, Zl. 88/02/0210, und vom 20. September 1989, Zl. 88/03/0181).
In den beiden zitierten Beschwerdefällen war der jeweilige Beschwerdeführer niemals konkret zur Angabe näherer Umstände aufgefordert worden, die - über Namen und Anschrift hinaus - zur Glaubhaftmachung der Lenkereigenschaft der bezeichneten Person hätten beitragen können.
Im Gegensatz dazu ist im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer nach erfolglosen Ladungsversuchen am 14. November 1988 die Beibringung einer beglaubigten Erklärung des angeblichen Lenkers über dessen Lenkereigenschaft zur fraglichen Zeit am fraglichen Ort bis 2. Dezember 1988 aufgetragen worden. Am 1. Dezember 1988 wies der Beschwerdeführer schriftlich darauf hin, daß ihm dies so kurzfristig nicht möglich sei. Daraufhin wurde ihm in einem weiteren Ladungsbescheid vom 22. Dezember 1988 (zugestellt am 29. Dezember 1988) hiefür eine Monatsfrist gesetzt, die ergebnislos verstrichen ist. In seiner Berufung vom 23. Februar 1989 behauptete der Beschwerdeführer unrichtig, ihm wäre nur eine Frist von wenigen Tagen eingeräumt worden; darüber hinaus sei die Beibringung einer beglaubigten Bestätigung im Kraftfahrgesetz nicht vorgesehen, er sei seiner gesetzlichen Verpflichtung voll nachgekommen. Nicht einmal bis zur Erlassung des angefochtenen Berufungsbescheides am 14. Juli 1989 wurde der Behörde eine schriftliche Erklärung des angeblichen Lenkers übermittelt.
Entgegen der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers war es nicht rechtswidrig, ihm die Beibringung einer Erklärung der von ihm als Lenker bezeichneten Person aufzutragen. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß es im Hinblick auf die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten eine durchaus zulässige Vorgangsweise der Behörde darstellt, wenn sie dem Beschwerdeführer, der bloß behauptet, das Fahrzeug sei zur Tatzeit von einer nur im Ausland erreichbaren Person gelenkt worden, ohne jedoch näher überprüfbare Umstände über die Existenz und den angeblichen Aufenthalt dieser Person zur Tatzeit in Österreich bekanntzugeben, die Möglichkeit einräumt, seine Behauptungen durch Vorlage einer entsprechenden Erklärung des angeblichen Lenkers unter Beweis zu stellen. Die Behörde ist unter solchen Umständen nicht ohne weiteres verpflichtet, aufwendige Ermittlungen, wie etwa die Veranlassung von Rechtshilfevernehmungen (sofern solche im Einzelfall überhaupt möglich sind), durchzuführen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1988, Zl. 88/03/0026, und vom 16. November 1988, Zlen. 88/03/0100, 0101). Von der ihm gebotenen Gelegenheit hat der Beschwerdeführer aber keinen Gebrauch gemacht.
Bereits in dem dem hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1986, Zl. 86/03/0125, zugrundeliegenden Fall hatte die Behörde dem damaligen Beschwerdeführer den Auftrag erteilt, eine notariell oder gerichtlich beglaubigte Erklärung des angeblichen Lenkers vorzulegen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte schon damals auf die Unterlassung einer Behauptung, die Beibringung der verlangten Erklärung wäre unmöglich gewesen, hingewiesen.
Der Beschwerdeführer meint nun, er habe sich nie geweigert, die geforderte Erklärung beizubringen, doch sei ihm dies bis Februar 1989 nicht möglich gewesen. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß er nie die Behauptung aufgestellt hat, er habe bereits versucht, die Erklärung zu erlangen. Es ist daher gleichgültig, daß den angeblichen Lenker ihm gegenüber keine entsprechende erzwingbare Verpflichtung treffen würde (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 17. Dezember 1986, Zl. 86/03/0125). Seiner Beanstandung der Kurzfristigkeit des ersten Vorlageauftrages hat die Behörde durch Einräumung einer neuen, längeren Frist ohnehin Rechnung getragen. Um Fristverlängerung hat der Beschwerdeführer nie angesucht. Weder vor noch nach Fristablauf hat er eine derartige Erklärung vorgelegt oder auch nur angekündigt.
Unter diesen Umständen hält es der Gerichtshof nicht für rechtswidrig, wenn die belangte Behörde von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers ausging und seine unbelegte Lenkerauskunft als unrichtig qualifizierte. Zwischen einer unrichtigen Auskunft und der Verweigerung der Auskunft besteht hinsichtlich der Rechtsfolgen aber kein Unterschied (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1989, Zl. 89/18/0004).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Beweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Zeugenbeweis Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1 freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989020152.X00Im RIS seit
19.03.2001