TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/21 89/15/0086

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Veröffentlicht am 21.05.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §4 Abs3 idF 1980/563;
VwGG §42 Abs2 Z3;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 93/14/0066 E 12. Dezember 1995 Besprechung in: ÖStZB 1991, 68;

Betreff

X GesmbH gegen Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 3. Mai 1989, Zl. 705/1-3/Km-1988, betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für Juli 1987:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, die einen Autohandel betreibt, hatte mit der Rechnung vom 3. Juli 1987 verrechnete Entgelte aus der Veräußerung von Kraftfahrzeugen an einen Kraftfahrzeughändler als "Durchläufer ohne Mehrwertsteuer" bezeichnet und in den Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Bei einer im Jahre 1988 durchgeführten Umsatzsteuernachschau wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin diese Kraftfahrzeuge ihrerseits im Juli 1987 bei einem Gebrauchtwagenhändler (dem Einzelunternehmen ihres Gesellschafter- Geschäftsführers) erworben hatte. Auch in der über diese Veräußerung ausgestellten Rechnung vom 2. Juli 1987 war keine Umsatzsteuer ausgewiesen; sie trug ebenfalls den Vermerk "Durchläufer ohne Mehrwertsteuer". Sowohl der Verkäufer als auch die Beschwerdeführerin hatten bei der Veräußerung Aufschläge zu ihren jeweiligen Erwerbspreisen verrechnet.

Der Prüfer vertrat die Auffassung, die "Durchläuferregelung" des § 4 Abs. 3 UStG 1972 sei nur im Falle des Erwerbes von Nichtunternehmern und Unternehmern, die zum Erwerbspreis weiterveräußert hätten, anzuwenden. Der festgestellte Umsatz sei daher mit 32 Prozent Umsatzsteuer zu besteuern.

Das Finanzamt setzte dementsprechend die Umsatzsteuervorauszahlung für Juli 1987 fest.

Mit der dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, die vom Verkäufer ausgestellten Rechnungen und Kaufverträge hätten keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Auch sie selbst habe in ihrer Rechnung über die Weiterveräußerung keine Umsatzsteuer ausgewiesen. In ihrer Buchhaltung habe man im guten Glauben diese Rechnungen als Durchlaufposten gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1972 behandelt. Es sei keine Umsatzsteuer ausgewiesen, weil in der "Händlergruppe" ein Auto mit einem Mehrpreis von 32 Prozent Umsatzsteuer nicht mehr weiterveräußert werden könne. Es könne auch nicht Aufgabe der Beschwerdeführerin sein, zu prüfen, inwieweit die Vorbesitzer der PKW diese über oder unter ihrem Einstandspreis weiterveräußert hätten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat begründend die Auffassung, der Veräußerer, der unbestritten zu über seinen Erwerbs- bzw. Einstandspreisen liegenden Preisen an die Beschwerdeführerin verkauft habe, habe allenfalls seine Einstandspreise als durchlaufende Posten behandeln können; für die diese übersteigenden Beträge habe er jedoch Umsatzsteuer zu entrichten gehabt. Er sei daher berechtigt gewesen, der Beschwerdeführerin Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis zu legen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 3 UStG 1972 seien daher die Erwerbspreise der Beschwerdeführerin nicht als durchlaufende Posten zu behandeln. Ob die Beschwerdeführerin wegen des fehlenden Umsatzsteuerausweises in der Rechnung im guten Glauben zur Ansicht gelangt sei, der Veräußerer habe ohne Aufschlag weiterverkauft, sei ohne Bedeutung, weil es auf die Berechtigung zur Legung einer Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ankomme. Die Behauptung des guten Glaubens sei überdies unglaubwürdig, weil der Inhaber des veräußernden Unternehmens Geschäftsführer und Gesellschafter der Beschwerdeführerin sei.

Mit der vorliegenden Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem ersten Satz des § 4 Abs. 3 UStG 1972 gehören die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), nicht zum Entgelt. Nach dem dritten Satz dieser Vorschrift in der bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Fassung des Stammgesetzes, der erst im Zuge der parlamentarischen Beratung der Regierungsvorlage betreffend das UStG 1972 angefügt wurde (vgl. 382 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIII. GP, 45, 51 f), ist als durchlaufender Posten auch der Erwerbspreis eines im Inland erworbenen gebrauchten Kraftfahrzeuges zu behandeln, wenn der Unternehmer für dieses Kraftfahrzeug keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen konnte.

Der Bericht des Finanz- und Budgetausschusses (382 Blg. NR. XIII. GP, 3) führt hiezu aus, auf diese Weise solle vermieden werden, daß sich für den privaten Verkäufer eines gebrauchten Kraftfahrzeuges, der dem Händler keine Mehrwertsteuer in Rechnung stellen kann, preisliche Nachteile ergäben.

§ 4 Abs. 3 dritter Satz UStG 1972 in der ab 1. Jänner 1981 (und somit auch im Streitjahr) anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1980, BGBl. Nr. 563, lautet:

"Als durchlaufender Posten ist auch der Erwerbspreis eines im Inland ausschließlich zum Zweck der gewerblichen Weiterveräußerung erworbenen gebrauchten Kraftfahrzeuges zu behandeln, wenn der Lieferer (Veräußerer) nach § 11 Abs. 1 nicht berechtigt war, eine Rechnung auszustellen, in der die Steuer gesondert ausgewiesen ist."

Nach den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (457 Blg. NR. XV. GP) solle durch die Neufassung im Sinne des schon aus dem Bericht des Finanz- und Budgetausschusses erkennbaren Willens des Gesetzgebers eindeutig zum Ausdruck gebracht werden, daß diese Bestimmung, die den Erwerbspreis als durchlaufende Post fingiert, dem wirtschaftlichen Durchlaufcharakter entsprechend nur auf zum Zweck der gewerblichen Weiterveräußerung erworbene gebrauchte Kraftfahrzeuge Anwendung finden kann, und zwar nur unter der Voraussetzung, daß der Unternehmer nach objektiven Gesichtspunkten keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen konnte.

Schließlich ist noch auf die am 1. Jänner 1990 in Kraft getretene (im Streitzeitraum noch nicht anwendbare) Änderung der erwähnten Vorschrift durch das Abgabenänderungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 660, hinzuweisen. Der Vorschrift wurde der Satz "dieser Erwerbspreis bleibt bei einer weiteren Veräußerung dieses Fahrzeuges durchlaufender Posten." angefügt.

Nach dem Bericht des Finanzausschusses

(1162 Blg. NR. XVII. GP) wird durch die Neuregelung die für die Veräußerung von gebrauchten Kraftfahrzeugen vorgesehene Begünstigung auf die Lieferung von gebrauchten Kraftfahrzeugen zwischen Gebrauchtwagenhändlern ausgedehnt.

Nach § 4 Abs. 3 dritter Satz UStG 1972 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1980 gilt der Erwerbspreis eines im Inland ausschließlich zu Zwecken der Weiterveräußerung erworbenen gebrauchten Kraftfahrzeuges somit dann als durchlaufender Posten, wenn der Lieferer (Veräußerer) nach § 11 Abs. 1 UStG 1972 nicht berechtigt war, eine Rechnung auszustellen, in der die Steuer gesondert ausgewiesen ist. Die Beschwerdeführerin vertritt im Ergebnis die Auffassung, ein einmal erworbener Charakter eines Erwerbspreises als durchlaufender Posten bleibe auch für die Beurteilung mehrerer folgender Veräußerungen zwischen Unternehmern erhalten; der "Ersthändler" sei nämlich "nur zum Teil berechtigt", eine vorsteuerfähige Rechnung auszustellen. § 4 Abs. 3 dritter Satz UStG 1972 könne nur so verstanden werden, daß der Erwerbspreis als Durchlaufposten anzusehen sei, wenn = insoferne = in dem Ausmaße, als die Berechtigung zur Ausstellung einer vorsteuerabzugsfähigen Rechnung bestehe (gemeint offenbar: nicht bestehe).

Ein solcher Inhalt kann dem Gesetz in der im Streitzeitraum anzuwendenden Fassung auch bei weitester Auslegung nicht entnommen werden.

Die Begünstigungsregelung ist dann anzuwenden, wenn derjenige, der das gebrauchte Kraftfahrzeug an den Händler geliefert (veräußert) hat, nach § 11 Abs. 1 UStG 1972 nicht zur Ausstellung einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis berechtigt ist; daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß sich derjenige, der das gebrauchte Kraftfahrzeug von einem Lieferer (Veräußerer) erworben hat, der zur Ausstellung einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis nach objektiven Gesichtspunkten berechtigt war, nicht auf die Begünstigungsregelung berufen kann. Die Regelung stellt auch nicht auf das Ausmaß der jeweils anfallenden Vorsteuer, sondern ausdrücklich auf das Fehlen der - ihrem Wesen nach nicht teilbaren - Berechtigung zur Aussstellung einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis ab. Auch bei weitester Auslegung nach dem Wortsinn kann der Vorschrift in der hier anzuwendenden Fassung somit nicht entnommen werden, daß die Bemessungsgrundlage für die bei jeder weiteren Veräußerung von gebrauchten Kraftfahrzeugen anfallende Umsatzsteuer durch den (nach § 4 Abs. 3 dritter Satz UStG 1972 einen durchlaufenden Posten darstellenden) Erwerbspreis des ersten Erwerbers gemindert werden sollte.

Auch die Auslegung nach dem Zweck der Vorschrift führt zu keinem anderen Ergebnis. Durch die Begünstigung sollte vermieden werden, daß sich für den privaten Verkäufer eines gebrauchten Kraftfahrzeuges, der dem Händler keine Mehrwertsteuer in Rechnung stellen kann, preisliche Nachteile ergeben (vgl. den Bericht des Finanz- und Budgetausschusses, 382 Blg. NR. XIII. GP). Auch für die anzuwendende, durch das Abgabenänderungsgesetz 1980 geänderte Fassung der Vorschrift ist von einer Beibehaltung dieser Zielsetzung auszugehen. Zu deren Verwirklichung bedarf es aber keiner Ausdehnung der Begünstigung auf Umsätze zwischen Gebrauchtwagenhändlern, die einer begünstigten Veräußerung folgen.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, jede andere als die von ihr vertretene Auslegung wäre systemwidrig, da nicht der Mehrwert, sondern der gesamte Einkaufspreis versteuert würde, ohne daß die Möglichkeit bestünde, hinsichtlich der Vorstufen sich durch Vorsteuerabzug zu entlasten, ist ihr zu erwidern, daß der Gesetzgeber die Grundsätze des Mehrwertsteuersystems nicht lückenlos verwirklicht hat; vielmehr nimmt der Gesetzgeber durch Befreiungen und andere Sonderregelungen für bestimmte Tatbestände entstehende Durchbrechungen dieser Grundsätze aus rechts- bzw. wirtschaftspolitischen Gründen in Kauf. Auch der Hinweis auf allfällige "systemwidrige" Auswirkungen der vorliegenden Begünstigungsregelung spricht somit nicht für eine Auslegung, die weder durch den Wortsinn gedeckt noch durch den Zweck geboten erscheint.

Schließlich ist hervorzuheben, daß auch die Anfügung des Satzes "dieser Erwerbspreis bleibt bei einer weiteren Veräußerung dieses Fahrzeuges durchlaufender Posten" durch das Abgabenänderungsgesetz 1989, aus der sich nach neuer, im Beschwerdefall noch nicht anzuwendender Rechtslage nunmehr - jedenfalls für die erste "weitere" Veräußerung (vgl. Kolacny - Scheiner, Zu § 4 Abs. 3 - Durchlaufposten bei Gebrauchtwagen, ÖStZ 1990, 43) - jene Regelung ergibt, die die Beschwerdeführerin schon auf Grund der alten Rechtslage anstrebt, ebenfalls für das oben dargelegte Auslegungsergebnis spricht. Auch im Bericht des Finanzausschusses (1262 Blg. NR. XVII. GP) wird dies als Neuregelung (und nicht als Klarstellung der bisherigen Rechtslage) bezeichnet, durch die die für die Veräußerung von gebrauchten Kraftfahrzeugen vorgesehene Begünstigung auf die Lieferung von gebrauchten Kraftfahrzeugen zwischen Gebrauchtwagenhändlern ausgedehnt werde.

Verfahrensmängel können nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels von der Beschwerde darzutun ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage 591 angeführte hg. Rechtsprechung). Diesen Anforderungen genügt die Behauptung der Beschwerdeführerin nicht, die belangte Behörde habe nicht geprüft, "inwieweit bzw. ob überhaupt seitens des Veräußerers ein Aufschlag auf die in der Rechnung angeführten Kraftfahrzeuge gemacht" worden sei; sie können der Beschwerde daher schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen.

Auch der Vorwurf der Beschwerde, die "Abrechnung" des Finanzamtes sei nicht nachvollziehbar, ist nicht berechtigt. Die Abgabenbehörde hat ihrem die Umsatzsteuervorauszahlung festsetzenden Bescheid (im Berufungsverfahren unbekämpft) ausgehend von einem Gesamtbetrag der Entgelte von

S 4,781.651,66 und steuerfreien Umsätzen von S 290.000,--, steuerpflichtige Umsätze von S 4,491.651,66 zu Grunde gelegt und hievon S 101.500,-- dem Steuersatz von 20 Prozent und

S 4,390.151,66 dem Steuersatz von 32 Prozent unterzogen. Der bei der Anführung der steuerfreien Umsätze unterlaufene, von der Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren ungerügt gebliebene Schreibfehler (S 2,685.600,-- statt S 290.000,--) war ohne Auswirkungen auf die rechnerische Richtigkeit des Ergebnisses.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989150086.X00

Im RIS seit

21.05.1990

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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