TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/15 89/02/0206

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Veröffentlicht am 15.05.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs1 Z3 idF 1986/106;
KFG 1967 §103 Abs2 idF 1986/106;
KFG 1967 §103 Abs2 Satz2 idF 1986/106;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs2;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Wien vom 10. Oktober 1989, Zl. MA 70-10/1326/89/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Oktober 1989 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe es als Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 15. November 1988 bekanntzugeben, wer dieses Kraftfahrzeug an einem näher beschriebenen Ort zuletzt abgestellt habe, sodaß es dort am 8. November 1988 um 12.15 Uhr gestanden sei, und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

§ 103 Abs. 2 KFG in der Fassung der 10. Novelle lautet:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der

Zulassungsbesitzer ... zu erteilen; kann er diese Auskunft

nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

(Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG in der Fassung der 4. Novelle, BGBl. Nr. 615/1977, die Rechtsansicht vertreten, eine Verletzung der Auskunftspflicht im Sinne dieser Gesetzesstelle sei schon dann gegeben, wenn der Zulassungsbesitzer zwei oder mehrere Personen nenne, denen er das Lenken seines Kraftfahrzeuges überlassen habe; den Zulassungsbesitzer treffe die Verpflichtung zur vollständigen Auskunftserteilung innerhalb der vorgeschriebenen Zeit, nicht die Behörde habe erst durch Vernehmungen festzustellen, welcher bestimmten Person das Lenken des Fahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich überlassen gewesen sei (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1980, Zl. 2615/79, Slg. Nr. 10 192/A). Diese Rechtsgrundsätze sind auch auf § 103 Abs. 2 KFG in der Fassung der 10. Novelle anzuwenden, was bedeutet, daß der Zulassungsbesitzer den objektiven Tatbestand des § 103 Abs. 2 (zweiter Satz) KFG erfüllt, wenn er in der Auskunft zwei oder mehrere Personen nennt. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, gemäß § 103 Abs. 1 Z. 3 KFG dürfe der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges "Personen", sohin einer Mehrzahl, überlassen, daher sei es durchaus zulässig, diesen ein Kraftfahrzeug etwa zur abwechselnden Benützung innerhalb eines Zeitraumes zu überlassen, stellt dazu keinen Widerspruch dar. In einem solchen Fall ist der Zulassungsbesitzer dennoch verpflichtet, die betreffende (einzelne) Person zu benennen; insoweit wird dann erforderlichenfalls die Vorschrift des § 103 Abs. 2 dritter Satz, zweiter Halbsatz, über die Verpflichtung zur Führung von entsprechenden Aufzeichungen Platz greifen.

Ausgehend von dieser Rechtslage hat die Beschwerdeführerin durch die am 5. Dezember 1988 erteilte Lenkerauskunft, das Fahrzeug sei von E. E. oder J. Sch. abgestellt worden, den objektiven Tatbestand des § 103 Abs. 2 KFG erfüllt.

Die Beschwerdeführerin bringt allerdings auch vor, sie habe das entsprechende Formular unter Anleitung eines Beamten der Behörde erster Instanz ausgefüllt. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Hinsicht auf die Unzulässigkeit der Benennung mehr als einer Person als Lenker sei der Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen, sie sei auch von dem Beamten darauf nicht hingewiesen worden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0010) kann die z. B. von einem Organ der (zuständigen) Behörde erteilte Auskunft für das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums von Bedeutung sein, wenn auch die Unkenntnis oder irrige Auslegung von Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967 für "Lenker" von Kraftfahrzeugen grundsätzlich nicht als unverschuldet angesehen werden kann. Wohl haben diese Rechtsgrundsätze auch hinsichtlich des Zulassungsbesitzers in bezug auf die einschlägigen Vorschriften des Kraftfahrgesetzes, insbesondere des § 103 Abs. 2, zu gelten. Im Beschwerdefall kann allerdings dahinstehen, ob der Beschwerdeführerin ausgehend von der von ihr ins Treffen geführten "Anleitung" durch einen Beamten der Erstbehörde bei der Ausfüllung des Formulars über die Lenkerauskunft ein Verschulden anzulasten wäre, wenn die Beschwerdeführerin nur jenen obzitierten Passus in die Lenkerauskunft (E. E. oder J. Sch. habe das Fahrzeug abgestellt) aufgenommen hätte. Die Beschwerdeführerin hat nämlich diese Angabe auf der Rückseite dieses Formulars gleichzeitig damit ergänzt, keine der angeführten Personen erinnere sich, jemals an dem angefragten Abstellort gewesen zu sein. Damit hat die Beschwerdeführerin zu erkennen gegeben, daß sie gar nicht in der Lage ist, eine dem Gesetz entsprechende Auskunft zu erteilen. Sollte die Beschwerdeführerin zur Erteilung einer gesetzlichen Auskunft mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht in der Lage gewesen sein, so fällt ihr dies zur Last (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1989, Zl. 88/03/0099).

Weiters bringt die Beschwerdeführerin vor, laut Anzeige sei ein Fahrzeug der Marke M. abgestellt gewesen, tatsächlich sei allerdings unter dem angezeigten Kennzeichen ein solches der Marke N., anderer Farbe, zugelassen. Ein Irrtum oder ein Verschreiben in Hinsicht auf das Kennzeichen liege nahe, es sei nie geprüft worden, ob das der Anzeige zugrundeliegende Fahrzeug mit jenem ident sei, dessen Zulassungsbesitzerin die Beschwerdeführerin sei.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, weil es sich hiebei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung handelt. Es sei lediglich zu der in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin geäußerten Rechtsansicht vermerkt, daß der Tatbestand des § 103 Abs. 2 KFG nicht nur dann erfüllt ist, wenn die Lenkeranfrage zur Ausforschung eines Straßenverkehrstäters dienen soll, da die Behörde auch aus anderen Gründen hiezu berechtigt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989020206.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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