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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §62 Abs4 idF 1982/199 ;Betreff
N gegen Wiener Landesregierung vom 2. März 1989, Zl. MA 70-10/1413/88/Str, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 17. Juli 1989, Zl. MA 70-10/1214/89/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. März 1989 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe es als Hausbesorgerin unterlassen, dafür zu sorgen, daß der Gehsteig eines näher beschriebenen Hauses am 27. Dezember 1988 um 8.00 Uhr gänzlich von Schnee gesäubert und bestreut gewesen sei, zumal der Gehsteig zu diesem Zeitpunkt noch nicht völlig gereinigt bzw. bestreut gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 4 lit. h in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 5 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden Arrest) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit Bescheid vom 17. Juli 1989 berichtigte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 2. März 1989 gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 dahin, daß die (in der Begründung angeführte) Strafobergrenze statt S 10.000,-- richtig S 1.000,-- zu lauten habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides dieser in seiner berichtigten Fassung zugrunde zulegen ist (vgl. etwa den Beschluß eines hg. verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12 329/A).
Gemäß § 93 Abs. 1 erster Satz StVO haben die Eigentümer von Liegenschaften in Ortsgebieten, ausgenommen die Eigentümer von unverbauten land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften, dafür zu sorgen, daß die entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 3 m vorhandenen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege einschließlich der in ihrem Zuge befindlichen Stiegenanlagen entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 6.00 bis 22.00 Uhr von Schnee und Verunreinigungen gesäubert sowie bei Schnee- und Glatteis bestreut sind.
Wird durch ein Rechtsgeschäft eine Verpflichtung (u.a.) nach Abs. 1 übertragen, so tritt gemäß § 93 Abs. 5 zweiter Satz StVO in einem solchen Falle der durch das Rechtsgeschäft Verpflichtete an die Stelle des Eigentümers.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin stand der Einfügung des Abs. 5 des § 93 StVO durch den angefochtenen Bescheid keine Verfolgungsverjährung entgegen. Daß die Beschwerdeführerin nicht als Eigentümer der Liegenschaft, sondern als rechtsgeschäftlich Verpflichtete herangezogen werden sollte, geht aus ihrer Bezeichnung als "Hausbesorger", insbesondere im Straferkenntnis vom 30. Mai 1988, hervor. Daß aber die Subsumtion einer Tat nicht für eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 erforderlich ist, entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung.
In Hinsicht auf die Erfüllung des Tatbildes durch die Beschwerdeführerin konnte sich die belangte Behörde nicht nur auf die Aussagen der beiden einschreitenden Polizeibeamten als Zeugen stützen, wonach bei deren Eintreffen (um 8.00 Uhr) der Ehemann der Beschwerdeführerin damit beschäftigt gewesen sei, den Gehsteig von Schnee zu räumen. Der Ehemann der Beschwerdeführerin hatte als Zeuge ausgeführt, die Beschwerdeführerin und er seien um 6.30 Uhr von einem Angehörigen eines im Hause befindlichen Unternehmens geweckt und ihnen mitgeteilt worden, daß auf dem Gehsteig Schnee liege. Er sei aufgestanden und habe um 6.30 Uhr mit der Räumung begonnen. "Ca. um 7.30 Uhr" sei dann ein Polizist gekommen, zu diesem Zeitpunkt sei der Gehsteig mit Ausnahme von 3 m bereits geräumt gewesen.
Soweit die Beschwerdeführerin nunmehr vorbringt, die belangte Behörde hätte festzustellen gehabt, in welchem Zustand sich der Tatort unmittelbar vor 6.00 Uhr befunden habe, da dies wesentlich sei, wenn erst nach 6.00 Uhr starker Schneefall einsetze, so braucht sich der Verwaltungsgerichtshof damit nicht näher auseinandersetzen, weil es sich hiebei um eine bloße Hypothese handelt. Sollte das Beschwerdevorbringen aber auf eine solche Tatsachenbehauptung hinauslaufen, so handelt es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung. Gleiches gilt für das Vorbringen der Beschwerdeführerin, auf dem Gehsteig habe sich keine derartige Schneemenge befunden, welche hätte entfernt werden müssen.
Eine weitere unzulässige Neuerung ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin in Hinsicht auf ihre Eigenschaft als Hauswart und daß sie die allenfalls tatsächlich bestehende Verpflichtung auf ihren Ehemann "überbunden" habe.
Was die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin anlangt, die belangte Behörde habe den von ihr beantragten Lokalaugenschein unterlassen, so vermag die Beschwerdeführerin gleichfalls eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, wurde diese Beweisaufnahme doch im Zusammenhang damit beantragt, daß die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann zum Zeitpunkt des Eintreffens der Polizeibeamten mit den Schneeräumungsarbeiten noch beschäftigt gewesen seien. Welche Tatsache sohin zugunsten der Beschwerdeführerin durch den Lokalaugenschein hätte bewiesen werden sollen, ist dem Verwaltungsgerichtshof nicht einsichtig.
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe am Tattag entsprechend der Aussage ihres Ehemannes starke Rückenschmerzen gehabt, weshalb sie damals nicht in der Lage gewesen sei, allfällige Räumungsverpflichtungen zu erfüllen, so ist ihr entgegenzuhalten, daß es sich bei der Verwaltungsübertretung gemäß § 93 Abs. 1 (in Verbindung mit Abs. 5) StVO um ein Ungehorsamsdelikt handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1988, Zl. 87/18/0137). Daß der Beschwerdeführerin die Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 nicht gelungen ist, konnte die belangte Behörde schon im Hinblick auf das eigene Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsstrafverfahren, wo diese eine Mitarbeit an der Schneearbeit behauptet und sich nie selbst auf derartige Schmerzen berufen hat, annehmen. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.
Soweit die Beschwerdeführerin die Strafbemessung rügt, so braucht auf jenes Vorbringen, welches auf die Begründung des angefochtenen Bescheides vor der erwähnten Berichtigung abstellt, nicht weiter eingegangen werden.
Was die von der Beschwerdeführerin gerügte Nichtanwendung des § 21 VStG 1950 anlangt, so genügt der Hinweis, daß dies u. a. einen geringen Unrechtsgehalt der Tat vorausgesetzt hätte, wovon die belangte Behörde schon im Hinblick darauf nicht ausgehen mußte, daß der im § 93 Abs. 1 erster Satz geregelte Zeitpunkt von 6.00 Uhr erheblich überschritten wurde.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG - unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 leg. cit. - als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 204/1989.
Schlagworte
Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989020070.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
27.07.2011