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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
N gegen Salzburger Landesregierung vom 17. Mai 1988, Zl. 7/03-315040/8-1988 betreffend die Nichtzulassung als Parteienvertreter
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 22. November 1987, vom 24. November 1987 und vom 3. Dezember 1987 suchte der Beschwerdeführer unter Vorlage der Vollmacht des Grundeigentümers sowie des Nutzungsberechtigten um die Erteilung der Ausnahme von den Wirkungen des Flächenwidmungsplanes in Form einer Einzelbewilligung gemäß § 19 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes (ROG) für die Grundparzellen 568/1, 568/22, 569/3 und 569/4 KG T an.
Mit Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde T wurden diese Anträge gemäß § 19 Abs. 3 ROG sowie gemäß § 16 Abs. 2 Z. 9 der Salzburger Gemeindeordnung abgewiesen, weil einer positiven Erledigung Interessen der Flächennutzung entgegenstünden.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in der er Aktenwidrigkeit, unrichtige rechtliche Beurteilung und Verfahrensmängel geltend machte.
Aus einem Aktenvermerk vom 26. April 1988 und einem Schreiben des Beschwerdeführers vom darauffolgenden Tag geht hervor, daß der Sachbearbeiter beim Amt der Salzburger Landesregierung den Beschwerdeführer darauf hingewiesen habe, daß dieser zur gewerbsmäßigen Vertretung von Parteien gegenüber Gerichten und Behörden nicht befugt sei. Der Beschwerdeführer gehöre nicht der Ingenieurkammer an, sei auch nicht Anwalt oder Notar und werde auf den Tatbestand der Winkelschreiberei verwiesen, wobei beim Beschwerdeführer innerhalb weniger Wochen schon der dritte Fall anhängig sei (Fall A und Österreichische Bundesforste in C, D in T). Der Beschwerdeführer habe bei dieser Aussprache die Ansicht vertreten, er sei zu Planungen aller Art befugt und es treffe die Bestimmung des Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 auf ihn nicht zu.
Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung (belangte Behörde) vom 17. Mai 1988 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 3 AVG 1950 als bevollmächtigter Vertreter des Grundeigentümers D in der Vorstellungssache bezüglich des Bescheides der Gemeindevertretung T vom 25. März 1988, betreffend die Abweisung von drei Anträgen auf raumordnungsgemäße Bewilligung (Einzelbewilligung) nicht zugelassen, weil er unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreibe (Spruchteil A). Der vom Grundeigentümer, vertreten durch den Beschwerdeführer, eingebrachten Vorstellung gegen den genannten Bescheid der Gemeindevertretung T wurde Folge gegeben, der Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen (Spruchteil B).
Aus der Begründung des Spruchteiles A des Bescheides - nur dieser ist Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsgerichtshofverfahrens - geht hervor, daß der Beschwerdeführer in den vorangeführten Fällen und - wie er selbst angebe - auch in weiteren Fällen für seine Auftraggeber bei Gemeinden und Bezirkshauptmannschaften Anträge gestellt habe, wiewohl er hiezu nach Ansicht der Behörde nicht befugt sei, und diese Vertretung zu Erwerbszwecken betreibe. Daß der Beschwerdeführer dem Personenkreis der befugten Parteienvertreter (Anwälte, Notare, Ziviltechniker der Fachrichtung Architektur oder Raumplanung) angehöre, sei weder im Verfahren hervorgekommen, noch vom Beschwerdeführer behauptet worden. Aus diesem Grunde sei gemäß § 10 Abs. 3 AVG 1950 wie im Spruch vorzugehen gewesen. Dem Grundeigentümer, dem eine gesonderte Ausfertigung dieses Bescheides zugehe, werde geraten, im vorliegenden wie auch in künftigen Fällen vor Landes- oder Gemeindebehörden sich entweder selbst zu vertreten oder aber sich eines befugten Parteienvertreters zu bedienen. Der Gemeindevertretung T werde aufgetragen, im fortgesetzten gemeindlichen Verfahren den Beschwerdeführer als bevollmächtigten Vertreter des Grundeigentümers nicht mehr zuzulassen und hierüber erforderlichenfalls in einem verfahrensrechtlichen Bescheid abzusprechen.
Gegen diesen Bescheid (Spruchteil A) richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde stützt sich darauf, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid (Spruchteil A) in seinem Recht auf richtige Anwendung des § 10 AVG 1950 verletzt worden sei; es sei unerfindlich, wieso die belangte Behörde zur Feststellung der unbefugten Vertretung anderer zu Gewerbszwecken komme.
Die Abs. 1 und 3 des § 10 AVG 1950 haben folgenden Wortlaut:
"§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.
.....
(3) Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben."
Unbestritten vom Beschwerdeführer steht fest, daß dieser im Vollmachtsnamen des Grundeigentümers (D) im vorliegenden Fall vor den Gemeindebehörden eingeschritten ist. Offenbar trat der Beschwerdeführer auch in zwei anderen Fällen (A und Österreichische Bundesforste) als Vertreter von Verfahrensbeteiligten vor den Verwaltungsbehörden auf.
Mangels einer eigenen Begriffsbestimmung im § 10 Abs. 3 AVG 1950 bzw. Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 - der entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht als Rechtsgrundlage herangezogen wurde - ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, daß zur inhaltlichen Bestimmung des Begriffes "zu Erwerbszwecken" die Gewerbeordnung, und zwar § 1 Abs. 2 bis 5 der Gewerbeordnung heranzuziehen ist (hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1988, Zl. 88/10/0088). Nun wird eine gewerbsmäßige Betätigung im Sinne dieser Vorschrift als eine selbständige, d. h. auf eigene Rechnung und Gefahr, regelmäßige, in der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielende Tätigkeit definiert.
Daß die vom Beschwerdeführer ausgeübte Vertretung in verschiedenen Verfahren dieser Qualifikation unterliegt, hat die belangte Behörde nicht entsprechend zu begründen vermocht. Es ist weder klar, ob der Beschwerdeführer tatsächlich auf eigene Rechnung und Gefahr, d.h. selbständig auftrat, wurde ihm doch die Vollmacht offenbar nicht ad personam, sondern als Prokurist und gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma C-Gesellschaft m.b.H. in Salzburg erteilt, noch ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellt, aus welchen Feststellungen sich die Ertragsabsicht oder die Absicht der Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteiles schlüssig ergibt. Weshalb die belangte Behörde zur Ansicht gelangt, daß der Beschwerdeführer die Vertretung anderer auch und gerade im vorliegenden Fall zu Erwerbszwecken betreibe, ist daher nicht nachvollziehbar.
Lediglich auf das Moment der Regelmäßigkeit des Einschreitens für (verschiedene) Vollmachtgeber wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides hingewiesen. Dazu ist zu bemerken, daß allein die Tatsache, daß der Beschwerdeführer in drei Fällen für verschiedene Personen bzw. die Österreichischen Bundesforste als Vertreter gemäß § 10 AVG 1950 eingeschritten ist, noch nicht ausreicht, um - ohne nähere Begründung - von einer Regelmäßigkeit im Sinne der Definition des § 1 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1973 ausgehen zu können.
Die belangte Behörde übersieht weiters, daß auch jemand, der nicht dem Personenkreis der befugten Parteienvertreter angehört, gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 als Vertreter einschreiten kann, und dies auch zu wiederholtem Male, solange die Vertretung anderer gemäß § 10 Abs. 3 AVG 1950 nicht zu Erwerbszwecken erfolgt.
Da die belangte Behörde im Spruchteil A des angefochtenen Bescheides die Nichtzulassung des Beschwerdeführers als Vertreter im Sinn des § 10 Abs. 3 AVG 1950, wie aufgezeigt, nicht entsprechend begründete, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Vertretungsbefugter juristische PersonEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988060125.X00Im RIS seit
17.05.1990Zuletzt aktualisiert am
24.07.2012