TE Vfgh Beschluss 1987/10/5 G81/87, G97/87, G98/87

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Veröffentlicht am 05.10.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
WählerevidenzG §4

Leitsatz

Individualantrag auf Aufhebung von Bestimmungen des WählerevidenzG 1973, der NRWO 1971 und des VolksbegehrenG 1973; Verwaltungsrechtsweg für den Bf. mit Wohnsitz im Ausland (Einspruch gegen die Wählerevidenz nach §4 Abs1 WählerevidenzG 1973) zumutbar; Mangel der Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1.1. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag (S 2) begehrte der östereichische Staatsangehörige Dr. K P H - dessen ordentlicher Wohnsitz in den USA liegt - die Aufhebung der folgenden Gesetzesvorschriften als verfassungswidrig:

a)

§§2, 4 bis 8 Wählerevidenzgesetz 1973, BGBl. 601/1973, igF,

b)

§§27, 40, 43 Abs4, 55 Abs1 und 59 Nationalrats-Wahlordnung 1971, BGBl. 391/1970, igF (NRWO)

sowie

c)

§7 Abs3 Volksbegehrengesetz 1973, BGBl. 344/1973, igF.

1.1.2. Der Antragsteller führte zur Begründung sinngemäß zusammengefaßt aus, alle diese - an einen ordentlichen Wohnsitz im Inland anknüpfenden - Normen hätten zur Folge, daß er - da er über keinen inländischen ordentlichen Wohnsitz verfüge oder verfügt habe - weder an Wahlen zum Nationalrat noch an Volksbegehren teilnehmen dürfe. Ein anderer (zumutbarer) Weg zur Relevierung der behaupteten Verfassungswidrigkeit sei in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes nicht gegeben.

1.2. Die Bundesregierung trat in ihrer fristgerecht erstatteten Äußerung dafür ein, der VfGH möge den Antrag des Dr. K P H als unzulässig zurück-, hilfsweise jedoch als unbegründet abweisen.

2. Über den Antrag wurde erwogen:

2.1.1. Der VfGH legte bereits in wiederholten Entscheidungen (vgl. etwa VfSlg. 8890/1980 und die dort zitierte Judikatur; ferner VfGH 26.2.1987 V86/86) dar, daß die den einzelnen Normunterworfenen mit Art139 Abs1 und Art140 Abs 1 B-VG eingeräumten Rechtsinstrumente dazu bestimmt sind, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen - gleichsam lückenschließend - nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit der Rechtsverfolgungsschritte, die mit der grundsätzlichen Aufgabe eines "Individual"-Antrags, bloß subsidiärer Rechtsbehelf zu sein, unvereinbar wäre.

         2.1.2. Nach §4 Abs1 Wählerevidenzgesetz 1973 igF kann

jeder Staatsbürger "gegen die Wählerevidenz . . . Einspruch

erheben", so auch die Aufnahme eines Wahl- und Stimmberechtigten in diese Evidenz begehren. Der Antragsteller hätte also - wie die Bundesregierung richtig hervorhebt - zur Verfolgung seiner Ziele (d.h. nur zur Dartuung der Verfassungswidrigkeit der einschlägigen einfachgesetzlichen Rechtslage) ein derartiges Verwaltungsverfahren in Gang setzen und einen im weiteren Verlauf zu erwirkenden letztinstanzlichen Bescheid vor dem VfGH - unter Geltendmachung seiner verfassungsrechtlichen Bedenken gegen präjudizielle Rechtsvorschriften - in Beschwerde ziehen können.

         Allein schon daraus folgt, daß ihm - unbeschadet seines

Wohnsitzes im Ausland (vgl. §4 Abs1 Wählerevidenzgesetz 1973 igF:

"Jeder Staatsbürger . . . ") - ein Weg offenstand, dessen

Beschreitung durchaus zumutbar war und der die Herantragung aller in Rede stehenden verfassungsrechtlichen Bedenken an den VfGH ermöglicht hätte. Damit erledigt sich auch das Antragsvorbringen zur NRWO und zum Volksbegehrengesetz 1973, weil die Erfassung (Eintragung) von Wahl- bzw. Stimmberechtigten nach diesen beiden Gesetzen auf Grund der "Wählerevidenz" vor sich geht (§26 Abs3 NRWO, §7 Abs2 Volksbegehrengesetz 1973) und überdies jeder Staatsbürger zur Erhebung eines Einspruches gegen das Wählerverzeichnis berechtigt ist (§31 NRWO).

2.2. Demgemäß mußte der Antrag als unzulässig zurückgewiesen werden, ohne daß es noch der Prüfung bedurfte, ob alle sonstigen Prozeßvoraussetzungen erfüllt sind.

2.3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Wahlen, Vertretungskörper, Wohnsitz, Wahlrecht aktives

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:G81.1987

Dokumentnummer

JFT_10128995_87G00081_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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