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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §46;Betreff
1) Johann N und 2) Auguste N gegen Niederösterreichische Landesregierung vom 8. August 1989, Zl. R/1-V-88204, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) Ernst P in X, 2) Stadtgemeinde X).
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 18. März 1987 beantragte der Erstmitbeteiligte bei der Stadtgemeinde X die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Herstellung einer befestigten Verkehrsfläche samt Kanalisierung auf den Grundstücken 185/1 und 185/2, KG X. Im beigeschlossenen technischen Bericht wird ausgeführt, daß vom Transportunternehmen des Erstmitbeteiligten geplant sei, auf den genannten Grundstücken eine befestigte Verkehrsfläche herzustellen. Sodann werden nähere technische Daten über die Art der Herstellung sowie über die Beseitigung des anfallenden Oberflächenwassers gegeben.
Bei der am 18. Mai 1987 durchgeführten mündlichen Verhandlung erhoben die Beschwerdeführer als Nachbarn verschiedene Einwendungen. Der technische Amtssachverständige stellte fest, daß nach dem gültigen Flächenwidmungsplan die Grundflächen als Bauland - Betriebsgebiet ausgewiesen seien. Die geplante Ausführungsart entspreche dem Stand der Technik. Zu den Einwendungen der Nachbarn wurde nur festgestellt, daß die Entwertung der benachbarten Grundstücksfläche nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens sei und für die Benützung gewerblicher Betriebsanlagen die Gewerbebehörde zuständig sei; entsprechende Einwendungen seien in einem gesonderten gewerberechtlichen Verfahren vorzubringen. Das Bauvorhaben wurde als bewilligungsfähig qualifiziert.
Mit Bescheid vom 24. Juni 1987 erteilte der Bürgermeister die angestrebte Baubewilligung und wies gleichzeitig die Einwendungen betreffend Entwertung und Immissionen als unzulässig zurück, die Einwendung betreffend Widerspruch zum Flächenwidmungsplan als unbegründet ab. Die Einwendungen betreffend Seitenabstände und Widerspruch zum Orts- und Landschaftsbild wurden als unbegründet abgewiesen und teilweise als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Behörde im wesentlichen aus, daß eine Beurteilung der Entwertung von Nachbargrundstücken im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens in den von der Baubehörde anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen sei. Die Baubehörde habe bei der Ausführung einer Betriebsanlage nur die auf die Bauführung Bezug habenden Vorschriften zu handhaben, Vorschriften der Bauordnung, die die Errichtung einer bestimmten gewerblichen Betriebsanlage im Ortsbereich untersagen, seien gewerbepolizeilicher Natur und daher von der Gewerbebehörde anzuwenden. In Anwendung der "§§ 25, 26 und 30 der Gewerbeordnung" sei die Zulässigkeit einer Betriebsanlage auch dann von der Gewerbebehörde in allen jenen Richtungen zu beurteilen, wenn sonst die Wahrnehmung dieser Interessen in den Wirkungsbereich anderer Behörden falle. Nach dem Flächenwidmungsplan sei der Ortsbereich, in dem die befestigte Verkehrsfläche samt Entwässerungskanal errichtet werden soll, als Bauland - Betriebsgebiet ausgewiesen. Die bestehende Betriebsanlage sei bau- und gewerbebehördlich genehmigt. Von den baulichen Anlagen der Verkehrsfläche und des Entwässerungskanales seien keine Emissionen zu erwarten. Bezüglich der betrieblichen Nutzung der Verkehrsfläche werde auf die gewerbebehördliche Zuständigkeit verwiesen. Die Einhaltung von Abstandsvorschriften komme nur bei Gebäuden in Betracht, nicht bei der Herstellung einer befestigten Verkehrsfläche samt Entwässerungskanal. Aus den Vorschriften über die Beachtung des Ortsbildes, Straßenbildes und Landschaftsbildes schließlich würden keine Nachbarrechte erwachsen.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, daß die Verkehrsfläche für die Lastzüge des Erstmitbeteiligten hergestellt werde. Die Baulichkeit werde zum Ab- und Aufladen sowie zum Abstellen der tonnenschweren Lkw-Züge verwendet, was für die Beschwerdeführer eine unzumutbare Immission darstelle. Die Beschwerdeführer rügten insbesondere, daß dem baubehördlichen Verfahren kein medizinischer Amtssachverständiger beigezogen worden sei und die Baubehörde nach § 16 Abs. 1 Z. 3 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG) auch im Bauland
- Betriebsgebiet einen Immissionsschutz wahrzunehmen habe. Auch auf die Einhaltung von Entfernungsvorschriften besäßen die Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht. Mit dem Vorbringen betreffend Orts- und Landschaftsbild hätten die Beschwerdeführer zum Ausdruck bringen wollen, daß die geplante Bauführung dem Verbauungsplan widerspreche.
In einem Aktenvermerk vom 9. September 1987 hielt der Bauamtsleiter fest, daß nach einer Rücksprache mit dem Amt der NÖ Landesregierung die Baubehörde grundsätzlich auch verpflichtet sei, auf die möglichen Beeinträchtigungen der Anrainer durch Abstellen der Lkw auf der neu errichteten Verkehrsfläche einzugehen. Insbesondere sollte ein Umweltverträglichkeitsgutachten und das Gutachten eines medizinischen Sachverständigen eingeholt werden.
In seiner Sitzung vom 24. September 1987 beschloß der Gemeinderat, als weitere Entscheidungsgrundlage ein umweltschutztechnisches und ein medizinisches Gutachten einzuholen, diese Gutachten der einschreitenden Partei zur Kenntnis zu bringen und nach Vorlage einer etwaigen Stellungnahme im Berufungsverfahren zu entscheiden.
In der Folge wurde festgestellt, daß im anhängigen gewerberechtlichen Verfahren entsprechende Gutachten erstellt werden, die zur Entscheidung herangezogen werden sollen.
Über Aufforderung der Baubehörde legte der Erstmitbeteiligte mit Schreiben vom 19. August 1988 einen lärmtechnischen Bericht der NÖ Umweltschutzanstalt vom 9. Mai 1988 und das Gutachten eines Zivilingenieurs für technische Physik vom 28. Jänner 1988 vor. Weiters wurden die im gewerbebehördlichen Verfahren abgegebenen Gutachten von Amtssachverständigen beigeschafft. Mit Schreiben vom 12. Oktober 1988 brachte die Berufungsbehörde den Beschwerdeführern und dem Erstmitbeteiligten diese Unterlagen zur Kenntnis und gab gleichzeitig Auflagen bekannt, die zusätzlich in den Berufungsbescheid aufgenommen werden sollen. Gegen einen Teil dieser Auflagen sprachen sich sowohl der Erstmitbeteiligte als auch die Beschwerdeführer aus. Die Beschwerdeführer bekämpften insbesondere die beabsichtigte Errichtung einer 3 m hohen Schallschutzmauer unmittelbar an ihrer Grundgrenze.
In einer Sitzung vom 3. November 1988 beschloß der Gemeinderat, den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich des Abspruches über die Einwendungen der Beschwerdeführer betreffend Immissionen und Widerspruch zum Flächenwidmungsplan aufzuheben und durch die Vorschreibung von vier weiteren Auflagen zu ergänzen. Diese Auflagen haben insbesondere die Errichtung eines 4 m breiten, unbefestigten Grünstreifens entlang der Grundgrenzen der Nachbarn sowie die Errichtung einer Schallschutzmauer zum Gegenstand. Der Textierung nach muß entlang der Grundstücksgrenze der Beschwerdeführer ein Schallhindernis in einer Mindesthöhe von 3,00 m über dem angrenzenden Terrain mit einer Mindestschalldämmung von 30 dB errichtet werden. Vor Errichtung der Schallschutzmauer ist der Baubehörde das Gutachten eines Ziviltechnikers vorzulegen, aus welchem ersichtlich ist, daß mit der geplanten Ausführungsart der Schallschutzmauer der geforderte Schallschutz von 30 dB sicher erreicht wird. Die Berufungsbehörde erachtete zusammenfassend die ergänzenden Vorschreibungen durch die eingeholten Gutachten als gedeckt und ausreichend, um eine übermäßig hohe Lärm- und Geruchsbelästigung hintanzuhalten. Somit stehe das Bauvorhaben auch nicht im Widerspruch zum gültigen Flächenwidmungsplan, der für diesen Ortsbereich die Widmung Bauland - Betriebsgebiet vorsehe.
Gegen den in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangenen Bescheid des Gemeinderates vom 4. November 1988 erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die NÖ Landesregierung.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 8. August 1989 wies die NÖ Landesregierung die Vorstellung als unbegründet ab. Zur Begründung führte die Gemeindeaufsichtsbehörde aus, der Gemeinderat sei nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 durchaus berechtigt gewesen, nach dem Ergebnis des von ihm ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens zusätzliche - projektsergänzende - Auflagen vorzuschreiben. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer habe der Gemeinderat für die Schallschutzwand eine Baubewilligung nicht erteilt, da dies Gegenstand eines eigenen Verfahrens vor der Baubehörde erster Instanz sei. Die Forderung der Beschwerdeführer, daß die Schallschutzmauer an der Grundgrenze nicht errichtet werden dürfe, finde in der NÖ Bauordnung 1976 keine Deckung. Bezüglich des Einwandes einer Beeinträchtigung des Lichteinfalles müsse den Beschwerdeführern entgegengehalten werden, daß Vorschriften über den Lichteinfall keine subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte begründen. Im Hinblick auf die im gewerbebehördlichen Verfahren erstatteten Gutachten sei auch das durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht ergänzungsbedürftig geblieben. Die eingeholten Gutachten seien schlüssig und vollständig und stünden mit den Erfahrungen des Lebens und mit den Denkgesetzen nicht im Widerspruch. Die Aufsichtsbehörde schließe sich der Ansicht des Gemeinderates an, daß von dem gegenständlichen Vorhaben keine übermäßig hohe Lärm- und Geruchsbelästigung sowie Erschütterungen ausgingen und die Wohn- und Lebensqualität der Beschwerdeführer nicht beeinträchtigt werde, zumal zu deren Schutz zusätzliche Auflagen vorgeschrieben worden seien. Somit widerspreche das Vorhaben auch nicht dem Flächenwidmungsplan.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Sowohl nach dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde aus dem Jahre 1976 als auch den Änderungen im Jahre 1986 sind die hier in Betracht kommenden Grundflächen südlich der R-Straße sowie die östlich und westlich angrenzenden Grundflächen als Betriebsgebiet gewidmet. Das bedeutet nach § 16 Abs. 1 Z. 3 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG), LGBl. 8000-0, daß die Grundflächen für Baulichkeiten solcher Betriebe bestimmt sind, die keine übermäßige Lärm- und Geruchsbelästigung und keine schädlichen, störenden oder gefährlichen Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können und sich in ihrer Erscheinungsform in das Ortsbild eines Wohn- oder Kerngebietes einfügen.
Nach § 118 Abs. 8 der NÖ Bauordnung 1976 (BO), LGBl. 8200-0, in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-6, genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG 1950, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. In den Verfahren nach den §§ 10, 108 und 110 kommt Anrainern jedoch keine Parteistellung zu. Die Zustellung einer Bescheidausfertigung hat an alle Parteien zu erfolgen, selbst wenn sie trotz Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind. Nach § 118 Abs. 9 BO werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über
1.)
den Brandschutz;
2.)
den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf Anrainergrundstücke ausdehnen können;
3.)
die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;
4.)
die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.
Aus diesen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich, wie die Beschwerdeführer zu Recht ausführen, daß den Nachbarn im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens ein subjektiv-öffentliches Recht darauf zusteht, daß auf als Bauland - Betriebsgebiet gewidmeten Grundflächen nur solche Baulichkeiten zugelassen werden, von denen keine unzulässigen Immissionen im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 3 ROG ausgehen. Die Baubehörde ist daher verpflichtet, im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens zu prüfen, welche Immissionen durch das Bauvorhaben herbeigeführt werden (vgl. etwa Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 2. Auflage, S. 172 ff., und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung für diese von der Baubehörde wahrzunehmende Prüfung zum Ausdruck gebracht, daß Maßstab für die Lösung der Frage nach der Zulässigkeit eines Betriebes unter dem Blickwinkel der Flächenwidmung für die Baubehörde - anders als für die Gewerbehörde - nicht ein in seinen Betriebsmitteln und Anlagen bis ins einzelne fest umrissener Betrieb ist, sondern als Maßstab vielmehr eine nach Art der dort üblicherweise und nach dem jeweiligen Stand der Technik verwendeten Anlagen und Einrichtungen einschließlich der zum Schutz vor Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen sowie nach Art der dort entsprechend diesen Merkmalen herkömmlicherweise entfalteten Tätigkeit auf das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Immissionen zu beurteilende Betriebstype zu dienen hat. Nach dieser Rechtsprechung schließt eine solche Betrachtung von vornherein aus, durch Auflagen, seien sie nun im Gesetz gedeckt oder nicht, einen vom Typus her in einem bestimmten Gebiet unzulässigen Betrieb so gestalten zu wollen, daß er im Falle der Erfüllung der Auflagen als unter der angenommenen Immissionsgrenze liegend qualifiziert werden könnte (vgl. etwa das zum Steiermärkischen Raumordnungsgesetz ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 1977, Slg. N.F. Nr. 9382/A, und die ständige Rechtsprechung seither). Bei der Erteilung der baubehördlichen Bewilligung ist die Behörde zunächst verpflichtet, sich ein Bild über den Betrieb als solchen (einschließlich des Betriebsablaufes) zu verschaffen, um die Frage der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens im aufgezeigten Sinn erörtern zu können (vgl. etwa das zur NÖ Bauordnung ergangene Erkenntnis vom 17. Mai 1979, Slg. N.F. Nr. 9845/A).
Führt man sich diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor Augen, so zeigt sich, daß der Amtssachverständige im erstinstanzlichen Verfahren und der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde im erstinstanzlichen Bescheid zu Unrecht die Auffassung vertreten haben, daß nicht die Baubehörde, sondern nur die Gewerbebehörde zu prüfen habe, welche Art von Immissionen mit dem Bauvorhaben verbunden sind und ob diese mit der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmung Bauland - Betriebsgebiet vereinbar sind oder nicht. In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wurden für diese verfehlte Rechtsauffassung zwar eine Reihe von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes aus den Jahren 1897 bis 1915 zitiert, hiebei aber übersehen, daß eine solche Rechtsauffassung mit der nunmehr gegebenen Verfassungsrechtslage nach Art. 10 und 15 B-VG schlechthin unvereinbar und daher überholt ist. Ausgehend von dieser falschen Beurteilung der Rechtslage hat es die Baubehörde erster Instanz unterlassen, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wie das betriebliche Geschehen (insbesondere auch der zeitliche Ablauf) auf jenen Grundflächen vor sich gegen soll, die Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens sind. Zwecks Vermeidung von Mißverständnissen sei in diesem Zusammenhang bemerkt, daß Baulichkeiten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 3 ROG nicht nur Gebäude oder andere Bauwerke sind, sondern auch jede sonstige bauliche Anlage, wie der Definition dieses Begriffes im § 2 Z. 5 BO entnommen werden kann.
Die Baubehörde zweiter Instanz hat nun zwar erkannt, daß die Baubehörde zu prüfen hat, ob das Vorhaben trotz der damit verbundenen Immissionen für die Nachbarn bewilligungsfähig ist, sie hat allerdings nur die Ergebnisse eines gewerberechtlichen Verfahrens ihrer Entscheidung zugrunde gelegt, wobei sie die Meinung vertrat, durch gleichzeitig getroffene Vorschreibungen sei die Übereinstimmung mit der festgesetzten Flächenwidmung gewährleistet. Nun bestehen ganz allgemein dagegen keine Bedenken, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens eines gewerbebehördlichen Verfahrens im Baubewilligungsverfahren zu berücksichtigen, jedoch müssen hiebei die unterschiedlichen Aufgabenstellungen für die Baubehörde und Gewerbebehörde beachtet werden (vgl. zu dieser Frage etwa grundlegend das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1981, Zl. 401/1980). So begründete die Gewerbebehörde die Annahme der Zulässigkeit des Vorhabens mit der Möglichkeit, durch eine Reihe konkreter Auflagen für den Gewerbebetrieb die nachteiligen Auswirkungen auszuschließen oder auf ein zulässiges Maß zu vermindern. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem baubehördlichen und dem gewerblichen Verfahren liegt jedoch darin, daß ein unzulässiger Betrieb nicht durch Auflagen in einen (noch) zulässigen Betrieb umqualifiziert werden darf. Gerade dieser Unterschied zwischen einem baubehördlichen und einem gewerbebehördlichen Verfahren kann dazu führen, daß die Baubehörde Nachbarn einen größeren, ja einen absoluten Schutz vor Immissionen zu verschaffen vermag, weil etwa in einer bestimmten Widmung (z.B. Wohngebiet) bestimmte Betriebe überhaupt nicht zulässig sind.
Primäre Aufgabe der Baubehörde wäre es daher gewesen, zu prüfen, ob das Vorhaben mit der hier gegebenen Flächenwidmung Bauland - Betriebsgebiet vereinbar ist oder nicht. In diesem Zusammenhang wäre der Erstmitbeteiligte aufzufordern gewesen, den vorgelegten technischen Bericht (Beschreibung) dahingehend zu ergänzen, auf welche Art und Weise die zu bewilligende Verkehrsfläche verwendet werden soll. Gerade die Ergebnisse des gewerbebehördlichen Verfahrens haben auch gezeigt, daß eine entscheidende Bedeutung den Fragen zukommt, in welchen Zeiträumen die Grundflächen verwendet werden sollen und welche Betriebszeiten überhaupt in Betracht kommen. Daß gerade die beabsichtigten Betriebsabläufe auch für die baubehördliche Beurteilung von Bedeutung sind, wurde schon dargetan, sodaß sie in diesem Zusammenhang auch für die baubehördliche Beurteilung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit der Flächenwidmung entscheidend sein können. Tatsächlich sind ja sowohl die technischen Amtssachverständigen als auch der medizinische Amtssachverständige im gewerbebehördlichen Verfahren von eingeschränkten Betriebszeiten ausgegangen, ein Umstand, der im bisherigen baubehördlichen Bewilligungsverfahren auch durch die zusätzlichen Vorschreibungen der Berufungsbehörde nicht ausreichend beachtet worden ist. Bei einem Lkw-Abstellplatz samt Serviceanlagen kann aber nicht schlechthin von einer Vereinbarkeit mit der Widmung Betriebsgebiet ausgegangen werden, wenngleich diese im allgemeinen zu bejahen sein wird (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das zu § 16 Abs. 8 des OÖ ROG ergangene Erkenntnis vom 20. März 1984, Zl. 83/05/0137, BauSlg. Nr. 214).
Im Ergebnis hat es auch die Baubehörde zweiter Instanz verabsäumt, den Erstmitbeteiligten aufzufordern, die tatsächlich beabsichtigte Betriebstätigkeit unter Angabe der beabsichtigten Betriebsabläufe und Betriebszeiten so zu konkretisieren, daß der Baubehörde die Möglichkeit gegeben gewesen wäre, zu beurteilen, daß keine übermäßige Lärm- und Geruchsbelästigung und keine schädlichen, störenden oder gefährlichen Einwirkungen auf die Umgebung im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 3 ROG verursacht werden können. Bei dieser Gelegenheit hätte auch der Erstmitbeteiligte etwa die im gewerberechtlichen Verfahren vorgeschriebene Lärmschutzwand in sein Projekt aufnehmen können. Mangels einer derartigen Konkretisierung blieb das Baubewilligungsverfahren auch vor der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig, was auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführer in ihrer Vorstellung schon zur Aufhebung des Berufungsbescheides durch die Gemeindeaufsichtsbehörde hätte führen müssen. Da die Gemeindeaufsichtsbehörde diese Ergänzungsbedürftigkeit des Verfahrens auf Gemeindeebene nicht erkannt hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Wie schon erwähnt, bedeuten die bisherigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes jedoch nicht, daß der Betrieb des Erstmitbeteiligten in der hier festgesetzten Widmung Bauland - Betriebsgebiet unzulässig sei, wie dies die Beschwerdeführer behaupten. Wenn in diesem Zusammenhang in der Beschwerde ausgeführt wird, daß der Betrieb des Erstmitbeteiligten im wesentlichen eine Enklave zwischen den anrainenden Wohngebieten darstelle, so trifft dies nicht zu, weil auch sämtliche benachbarten Grundflächen südlich der R-Straße, wie die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Auszüge der Flächenwidmungspläne der mitbeteiligten Gemeinde zeigen, als Betriebsgebiet gewidmet sind. In diesem Zusammenhang sind die Beschwerdeführer auch darauf zu verweisen, daß die Verordnung der NÖ Landesregierung vom 27. Juni 1978 über die Bestimmung des äquivalenten Dauerschallpegels bei Baulandwidmungen, LGBl. 8000/4-0, für Betriebsgebiete bei Tag einen äquivalenten Dauerschallpegel von 65 und bei Nacht von 55 als Lärmhöchstwert festgesetzt hat (§ 1 lit. d). Gerade im Betriebsbaugebiet muß also auch der Bewohner eines Wohnhauses gewisse Lärmimmissionen hinnehmen.
Soweit die Beschwerdeführer die Schallschutzmauer als solche bekämpfen, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht darauf verwiesen, daß im Beschwerdefall die Errichtung einer solchen Schallschutzmauer nach der NÖ Bauordnung 1976 keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte verletzt. Abstandsbestimmungen, wie sie die Beschwerdeführer als gegeben annehmen, kommen nämlich im Beschwerdefall schon deshalb nicht in Betracht, weil für dieses Gebiet ein Bebauungsplan nicht existiert, was die Beschwerdeführer übersehen haben dürften. Tatsächlich haben ja auch die Beschwerdeführer unmittelbar an der Grundgrenze ihr Haus errichtet, sodaß sie schon damals dafür Sorge tragen mußten, daß Aufenthaltsräume entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen von der eigenen Liegenschaft her ausreichend belichtet sind, was, wie die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten zeigen, im übrigen zutraf. Die Berufungsbehörde hat daher zutreffend festgestellt, daß durch die Errichtung der Lärmschutzmauer unmittelbar an der Grundgrenze der Beschwerdeführer eine Beeinträchtigung des gesetzlichen Lichteinfalles (§ 47 BO) nicht gegeben ist. Mangels besonderer Regelung in der Bauordnung und in Bebauungsplänen gilt im übrigen ganz allgemein der Grundsatz, daß für die gehörige Licht- und Luftversorgung eines Baues jeder Hauseigentümer selbst Sorge tragen muß, was auch bedeutet, daß in dieser Beziehung kein subjektiv-öffentliches Recht bei der Verbauung der angrenzenden Liegenschaft geltend gemacht werden kann (vgl. etwa ganz allgemein die Ausführungen in dem hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1951, Slg. N.F. Nr. 2382/A, die auch für die hier maßgebenden Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1976 gelten). In dieser Beziehung erweisen sich die Beschwerdeausführungen als nicht berechtigt.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Diverses BauRallg11/4Baubewilligung BauRallg6Beweismittel unzuständige BehördeAuflagen BauRallg7Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989050183.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009