TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/15 89/02/0199

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.05.1990
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
VStG §25 Abs2;
VStG §25;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Mag. N gegen Niederösterreichische Landesregierung vom 5. Oktober 1989, Zl. I/7-St-D-88138, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 25. Oktober 1988 um 18.10 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws an einer näher bezeichneten Stelle der Westautobahn auf dem ersten Fahrstreifen bei der Überfahrt in den Gegenverkehr gehalten. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 46 Abs. 4 lit. e StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ihm ein Halten zur Last gelegt worden sei, obwohl er wegen einer bei der Überfahrt in den Gegenverkehr angebrachten Stoptafel angehalten habe.

Mit diesen Ausführungen verkennt der Beschwerdeführer den genannten Beschwerdegrund. Gesetzwidrigkeit des Inhaltes eines Bescheides im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG liegt nämlich nur vor, wenn die Behörde das Gesetz falsch auslegt, das sie auf den von ihr angenommenen Sachverhalt zur Anwendung bringt, nicht aber, wenn der von ihr angenommene Sachverhalt zur Wirklichkeit im Widerspruch steht (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 563). Die belangte Behörde ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer sein Fahrzeug zunächst bei der Stoptafel, die sich beim Übergang des Zubringers in die Richtungsfahrbahn befunden hat, angehalten hat, dann in den ersten Fahrstreifen eingebogen ist, schließlich aber bei der Überfahrt in den Gegenverkehrsbereich grundlos gehalten hat. Nur aus letzterem Grund ist er bestraft worden. Wenn der Beschwerdeführer nun behauptet, bei der Überfahrt in den Gegenverkehrsbereich sei eine Stoptafel angebracht gewesen, weshalb er habe anhalten müssen, macht er in Wahrheit nicht die unrichtige Lösung einer Rechtsfrage, sondern die unrichtige Lösung einer Tatfrage geltend. Dies hat der Beschwerdeführer im Zuge seiner weiteren Darlegungen auch selbst erkannt, wenn er ausführt, die Behörde habe insoweit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften einen verfehlten Sachverhalt angenommen.

Einen solchen Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ihm die im Akt erliegende Skizze der örtlichen Verhältnisse nicht zur Kenntnis gebracht worden sei.

Ob dies zutrifft, kann aus folgenden Erwägungen auf sich beruhen: Verfahrensmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG können nämlich nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels in der Beschwerde darzustellen ist (Dolp, Seite 591). Es ist Sache des Beschwerdeführers darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre. Dies hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall aber unterlassen. Im übrigen ergibt sich aus der angeführten Skizze nicht mehr als aus den Zeugenaussagen, deren Illustration sie lediglich diente; daß ihm auch die erwähnten Aussagen nicht zur Kenntnis gebracht worden wären, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht.

Er macht weiters geltend, das Verfahren sei auch insofern mangelhaft geblieben, als die belangte Behörde auf seine schlüssigen und stichhaltigen Argumente nicht eingegangen sei, aus denen sich zwingend die Unrichtigkeit der getroffenen Sachverhaltsannahmen ergebe. Der Beschwerdeführer gibt aber zunächst nicht zu, um welche Argumente es sich dabei handeln soll. Er verweist sodann auf seine Rüge, ihm wäre nicht der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht worden.

Dazu ist zu bemerken, daß ihm die Zeugenaussagen der beiden vernommenen Beamten ohnehin zur Kenntnis gebracht wurden.

Soweit sich der Beschwerdeführer mit diesem Teil seiner Beschwerde auf die erwähnte Skizze beziehen sollte, ist er auf die obigen Ausführungen zu verweisen. Welche anderen Aktenteile ihm vorenthalten worden sein sollen, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.

Der Beschwerdeführer verweist in der Folge auf sein gespanntes Verhältnis zu diesen Beamten, woraus er deren Befangenheit ableitet. Seine Behauptungen beinhalten im wesentlichen lediglich eine Klage über das schlechte Benehmen und die Ausdrucksweise der einschreitenden Beamten. Sie stellen sich nicht als Vorwurf der Mitwirkung eines befangenen Organs bei der behördlichen Entscheidung, sondern als Beweisrüge dar. Der Beschwerdeführer will damit offenbar Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen zum Ausdruck bringen.

Hiezu ist vorauszuschicken, daß es sich um einen durchaus schlüssigen Vorgang der Beweiswürdigung handelt, wenn die Behörde den Aussagen zweier unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen mehr Glauben schenkt als der leugnenden Verantwortung des Beschuldigten; die konkrete Richtigkeit der vorgenommenen Beweiswürdigung kann der Verwaltungsgerichtshof nicht überprüfen (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Im übrigen bieten weder die Aktenlage noch die Äußerungen des Beschwerdeführers einen Anhaltspunkt dafür, daß persönliche Differenzen zwischen dem Beschwerdeführer und den beiden vernommenen Beamten schon vor dem hier in Rede stehenden Vorfall bestanden hätten. Nur solche persönlichen Differenzen, die ihre Wurzel vor der Amtshandlung haben, wären aber gegebenenfalls von Bedeutung gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1989, Zlen. 89/03/0015, 0016).

Schließlich stützt sich der Beschwerdeführer auf den Grundsatz in dubio pro reo. Diese Regel gilt für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte; nur wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/02/0082). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil die belangte Behörde zu Recht das dem Beschwerdeführer angelastete und der Bestrafung zugrundeliegende Verhalten als erwiesen annehmen durfte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung ("Berufungsverhandlung") konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

"zu einem anderen Bescheid" Auslegung Diverses VwRallg3/5 Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemein Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Beweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von Amtspersonen Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989020199.X00

Im RIS seit

15.05.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten