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32/06 Verkehrsteuern;Norm
GrEStG 1955 §4 Abs2 Z2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 89/16/0199Betreff
FH und WH gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. Oktober 1989, Zlen GA 11 - 825/4/89 (Zl 89/16/0198) und GA 11 - 1753/5/89 (Zl 89/16/0199), betreffend Aussetzung von Berufungsentscheidungen (Grunderwerbsteuer)
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von
2.760 S, die Zweitbeschwerdeführerin von 2.300 S jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Eltern des Erstbeschwerdeführers waren je zur Hälfte Eigentümer zweier aus mehreren Grundstücken bestehender Liegenschaften gewesen. Der maßgebliche Einheitswert war für den auf diesen Liegenschaften befindlichen landwirtschaftlichen Betrieb mit 9.000 S und für das zu einer dieser Liegenschaften gehörende sonstig bebaute Grundstück mit 27.000 S (Wohnungswert) festgestellt worden.
Auf Grund des von dem öffentlichen Notar Dr Franz K errichteten Übergabsvertrages vom 7. Dezember 1987 waren mit dem genannten landwirtschaftlichen Betrieb die angeführten Liegenschaften den miteinander verheirateten Beschwerdeführern je zur Hälfte zur weiteren Bewirtschaftung überlassen worden. Als Gegenleistung verpflichteten sich die Beschwerdeführer, sowohl die pfandrechtlich noch nicht sichergestellte Forderung eines Bundeslandes zu übernehmen, als auch als Ausgedingsrechte das Wohnrecht und die Verpflegung den Übergebern zu leisten. Die Beschwerdeführer verpflichteten sich überdies, der Tochter der Übergeber einen bestimmten Betrag auszuzahlen.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien ging bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer davon aus, daß der Wohnungswert (Einheitswert des sonstig bebauten Grundstückes) Grundvermögen im Sinn des Bewertungsgesetzes darstelle und somit mit dem Übergabsvertrag sowohl landwirtschaftliches Vermögen als auch Grundvermögen übertragen worden sei. Weiters vertrat das Finanzamt die Auffassung, hinsichtlich der Übergabe des Grundvermögens seien die Bestimmungen des § 4 Abs 2 Z 2 GrEStG 1987 nicht anwendbar, weswegen es nur das landwirtschaftliche Vermögen im Sinn der eben erwähnten Bestimmungen begünstigte. Auf Grund der somit notwendig gewordenen Aufsplitterung der Gegenleistung in einen Teil, der auf den landwirtschaftlichen Betrieb entfalle, und einen solchen, der auf den Wohnungswert entfalle, sei die Grunderwerbsteuer des sonstig bebauten Grundstückes auf der Grundlage des anteiligen Wertes der Gegenleistung vorzuschreiben.
Gegen die Grunderwerbsteuerbescheide erhoben die Beschwerdeführer Berufungen, wobei sie zunächst einwandten, die im Übergabsvertrag zu ihren Lasten gehende Verpflichtung, die pfandrechtlich noch nicht sichergestellte Forderung eines Bundeslandes zu übernehmen, sei irrtümlich vereinbart worden. Wirtschaftlich gesehen seien nämlich nicht die Übergeber, sondern sie selbst Darlehensnehmer gewesen. Das zur Sanierung der bestehenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude aufgenommene Darlehen habe nur aus formalen Gründen auf die Übergeber gelautet. Grundsätzlich wandten sie jedoch ein, eine gesondert zu ermittelnde Gegenleistung für den Wohnungswert sei im Grunderwerbsteuergesetz nicht vorgesehen und verstoße gegen den klaren Wortlaut des § 4 leg cit. Vielmehr sei zur Berechnung der Grunderwerbsteuer lediglich von den Einheitswerten auszugehen.
Nachdem das Finanzamt festgestellt hatte, daß das Darlehen tatsächlich von den Beschwerdeführern aufgenommen worden war, gab es den Berufungen mittels Berufungsvorentscheidungen insofern teilweise statt, als es unter Beibehaltung der bereits dargestellten Rechtsansicht eine niedrigere Gegenleistung ihren Berechnungen zu Grund legte.
Mit Schreiben vom 8. September 1989 hielt die belangte Behörde den Beschwerdeführern vor, es sei beabsichtigt, die Berufungsverfahren gemäß § 281 Abs 1 BAO auszusetzen, weil wegen der gleichen Rechtsfrage unter der hg Zl 89/16/0072 ein Verfahren anhängig sei.
In Beantwortung dieses Vorhaltes teilten die Beschwerdeführer mit, sie seien mit den Aussetzungen nicht einverstanden. Sie hielten die Bestimmungen des § 281 Abs 1 BAO für verfassungswidrig, weil gemäß Art 83 Abs 2 B-VG und Art 132 leg cit Ansprüche auf Entscheidungen durch die Behörde bestünden. Überdies widersprächen die Aussetzungen durch die jeweils damit verbundene generalisierende Wirkung des sogenannten "schwebenden Verfahrens" dem Stufenbau der Rechtsordnung und somit den Grundsätzen der Bundesverfassung. Der unter der hg Zl 89/16/0072 protokollierten Beschwerde lägen die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 zu Grund. Selbst wenn in diesem "schwebenden Verfahren" der Berufung vollinhaltlich Rechnung getragen oder allenfalls die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 als verfassungswidrig aufgehoben würden, wären in den vorliegenden Fällen die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 weiterhin anzuwenden. Durch die Aussetzungen der Berufungsverfahren gehe ihnen die sogenannte Ergreiferprämie verloren, weil bei einer etwaigen Aufhebung einer der für die gegenständlichen Berufungsverfahren maßgeblichen Gesetzesstelle durch den Verfassungsgerichtshof über Anregung des Verwaltungsgerichtshofes zwar die Aufhebung für den Anlaßfall (das "schwebende Verfahren") erfolge, nicht aber für die gegenständlichen Berufungsverfahren. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, die für die Aussetzungen maßgeblichen Gründe mitzuteilen. Aussetzungen könnten keineswegs generell damit begründet werden, daß der dem "schwebenden Verfahren" zugrunde liegende Sachverhalt weitgehend vergleichbar sei. Denn durch die mögliche Erlangung der sogenannten Ergreiferprämie sei das Interesse der jeweilig betroffenen Partei an einer Entscheidung höher zu werten als das der Abgabenbehörde an einer ökonomischen Prozeßführung. Wenn die Abgabenbehörde daher im Einzelfall ein Verfahren aussetze, müsse sie auch begründen, weswegen gerade in diesem Einzelfall das Interesse der Partei hintanzustellen sei. Inhaltsleere Floskeln, wie Zweckmäßigkeitserwägungen, Prozeßökonomie ua könnten ein überwiegendes Interesse der Abgabenbehörde nicht begründen. Ihrer Meinung nach seien die Bestimmungen des § 4 GrEStG 1987 verfassungswidrig, weil bei der Übergabe von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken von der Abgabenbehörde die Grunderwerbsteuer nicht allein vom Einheitswert, sondern aus fiskalischen Gründen durch eine komplizierte Berechnung auch vom Verkehrswert vorgeschrieben werde. Diese Vorgangsweise widerspreche sowohl dem Sachlichkeitsgebot als auch den Kriterien einer effizienten, an Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit orientierten Verwaltung. Überdies werde durch die unbestimmte Formulierung des § 4 Abs 2 GrEStG 1987 der Abgabenbehörde kein bestimmtes Verhalten bei der Vollziehung desselben aufgetragen.
Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden setzte die belangte Behörde die Verfahren über die Berufungen der Beschwerdeführer bis zur Entscheidung über die in einer ähnlichen Rechtsfrage unter der hg Zl 89/16/0072 anhängigen Beschwerde unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 281 BAO aus. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die Rechtsfrage, wie die Gegenleistung bei landwirtschaftlichen Übergabsverträgen zu berechnen sei, sei völlig ident mit jener, die im Verfahren zur hg Zl 89/16/0072 zu entscheiden sein werde. Der Vertragserrichter sei im Verwaltungsverfahren sowohl als Vertreter der Beschwerdeführer als auch im Verfahren Gerhard H, der mit Beschwerde "vom 4. April 1989", Zl 89/16/0072, den Verwaltungsgerichtshof angerufen habe, aufgetreten. Es sei somit offenkundig, daß den Beschwerdeführern die Identität der Rechtsfrage beider Verfahren bekannt sein müsse. Das Argument, die Beschwerdeführer seien durch die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 und nicht wie Gerhard H durch die des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 beschwert, sei nicht stichhältig, weil die Bestimmungen des § 4 GrEStG 1987 und die des § 10 GrEStG 1955 sowie alle übrigen für diese Parallelfälle in Frage kommenden Normen beider Gesetze übereinstimmten. Die mögliche Erlangung der sogenannten Ergreiferprämie führe nicht dazu, daß unter allen Umständen das Interesse der jeweilig betroffenen Partei an einer Entscheidung höher zu werten sei als das der Abgabenbehörde an einer ökonomischen Verwaltung. Es sei amtsbekannt, daß der Vertragserrichter und Vertreter der Beschwerdeführer in gleichgelagerten Fällen betreffend landwirtschaftliche Übergaben, wie auch in dem zur hg Zl 89/16/0072 anhängigen, NICHT den Verfassungsgerichtshof anrufen habe lassen und es daher als generell unwahrscheinlich gelten müsse, es werde ein Normenkontrollverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof eingeleitet. Es werde daher den Erwägungen der Zweckmäßigkeit gegenüber den der Billigkeit der Vorzug gegeben, weil der Sinn des § 281 BAO in der Vermeidung der Zweigeleisigkeit von Verfahrensabläufen liege. Die Aussetzung der Verfahren entlaste den Verwaltungsgerichtshof und diene daher dem erheblichen öffentlichen Interesse der Kosteneinsparung. Stelle man die subjektiven Parteieninteressen an der Ergreiferprämie den sachlich gerechtfertigten zahlreichen prozeßökonomischen Vorteilen gegenüber, könne nicht gefunden werden, daß den Parteieninteressen überwiegende Bedeutung zukomme.
In den Beschwerden wird sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide als auch deren Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
In ihren Gegenschriften beantragt die belangte Behörde, die Beschwerden mögen als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.
Der Gerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:
Zunächst ist festzustellen, daß in der zur hg Zl 89/16/0072 anhängig gewesenen Beschwerde derselbe Rechtsfreund als Vertreter des (dortigen) Beschwerdeführers eingeschritten ist. Auch der dieser Beschwerde zugrunde liegende Übergabsvertrag wurde vom selben öffentlichen Notar Dr Franz K errichtet.
Über die eben erwähnte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof am heutigen Tag entschieden. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich des dieser Beschwerde zugrunde liegenden Sachverhaltes auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen, welches seinerseits wieder auf die Entscheidungsgründe des hg Erkenntnisses vom 18. Jänner 1990, Zl 89/16/0062 verweist. Aus diesen Entscheidungsgründen ergibt sich zweifelsfrei, daß die gleiche Rechtsfrage, wie sie in den ausgesetzten Berufungsverfahren ansteht, zu lösen war. Der einzige Unterschied besteht darin, daß im Beschwerdefall zur hg Zl 89/16/0072 bzw zur hg Zl 89/16/0062 noch die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 relevant waren, in den ausgesetzten Berufungsverfahren jedoch die des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 anzuwenden sind. Diese sind jedoch hinsichtlich der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen wortgleich. Die angefochtenen Bescheide sind daher grundsätzlich zu Recht ergangen.
Da die Wirksamkeit der Berufungsvorentscheidungen durch die Anträge auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht berührt wurde, können die Beschwerdeführer auch in Anbetracht dessen, daß die Abgabenschuld auf Grund der zu erlassenden Berufungsentscheidungen allenfalls geringer sein wird als in den gemäß § 198 BAO erlassenen Bescheiden des Finanzamtes, nicht beschwert sein.
Der Rechtsfreund der Beschwerdeführer ist auch als Vertreter in den am 18. April 1990 vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Beschwerden Zlen 89/16/0200 und 89/16/0205 eingeschritten. In diesen Beschwerden wurde ebenfalls jeweils die Aussetzung eines Berufungsverfahrens der im vorliegenden Beschwerdefall belangten Behörde bekämpft. Der diesen Beschwerden zugrunde liegende Sachverhalt ist weitgehend mit dem zu entscheidenden Sachverhalt ident. Auch in diesen Fällen wurden vom Notar Dr Franz K Übergabsverträge errichtet, wobei gegen die vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vorgeschriebene Grunderwerbsteuer Rechtsmittel ergriffen wurden.
Im Hinblick darauf, daß in den bereits entschiedenen Beschwerden Zlen 89/16/0200 und 89/16/0205 und in den vorliegenden Beschwerdefällen die Beschwerdeführer jeweils im wesentlichen gleichlautende Beschwerden durch denselben Rechtsanwalt erhoben haben, wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen hinsichtlich der Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes unter Hinweis auf § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG auf die ausführlichen Entscheidungsgründe im hg Erkenntnis Zl 89/16/0200 verwiesen.
Somit sind auch die vorliegenden Beschwerden als unbegründet gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Zuerkennung der Aufwandersätze gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989160198.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008