Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §4 Abs5 idF 1983/174;Betreff
N gegen Niederösterreichische Landesregierung vom 25. April 1989, Zl. I/7-St-H-88402, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag der Beschwerdeführerin, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 1989 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, am 14. März 1988 um 8.55 Uhr sei ihr Verhalten als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws an einem näher beschriebenen Ort insofern mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden, als sie mit diesem Fahrzeug gegen den von F.K. gelenkten Kombinationskraftwagen mit einem näher bezeichneten Kennzeichen gestoßen sei und dieses Fahrzeug beschädigt habe. Anschließend habe es die Beschwerdeführerin unterlassen, von diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, obwohl sie und jene Person, in deren Vermögen der Schaden eingetreten sei, einander nicht den Namen und die Anschrift nachgewiesen hätten. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Wenn nach einem Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden entstanden ist, eine der im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von dem Unfall verständigt, obwohl dies im Sinne des Abs. 5 nicht nötig wäre, haben gemäß § 4 Abs. 5a StVO die Organe dieser Dienststelle auf Verlangen der betreffenden Person Meldungen über diesen Verkehrsunfall, insbesondere über Unfallsort, Unfallszeit, Lichtverhältnisse, Straßenzustand, Unfallsbeteiligte, nähere Unfallsumstände und verursachte Schäden, entgegenzunehmen.
Die Beschwerdeführerin räumt selbst ein, daß bei dem in Rede stehenden Verkehrsunfall am Fahrzeug des Zeugen K. ein Sachschaden, und zwar nach dem Beschwerdevorbringen ein "äußerst geringfügiger" Kratzer entstanden ist. Dies allein löste allerdings nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 11. September 1985, Zl. 84/03/0065) die Verpflichtung zur Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle im Sinne des ersten Satzes des § 4 Abs. 5 StVO aus.
Das weitere Beschwerdevorbringen in Hinsicht auf den Schuldspruch läßt sich dahin zusammenfassen, daß die Beschwerdeführerin vermeint, eine solche Verständigung hätte im Grunde des § 4 Abs. 5 zweiter Satz StVO unterbleiben dürfen. Weiters beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Vorschrift des § 4 Abs. 5a leg. cit. Die belangte Behörde ist auf Grund der Aussagen des Zeugen K. davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin diesem ihren Namen und ihre Anschrift nicht nachgewiesen habe. Der Verwaltungsgerichtshof vermag dies im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der der Behörde obliegenden Beweiswürdigung (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als rechtswidrig zu erkennen: Dieser Zeuge hatte zunächst anläßlich seiner Einvernahme am 8. April 1988 insoweit ausgeführt, er habe, nachdem von ihm eine Beschädigung an seinem Fahrzeug festgestellt worden sei, mit der "gegenbeteiligten Lenkerin" (der Beschwerdeführerin) einen internationalen Unfallbericht ausfüllen und einen Identitätsnachweis durchführen wollen. Diese habe gesagt, daß "wir das nicht brauchen", habe ihm die Visitenkarte übergeben und danach gesagt, dies würde ausreichen, der Zeuge möge sich mit ihrer Kanzlei ins Einvernehmen setzen; außerdem könne er das Kennzeichen an der Rückseite der Visitenkarte notieren. Daraufhin habe der Zeuge der Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß dies nicht genügen würde und sie aufgefordert, ihre Identität mittels Führerschein und Zulassungsschein nachzuweisen. Dieser Nachweis sei von der Beschwerdeführerin jedoch verweigert worden, worauf der Zeuge gesagt habe, daß er dann die Polizei verständigen müsse. Bei seiner Einvernahme vom 26. Mai 1988 gab dieser Zeuge ergänzend an, es sei zwar richtig, daß er sich unmittelbar nach dem Verkehrsunfall zu der Beschwerdeführerin ins Fahrzeug gesetzt habe, es sei jedoch keinesfalls richtig, daß sie ihm dabei sowohl die Fahrzeugpapiere als auch den Führerschein vorgewiesen habe. Im übrigen deckt sich diese Aussage des Zeugen im wesentlichen mit der erstzitierten.
Die dazu in der Beschwerde vorgebrachten Argumente sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Insbesondere wird damit nicht aufgezeigt, welche "großen Erinnerungslücken" der Zeuge aufweise und welche "gewisse" Formulierungen in der Aussage des Zeugen im Widerspruch zu seinem übrigen Verhalten stünden. Daß die belangte Behörde den Angaben des Zeugen K. und nicht der Verantwortung der Beschwerdeführerin, wonach sie diesem Zeugen neben der Visitenkarte auch den Führerschein und den Zulassungsschein vorgewiesen habe, Glauben geschenkt hat, ist das Ergebnis der der Behörde zustehenden freien Beweiswürdigung. Einer neuerlichen Einvernahme des Zeugen K. bedurfte es schon deshalb nicht, weil die Beschwerdeführerin dies lediglich in Hinsicht auf die Feststellungen der Erstbehörde über den Verlauf des Verkehrsunfalles beantragt hat. Daß aber die Übergabe einer Visitenkarte nicht als Identitätsnachweis im Sinne des § 4 Abs. 5 zweiter Satz StVO angesehen werden kann, entspricht der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 19. März 1987, Zl. 86/02/0181).
In der Beschwerde wird auch darauf hingewiesen, daß der Zeuge K. anläßlich des in Rede stehenden Vorfalles erklärt habe, die Beschwerdeführerin zu kennen. Dazu ist festzustellen, daß eine Verständigung gemäß § 4 Abs. 5 erster Satz StVO zwar auch dann unterbleiben darf, wenn der Schädiger (dem Namen und der Anschrift nach) dem Geschädigten bekannt ist, weshalb anläßlich der auch hiebei zwischen ihnen erforderlichen persönlichen Kontaktnahme diese maßgeblichen Daten nicht eigens nachgewiesen werden müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. September 1989, Zl. 89/02/0080). Allerdings ist für die Beschwerdeführerin damit nichts gewonnen, hatte sie doch im Verwaltungsverfahren dazu lediglich vorgebracht, der Zeuge K. habe die Beschwerdeführerin gefragt, ob sie die Tochter des namensgleichen Polizeibeamten sei, was die Beschwerdeführerin bejaht habe. Damit aber mußte die belangte Behörde nicht davon ausgehen, daß die Beschwerdeführerin dem Zeugen K. entsprechend dem Erfordernis des § 4 Abs. 5 zweiter Satz StVO bekannt war, selbst wenn der Zeuge den Familiennamen der Beschwerdeführerin gekannt haben sollte.
Mit dem Hinweis, aus § 4 Abs. 5a StVO sei ersichtlich, daß bei einem Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden entstanden ist, lediglich die "Möglichkeit" einer Meldung an eine Polizeidienststelle bestehe, vermag die Beschwerdeführerin gleichfalls eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Mit dieser Vorschrift wird lediglich insoweit ein Konnex mit § 4 Abs. 5 StVO hergestellt, daß sie auf einen Sachverhalt abstellt, bei dem eine Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von dem Unfall "nicht nötig" wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt aber - wie oben dargestellt - nicht vor. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.
Soweit die Beschwerdeführerin die Strafbemessung rügt, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. b leg. cit. mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,-- bedroht ist. Selbst bei der Annahme ungünstiger Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde ihren Ermessensspielraum überschritten hätte. Weshalb der Beschwerdeführerin allenfalls ein Milderungsgrund zugute kommen sollte, falls sie nicht gerichtlich vorbestraft sein sollte, vermag der Gerichtshof nicht zu erkennen. Daß sie aber verwaltungsstrafrechtlich nicht mehr unbescholten ist, wird von ihr nicht bestritten. Daß die belangte Behörde in die Strafbemessung Überlegungen der Spezial- und der Generalprävention einbeziehen durfte, entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Der Antrag der Beschwerdeführerin, die Beschwerde nach allfälliger Abweisung dem Verfassungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil hiefür eine gesetzliche Grundlage nicht gegeben ist.
Schlagworte
Rücksichten der GeneralpräventionMeldepflichtIdentitätsnachweisMeldepflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989020093.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
27.02.2009